Der Wuestenplanet - Paul Atreides
was ein normales Kind getan hätte. Vielleicht lernte ein kleiner Teil von Alia letztlich doch, ein normales Mädchen zu sein, und das war nicht nur schlecht.
Doch sie war kein normales Kind, ebenso wenig wie ihre neue Spielkameradin.
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Unsere Geheimnisse sind nicht mehr so wohlbehütet wie zuvor. Die alten Sicherheitsvorkehrungen reichen nicht mehr aus. Muad'dib hat einen Vorteil, der jedes Netzwerk von Spionen übertrifft: Er hat hellseherische Kräfte.
Bericht der Raumgilde an die MAFEA
Auf dem Heimweg von seiner Wüstenpilgerfahrt ging Paul zu Fuß durch die Straßen Arrakeens, und in seiner verstaubten, traditionellen Kleidung erkannte ihn niemand. Er spürte das Gemurmel der Menge und den anonymen Druck der Menschen überall um sich herum. Die Einsamkeit und Stille der Wüste fiel schnell von ihm ab. Sobald er zurück war, würde man verlangen, mit ihm über all die angeblich dringenden Angelegenheiten zu sprechen, die man während seiner Abwesenheit zurückgestellt hatte.
Doch er hatte Wichtigeres zu tun: Er musste Memnon Thorvald aufhalten, bevor der Rebellenführer seinen Angriff auf Caladan starten konnte. Es ging um Pauls Volk. Herzog Letos Volk – das Volk der Atreides. Es glaubte vielleicht, dass er es vergessen hatte, aber er würde ihm das Gegenteil beweisen.
Paul Muad'dib betrat die Zitadelle unangekündigt und erschöpft. Sein Gesicht, seine Hände und sein Destillanzug waren von feinem Staub bedeckt. Obwohl das, was er in der Gewürzvision gesehen hatte, seinen Zorn geweckt hatte, und obwohl in ihm das Wissen brannte, dass er Thorvalds hasserfüllten Plan vereiteln musste, ging er zuerst zu Chani. Er musste seinen Gedanken zumindest einen Augenblick der Ruhe und Vernunft aufzwingen, bevor er sich erneut in Gewalttätigkeiten stürzte.
Sie hieß ihn in ihren Gemächern willkommen, hocherfreut über seine Rückkehr. Wenig später kam Irulan an die Tür ihres Zimmers, und Paul wurde klar, dass ihr Informantennetzwerk recht beeindruckend sein musste. Er hatte sonst niemandem etwas von seiner Rückkehr gesagt.
»Irulan«, sprach er sie an, da sie die Nächstbeste war, die Dinge veranlassen konnte, »ruf Chatt den Springer. Sag ihm, dass ich sofort einen Gildenvertreter sehen will, jemanden, der mich auf irgendeinen Heighliner bringen kann, der sich gerade im Orbit befindet, damit ich direkt mit einem Navigator reden kann.« Er machte keinen Hehl aus seiner schwelenden Wut. »Wenn innerhalb einer Stunde niemand mit ausreichender Befugnis hier ist, senke ich den Gewürzanteil der Gilde für das nächste Standardjahr um fünf Prozent, und jede weitere Stunde Verspätung kostet sie weitere fünf Prozent.«
Irulan war entsetzt. »Aber, mein Gatte, so kannst du dich nicht präsentieren ... deine Kleidung ist verschmutzt, du trägst einen Destillanzug. In diesem Aufzug kannst du dich nicht mit einem Gesandten treffen.«
»Muad'dib tut das, was ihm beliebt«, sagte Chani, und ihr Tonfall war so eisig wie ein Polarwind. Sobald Irulan eingetreten war, hatte sie sich versteift. »Wem kann er sich so nicht präsentieren? Alle kommen zu ihm. Alle verneigen sich vor ihm.«
Paul sagte: »Ich kann mich besser konzentrieren, wenn ich Staub an den Händen habe und meinen Destillanzug trage. Lass nach dem Gildenvertreter schicken. Und Stilgar soll in den Thronsaal kommen, falls er nicht schon auf dem Weg dorthin ist.«
Als Muad'dib und Chani den Audienzsaal erreichten, hatte sich die Nachricht vom Zorn des Imperators bereits in den Korridoren der Festung verbreitet. Verwalter eilten herbei, um zu erfahren, wie sie ihm zu Diensten sein konnten, während andere (entweder die ängstlicheren oder die feinfühligeren) sich im Hintergrund hielten.
Alia war bereits mit Marie Fenring anwesend. Die beiden Mädchen lächelten geheimnistuerisch. »Mein Bruder ist sehr wütend auf jemanden«, flüsterte Alia ihrer Spielgefährtin zu.
Nur zwei Minuten vor Ende der Frist stolperte ein schlaksiger Mann mit vorstehendem Kinn und grauer Raumgildenrobe atemlos in den Audienzsaal. Er wurde vom schweigsamen, geradezu mürrischen Chatt dem Springer begleitet, der Pauls Verbindungsmann zur Gilde war. Der Gildenmann stellte sich als Olar vor und verbeugte sich mit übertriebener Geste vor dem smaragdgrünen Thron. »Imperator Muad'dib wünscht meine Anwesenheit?«
»Imperator Muad'dib wünscht weit mehr als das. Ich muss mit Ihnen sprechen, mit Ihrer Gilde – und mit dem Navigator dort oben.« Paul zeigte mit dem
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