Der Wuestenplanet - Paul Atreides
jemandem auffallen. Pauls Propagandisten und seine halluzinierenden religiösen Anhänger waren sich der Scheuklappen, die sie trugen, nicht bewusst und ignorierten fröhlich die dunkleren Schatten, die sie nicht sehen wollten.
Sie verehrten ihre ursprüngliche, überstürzt verfasste Chronik wie eine heilige Schrift, obwohl ihre Unzulänglichkeiten sogar Irulan selbst deutlich ins Auge sprangen. Ihre kürzliche Unterhaltung mit Schwertmeister Bludd hatte ihr offenbart, dass selbst Paul bei den Berichten aus seiner Jugendzeit große Teile ausgelassen hatte, doch sie beabsichtigte nicht, das, was sie bereits geschrieben hatte, zu verändern. Im Gegenteil, jedes ihrer Werke über Paul würde für sich stehen und nicht weiter bearbeitet werden. Es handelte sich um Trittsteine im Wasser, einschließlich aller rauen Kanten und Makel.
Irulan lächelte, als sie sich auf eine harte Plazbank neben einem Springbrunnen setzte, der zwar trocken war, aber das beruhigende Geräusch strömenden Wassers von sich gab. Sie hatte mehr als genug Inspirationsquellen zum Schreiben. Obwohl Paul Irulans Rat oft zu ignorieren schien, ließ er sie nun an vielen seiner Konferenzen teilnehmen.
In letzter Zeit nagte eine unerwartete Niederlage seiner Djihad-Truppen an ihm. Siegestrunken von einer Reihe eindeutiger Triumphe war ein Heighliner voller Soldaten auf dem Planeten Ipyr eingetroffen, wo die Besatzung damit gerechnet hatte, die Kapitulation eines weiteren Lords entgegenzunehmen. Doch man hatte die Entschlossenheit von Graf Memnon Thorvald unterschätzt.
Auf seiner Heimatwelt hatte Thorvald die militärischen Ressourcen von elf Planeten zusammengezogen, die ebenfalls bald zu Kampfschauplätzen des Djihads geworden wären. Er hatte die Herren dieser Planeten zu einer erbitterten Widerstandsbewegung vereinigt, einem Bollwerk des alten Imperiums. Gemeinsam hatten sie Muad'dibs Armeen ihre Soldaten entgegengeworfen, und zwar mit überraschender und durchschlagender Kraft.
Der Umstand, dass Paul diese Niederlage nicht in seinen Zukunftsvisionen vorhergesehen hatte, erstaunte seine Anhänger. Doch für Paul ließ diese erschreckende militärische Wende vermuten, dass die ausgefeilten Planungen des rebellischen Grafen und der elf mit ihm verbündeten Fürsten in der vernebelnden Umgebung eines mächtigen Navigators stattgefunden haben mussten. Indem sie ihre Pläne erfolgreich geheim gehalten hatten, war es ihnen gelungen, einen überraschenden Sieg zu erringen.
Die Gläubigen konnten sich nicht zum Eingeständnis durchringen, dass ihr angeblich unfehlbarer Muad'dib einen Fehler begangen hatte. Stattdessen betrachteten sie die Niederlage als Zeichen, dass ihre Hybris und ihr übersteigertes Selbstvertrauen Gott erzürnt hatten, weshalb sie nun umso härter kämpfen mussten, um ihren Fehltritt wiedergutzumachen.
Graf Thorvald und seine Verbündeten hatten die Reste der Djihad-Truppen auf Ipyr zurückgelassen und waren in ein anderes Versteck verschwunden, vom Sternenwind davongetragen. Manche behaupteten, dass die Rebellen sich auf einem von der Gilde abgeschirmten Planeten versteckten, obwohl alle Repräsentanten, die Paul verhörte – notfalls auch mit extremen Mitteln – jedes Wissen über die Angelegenheit und jede Komplizenschaft leugneten.
Irulan machte sich sorgfältig Notizen. Sie begriff, dass diese ungewohnte Niederlage und Pauls Reaktion darauf interessantes Material für eine umfassende Biografie darstellten. Sie machte sich auch daran, mehr über Paul Atreides zu erfahren, den Sohn von Herzog Leto und Enkel des Alten Herzogs Paulus. Seine Herkunft und die Traditionen, die das Adelshaus der Atreides' umgaben, enthielten wichtige Elemente seines Charakters, obwohl Paul einen Lebensweg gewählt hatte, der sich radikal von dem seines Vaters unterschied.
Indem sie sich auf den heiligen Namen Muad'dibs berief, gelang es der Corrino-Prinzessin, Geschichten von Leuten zu erfahren, die Paul in jungen Jahren gekannt hatten, obwohl viele dieser Berichte offensichtlich übertrieben waren. Sie schrieb die Lügenmärchen trotzdem nieder und konzentrierte sich darauf, ihren wahren Kern aufzuspüren.
Sie hatte soeben mehrere Schriftstücke von Caladan erhalten, darunter einen langen Brief von Lady Jessica höchstpersönlich. Die wenigen verbliebenen Technokraten-Funktionäre, die dem Haus Vernius auf Ix gedient hatten, übermittelten alte Aufzeichnungen über Prinz Rhomburs Freundschaft mit Herzog Leto und die Erinnerungen des
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