Der wunderbare Massenselbstmord
Blumen gepflückt habe, und plötzlich sei er auf die Falle gesto ßen. Er habe sich furchtbar erschrocken, als das Tier in dem Käfig auf einmal Lärm gemacht habe. Hier sei es nun, ein echter, lebender Marderhund. Sie könnten ihn Frau Puusaari als Geschenk mitnehmen, oder was meinte der Oberst.
Oberst Kemppainen fand, dass ein wildes Raubtier nicht unbedingt ein passendes Geschenk für eine unbe kannte, selbstmordgefährdete Frau sei, und er bat Rel lonen, das Tier samt Käfig dorthin zurückzubringen, wo er es gefunden hatte.
Enttäuscht verschwand Rellonen im Wald. Bald kehr te er zurück und verkündete, dass er den Ort, wo der Käfig gestanden habe, nicht mehr finde. Der Oberst forderte ihn auf, den Käfig an geeigneter anderer Stelle zu hinterlassen, aber damit war Rellonen nicht einver standen. Man konnte nicht sicher sein, dass der Jäger, der den Käfig aufgestellt hatte, diesen an dem neuen Platz fände. Das Tier würde sich im Käfig quälen und schließlich verdursten und verhungern.
Der Oberst musste zugeben, dass man den Marder hund nicht einfach blindlings irgendwo abstellen konn te. Rellonen war auch nicht bereit, ihn freizulassen, womöglich war er tollwütig, in jedem Falle aber war er eine Gefahr für die Vogelnester und für Kleinwild. Rello nen stellte den Käfig in den Kofferraum des Autos und setzte sich mit seinem Blumenstrauß auf den Beifahrer sitz neben den Oberst. Der Oberst war ziemlich missge launt, sein Gefährte war betrunken und verursachte Scherereien. Wortlos legten sie den Rest der Wegstrecke nach Toijala zurück.
Gegen drei Uhr morgens klingelten sie in einem vier stöckigen Gebäude im Zentrum Toijalas an der Woh nungstür von Helena Puusaari. Rellonen trug den Mar derhund und die verwelkten Waldblumen. Die Tür wur de geöffnet, und die Gäste wurden hereingebeten.
Helena Puusaari war eine hoch gewachsene, rothaari ge, bebrillte Frau. Sie hatte entschlossene Gesichtszüge, sah aber müde aus. Ihr Gang war energisch und den noch auf eine eigene Art weiblich. Sie trug ein schwarzes Kostüm und Schuhe mit hohen Absätzen. Sie war eine verwirrende Erscheinung, und der Gedanke, dass eine so gut aussehende Frau in der Kleinstadt an den Rand des Selbstmords getrieben worden war, schien unbe greiflich.
Helena Puusaari bat die Gäste, den Tierkäfig im Flur abzustellen. Sie hatte Kaffee gekocht und belegte Brote zurechtgemacht. Sie schenkte auch Likör ein. Man sprach über den Anlass des Besuches. Frau Puusaari hatte Schlimmeres befürchtet, sie hatte gedacht, dass hinter der Zeitungsannonce womöglich Betrüger steck ten. Aber in ihrer Not hatte sie beschlossen, das Risiko einzugehen. Nun, da sie die Personen, die hinter der Annonce standen, Direktor Rellonen und Oberst Kemp painen, kennen lernte, schien ihr, als hätte eine Fügung sie alle drei mit ihren Problemen zusammengebracht. Über den Marderhund wunderte sie sich auch nicht weiter. Sie war ebenfalls der Meinung, dass man das Tier nicht im Wald verenden lassen durfte.
»Ich kenne die Menschen, ich habe Erfahrung. Ihr seid gute Menschen, da bin ich mir sicher«, bekannte Frau Puusaari, während sie die mitgebrachten Blumen in eine Vase stellte.
Oberst Kemppainen erzählte, dass auf die Annonce mehr als sechshundert Antworten gekommen seien. Ihre Bearbeitung übersteige die Kräfte der beiden Männer, zumal keiner von ihnen Fachmann auf dem Gebiet sei. Rellonen sei ein gescheiterter Wäschereibesitzer und er selbst ein entlassener Oberst. Er schlage vor, dass Frau Puusaari ihnen beim Abfassen und Absenden der Ant wortbriefe helfe. Helena Puusaari willigte sofort ein. Die Likörgläser wurden geleert, der Marderhund samt Käfig gegriffen, und dann stiegen alle ins Auto. Auf der Rück fahrt kamen sie durchs Kirchdorf Lampi. Es war früher Morgen, leichter Nebel lag über der Erde. Rellonen schlief auf dem Rücksitz. Als sie an der Kirche vorbei fuhren, bat Helena Puusaari den Oberst, der am Steuer saß, anzuhalten, sie wolle kurz aussteigen.
Helena Puusaari ging hinter die Kirche auf den Fried-hof von Lampi. Sie wanderte über die nebligen Wege des Gottesackers, stand lange vor einigen alten Grabsteinen und blickte zum Himmel. Nach einer Weile kehrte sie ins Auto zurück.
»Ich mag Friedhöfe«, erklärte sie dem Oberst. »Sie sind so hübsch beruhigend.«
Sie erreichten das Sommerhaus am See. Onni Rello nen wachte auf und öffnete den Kofferraum des Autos, um den
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