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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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berichtigen. Das war ein Paradox, das Oberinspektor Ermei Rankkala von seiner Arbeit und der Welt ent­ fremdet hatte. Er fühlte sich wie eine unsichtbare schützende Hand, die sich über der Nation ausstreckt und in die das undankbare Volk hineinbeißt, da es seinen Wohltäter nicht kennt.
    Ermei Rankkala lachte zynisch. Die Völker machen öffentlich Dummheiten, deren schädliche Folgen im Geheimen abgewendet werden müssen. Die Geheimpoli­ zei kann offiziell, aber nicht öffentlich tätig sein.
    Dieser aktuelle Fall hatte ursprünglich ganz harmlos gewirkt. Ermei Rankkala hatte einen Zeitungsausschnitt auf den Tisch bekommen, in dem es um Menschen mit Selbstmordabsichten ging. Routinemäßig war er der Sache nachgegangen. Eigentlich fielen Selbstmorde nicht in die Zuständigkeit der Sicherheitspolizei, aber eine öffentliche Mitteilung in der Angelegenheit verlangte nach Klärung. Der Oberinspektor hatte ohne Schwierig­ keiten herausgefunden, dass hinter der Zeitungsannon­ ce ein Geschäftsmann namens Onni Rellonen stand, der durch dunkle Konkurse bekannt geworden war. Man hatte die Spur von der Post zu seinem Sommerhaus nach Häme verfolgt. Es hatte sich gezeigt, dass er beab­ sichtigte, eine geheime Versammlung in Helsinki zu organisieren. In die Sache war sogar ein Oberst der Finnischen Armee involviert.
    Rankkala hatte einen Inspektor zur Versammlung in die Gaststätte geschickt. Wie sich gezeigt hatte, hatten sich dort mehr Leute getroffen als angenommen, es war jedoch an sich nichts Gesetzwidriges geschehen; thera­ peutische Ziele hatten im Vordergrund gestanden. Die Sicherheit der Nation war durch das Selbstmordseminar nicht unmittelbar gefährdet gewesen. Man hätte die Sache auf sich beruhen lassen, wenn es nicht nach der Versammlung einen mysteriösen Todesfall gegeben hätte. Die Zweifel des Oberinspektors waren erwacht. Interessant war die Sache dadurch geworden, dass sich der Todesfall in der Residenz des Botschafters von Süd­ jemen zugetragen hatte. Die Gruppe hatte sich also auf sehr konkrete Weise in die Beziehungen Finnlands mit ausländischen Staaten eingemischt. Die Sache verlangte nach Klärung, sie fiel in die Zuständigkeit der Sicher­ heitspolizei. Womöglich war diese sonderbare Truppe gar nicht so harmlos wie angenommen.
    Der Apparat der Sicherheitspolizei hatte herausgefun­ den, dass ein Oberst Kemppainen gemeinsam mit dem bereits erwähnten Geschäftsmann Onni Rellonen die Gruppe leitete, und dass in das Führungsteam auch eine junge Frau rekrutiert worden war, die stellvertre­ tende Direktorin Helena Puusaari aus Toijala. Die Grup­ pe hatte ihre Tätigkeit rasch über das ganze Land aus­ gedehnt. Von den potenziellen Selbstmördern waren erhebliche Geldsummen gespendet worden, und sie verfügten über einen neuen teuren Bus. Die Gruppe, der mindestens zwei Dutzend Menschen angehörten, ver­ suchte eindeutig, die Behörden abzuschütteln. Ihr Ziel schien zu sein, einen Massenselbstmord zu begehen.
    Die Sicherheitspolizei hatte die Gruppe aus den Au-gen verloren, als über Rellonens Sommerhaus auf Ver­ anlassung der Behörden das Verfügungsverbot verhängt worden war. Oberinspektor Rankkala war am Tag nach der Beschlagnahme gemeinsam mit Rellonens Konkurs­ verwalter dort hingegangen. Das Haus war verwaist gewesen, nur auf dem Hof hatte die Asche der in Brand gesteckten Laubhütten gequalmt.
    Die Spuren wären womöglich dort im Sande verlau­ fen, wenn nicht ein gewisser Elektriker namens Taavit­ sainen aus Savonlinna die Entführung seiner Frau angezeigt hätte. Taavitsainen hatte zunächst versucht, die örtliche Polizei einzuschalten, aber die hatte erklärt, dass seine Frau ganz richtig gehandelt habe, als sie mit einer Gruppe, die die Stadt besucht habe, weggefahren sei.
    Nach genauer Prüfung fand man heraus, dass die er­ wähnte Frau Taavitsainen an dem Selbstmordseminar in Helsinki teilgenommen hatte. Bevor man jedoch die Spur der umherziehenden Organisation wieder aufneh­ men konnte, hatte sich diese aus Savonlinna abgesetzt.
    Das nächste Mal war der Luxusbus der Organisation in Kotka gesehen worden. Frech und unverschämt hatten die Leute an der Beerdigung eines ihrer bereits verstorbenen Mitglieder teilgenommen. Oberinspektor Rankkala machte sich Vorwürfe, dass er das Begräbnis des jungen Burschen nicht hatte observieren lassen. Jetzt war es zu spät, der Bus war längst über alle Berge.
    Die bisherigen Untersuchungen ließen Rankkala be­ fürchten,

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