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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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dass die verdächtige Organisation beabsichtig­ te, das Land zu verlassen. Was ihre wirklichen Ziele waren, stand für ihn noch nicht fest. Dennoch, falls die Gruppe einen gemeinsamen Suizid plante, war die Sa­ che ernst. Das Gesetz kriminalisierte Selbstmord zwar nicht mehr, nicht einmal den Versuch, aber hinter dieser Aktion mit inzwischen weit reichenden Ausmaßen konnte sich unter Umständen etwas noch Ernsteres verbergen. Nachdem Rankkala sich mit seinem Vorge­ setzten beraten hatte, bat er den Zoll um Amtshilfe. Die Beamten auf sämtlichen Grenzübergangsstellen wurden aufgefordert, auf neue Reisebusse zu achten, die das Land verließen, und speziell auf solche, deren Passagiere ungewöhnlich deprimiert wirkten.
    Man hatte auch den Hintergrund von Oberst Kemp­ painen gecheckt und dabei nichts Ungewöhnliches gefunden. Der Oberst hatte nach der Versammlung in der Gaststätte noch eine Stippvisite im Generalstab gemacht. Das wirkte allerdings verdächtig. Er hatte außerdem Urlaubsvorbereitungen getroffen und in sei­ ner Wohnung in Jyväskylä den Strom abschalten las­ sen. Eine wirklich groß angelegte Aktion schien vorberei­ tet zu werden, und Rankkala wollte gern wissen, welche.
    Der Oberinspektor hatte viel Mühe darauf verwandt, das Kennzeichen und den Besitzer des Busses, den die Gruppe benutzte, zu ermitteln. Nach Beobachtungen von Augenzeugen handelte es sich um ein nagelneues Luxusmodell, wie es im Reiseverkehr eingesetzt wurde. Aus der Karosseriefabrik hatte Rankkala Hinweise be­ kommen, die ihn zu einem Busunternehmer Korpela aus Pori geführt hatten. Dieser war mitsamt seinem Bus verschwunden. Rankkala hatte einen Inspektor zur Bewachung von Korpelas Firma abgestellt, und es hatte sich gelohnt: Der Bus war auf dem Betriebsgelände aufgetaucht, hatte aber nicht einmal richtig angehalten, sondern war sofort weitergefahren. Rankkalas Inspektor war in einem alten Lada unterwegs gewesen. Korpelas Bus hatte ihn gleich auf der Autobahn abgehängt, in Närpiö hatten sie den Bus dann endgültig aus den Au-gen verloren, der vermutlich nach Norden fuhr. Wäh­ rend der ganzen Zeit waren in verschiedenen Landestei­ len Menschen verschwunden. Zuletzt war eine Informa­ tion über einen Grenzjäger aus Kemijärvi eingegangen. Rankkala grübelte: Waren sogar Grenzer in die Sache verstrickt, nachdem schon außen- und militärpolitische Elemente beteiligt waren?
    Oberinspektor Ermei Rankkala hasste inzwischen das ganze Wirrwarr. Er bereute, dass er damals den Zei­ tungsausschnitt, der die Untersuchungen auslöste, nicht in den Papierkorb geworfen hatte. Er war bereits ein alter Mann und hatte nicht mehr die Kraft, so ver­ zwickte Fälle zu bearbeiten. Die Sicherheitspolizei litt an Arbeitskräftemangel, die jungen Inspektoren waren oft nachlässig, die Geldmittel waren knapp, die Ausrüstung war alt und unzureichend. Das hatte man jetzt wieder gesehen. Rankkala bekam Angst, dass er in dieser son­ derbaren Angelegenheit den Überblick verlieren könnte. Vieles war daran, das auf eine große Sache hindeutete.
    Einer der größten Fälle in der Geschichte der Sicher­ heitspolizei war der des so genannten Waffenverstecks gewesen. Zunächst hatte es nach einem unbedeutenden kleinen Fall ausgesehen, sich aber nach und nach zu einer Kette von Ereignissen ausgeweitet, die die Unab­ hängigkeit der ganzen Nation erschüttert hatten und für deren Klärung auf politischer und juristischer Ebene mehrere Jahre nötig gewesen waren. Oberinspektor Ermei Rankkala mutmaßte inzwischen, dass in diesem Aktenordner, den er in der Hand hielt, ein Fall von ähnlichen Ausmaßen stecken könnte, der nur noch viel verworrener zu sein schien.
    Der Oberinspektor sah auf die Uhr. Die Mittagspause hatte bereits begonnen. Er hatte Sodbrennen, wahr­ scheinlich trank er zu viel Kaffee wegen des ganzen Schlamassels. Er schob den Aktenordner beiseite und verließ das Haus. Die Sonne schien, es war immerhin Sommer. Der Oberinspektor ging zum Markt. Er kaufte eine Tomate, rieb sie am Jackenärmel von Pflanzen­ schutzmitteln sauber und biss hinein. Das Innere der Tomate spritzte ihm auf die Krawatte. So ging es immer, nichts klappte, mochte man sich auch noch so anstren­ gen. Der Oberinspektor zertrat die rote Fruchtmasse auf dem Pflaster und stellte sich ans Hafenbecken. Ihm kam der Gedanke, hineinzuspringen und sich in dem öligen Wasser zu ertränken.
    22
    Am Morgen trafen die Selbstmörder in Alattio ein. Der Kapitän zu Lande,

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