Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
Vom Netzwerk:
Dampfsäule empor und verschwand im Nebel. Wenige Sekunden später verstummte das Wummern der Flügel des Rotorstuhls plötzlich. Es folgte ein Augenblick völliger Stille, dann stürzte die Maschine wie ein Stein aus der Wolke und krachte auf die Straße.
    Krishnamurthy schloss die Finger krampfhaft um Sergeant Schlaechters Arm und sah ihn mit bestürzter Miene an. Zusammen rannten sie zum Wrack. Andere Constables schlossen sich ihnen an. Die Flugmaschine hatte sich umgedreht, bevor sie auf dem Boden aufgeschlagen war. Milligan lag darunter, zerschmettert und tot.
    Wortlos kauerte sich Krishnamurthy hin und schloss die Augen des Mannes.
    »Was ist passiert?«, fragte Schlaechter.
    »Anscheinend hat unser Feind die flugfreie Zone ausgeweitet.«
    »Bei allen Heiligen«, murmelte der Sergeant. »Sie müssen erkannt haben, dass wir hier sind.«
    Krishnamurthy schaute zurück in Richtung der Strand. »Verdammt!«, fluchte er leise. »Mach schon, Swinburne. Beeil dich!«
    *
    Charles Doyle war tot, und er wusste es. Nur die Willenskraft des russischen Miststücks sorgte dafür, dass sich sein Leichnam noch bewegte und sich sein Geist seiner selbst noch bewusst war.
    Ihre Worte vibrierten und pulsierten durch seinen Verstand. »Befreit euch! Schüttelt die Ketten ab! Erhebt euch und stürzt die Unterdrücker!« Sie schossen in ihn hinein, wurden durch ihn verstärkt, als wäre er eine Lupe, dann wurden sie nach außen abgestrahlt und entwichen in weite Ferne, wo sie andere Astralleiber erfassten und weitergeleitet wurden.
    Wenn er doch nur die Hände über die Ohren schlagen könnte, um jene Stimme auszusperren!
    Eine winzige Gestalt mit Mottenflügeln flatterte vor sein Gesicht und sang: »Mach dich bereit!«
    Er wollte die Fee verscheuchen, aber seine Hände besaßen entweder keine Substanz oder waren zu schwer und träge, er wusste es nicht genau.
    Ein Teil von ihm kräuselte und wand sich in der Nähe der Fleet Street durch die trübe Atmosphäre der Strand, während sich der andere Teil über das Pflaster der Kingsway schleppte. Ein gewaltiges Verlangen überkam ihn, allerdings weder nach Essen noch nach Alkohol. Nein. Dieser Heißhunger galt der Lebenserfüllung.
    Wie lange quälte ihn dieser Mangel schon? Während seines gesamten Daseins, so schien es. All die Möglichkeiten, die er nicht genutzt oder vergeudet hatte! Er war so vorsichtig gewesen, so ängstlich, einen Fehler zu begehen, dass er schlussendlich gar nichts gemacht hatte – stattdessen hatte er sich in die Flasche geflüchtet, und nun war es zu spät.
    »Ich hatte ein Leben, aber ich habe es nicht gelebt!«, erkannte er weinend. »Ich will es zurück. Bitte, so will ich nicht sterben!«
    Sein Bewusstsein nahm etwas wahr. Vor ihm befand sich eine Gestalt, die sich durch den dichter werdenden Nebel bewegte. Er spürte ihre Wärme, ihre Lebenskraft. Dahinter befanden sich noch andere, doch diese Gestalt war nah.
    Ein schlagendes Herz. Pulsierendes Blut. Leben!
    Er musste es haben! Er musste es haben!
    Sein Leichnam schlurfte mit ausgestreckten Armen vorwärts, die Finger zu Klauen gekrümmt. Aus der Ferne ertönte ein Ruf: »Constable Tamworth! Kommen Sie zurück! Entfernen Sie sich nicht von der Truppe, Mann!«
    *
    Detective Inspector Honesty sah auf seine Taschenuhr. Es war zehn Minuten vor drei Uhr morgens.
    Er fühlte sich erschöpft.
    Honesty liebte die Polizeiarbeit, vorwiegend deshalb, weil er sehr gut darin war, aber in Zeiten wie diesen, neigten seine Gedanken dazu, um das zu kreisen, was er als seine wahre Berufung betrachtete: Gärtnerarbeit. In seiner Jugend hatte er davon geträumt, Landschaftsgärtner zu werden, doch sein Vater, ebenfalls Polizist, hatte darauf bestanden, dass sein Junge in seine Fußstapfen trat, und wollte nichts anderes hören. Honesty hegte wegen der Sturheit des alten Mannes keinen Groll. Immerhin hatteihm das Dasein als Polizist Respekt, eine sichere Arbeit mit Zukunftsaussichten und eine liebevolle junge Ehefrau eingebracht, die er im Zuge der Ermittlungen in einem Mordfall kennengelernt hatte. Zudem war er in der Lage gewesen, sich ein Haus mit einem großen Garten zu kaufen. Um Letzteren beneidete ihn die gesamte Nachbarschaft wegen der herrlich bunten Blumenbeete und des sauber gestutzten Rasens.
    Und dennoch: Wie wäre sein Leben wohl verlaufen, wenn er sich damals seinem Vater widersetzt hätte?
    Er erinnerte sich an etwas, das Sir Richard Francis Burton zu ihm gesagt hatte: Als Edward Oxford, der Mann, der

Weitere Kostenlose Bücher