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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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des Raums wurde schwächer und schien sich um den Diamanten in der Metallhand zu verdichten. Die Energieblitze, die über die Wände gezuckt waren, wölbten sich nun nach innen und tänzelten über die Facetten des Steins. Gleichzeitig schwoll das leise Summen des Diamanten an, und die Tonhöhe sank in einen Bereich unterhalb der Wahrnehmung des menschlichen Gehörs. Für Burton fühlte es sich an, als drückten unsichtbare Hände gegen seine Ohren.
    Rasputins Stimme hämmerte zornig gegen die Innenseite seines Schädels. »Njet! Nicht Sie das tun! Lassen mich gehen! Lassen mich gehen, Towarischtsch ! Kehre ich zurück in meine Zeit!«
    »Zu spät. Aber betrachten Sie doch die positive Seite, Grigori, Sie haben Ihr Ziel erreicht – Sie sind Ihren Attentätern entgangen. Es wird nicht Wasser sein, das Sie umbringt.«
    Hauchdünne Risse zogen sich über das Auge, und bei jedem, der mit einem leisen Klirren auftrat, hatte Burton den Eindruck, dass ein winziges Wesen daraus hervorströmte, doch so eindringlich er auch hinsah, es gelang ihm nicht, die Geschöpfe deutlich zu erkennen. Am äußersten Rand seines Sichtfelds nahm er wahr, dass sich die Bibliothek rasch mit ihnen füllte, aber wenn er den Kopf drehte, sah er nichts.
    » Was sind diese Echsen? Weg mit sie! Weg mit sie! Schlagen Krallen in mich! Njet! Njet!«
    Astralenergie knallte und zischelte mit zunehmender Intensität um den Edelstein, schoss davon weg und peitschte über die Wände, über die Decke und über den Boden.
    »Die meisten Menschen nehmen sie als Feen wahr«, erklärte Burton dem sterbenden Russen. »Sie sind die Überreste einer uralten Rasse – nur erhalten gebliebene Erinnerungen. Von zu schwieriger Natur, als dass wir Menschen sie begreifen könnten, deshalb haben wir einen leichter verständlichen Mythos über sie gestülpt. Aber natürlich gibt es in Russland keine Geschichten über Feen, oder? Sie sind kein Bestandteil Ihrer Folklore.«
    Rasputin brüllte wie am Spieß. » Sie mich reißen in Stücke! «
    »Wirklich? Ich schlage vor, Sie setzen sich zur Wehr. Wenn ich etwas von Ihnen gelernt habe, dann ist es die Tatsache, dass abträgliche Erinnerungen überwunden werden können. Immerhin liegt alles in der Vergangenheit, nicht wahr, Grigori?«
    » Njet! Njet! «
    Rasputin stimmte ein erschreckendes Geheul an, das von Höllenqualen zeugte. Es drang in Burtons Kopf wie ein Speer. Zähneknirschend taumelte der Entdecker. Blut schoss aus seiner Nase.
    Spencer drehte den Messingkopf.
    »Nein!«, gelang es Burton hervorzupressen. »Nicht aufhören!«
    Eine gezackte Linie aus grellblauem Feuer zuckte aus einer der gesplitterten Facetten des Auges und umfing den Agenten des Königs. Die Energieranke hob ihn mit einem Ruck in die Luft und hielt ihn dort fest. Hilflos zappelte er. Kapillaren platzten unter seiner Haut. Eine jähe Bewegung des Astralblitzes schleuderte ihn hoch, ließ ihn gegen die Decke krachen und zu Boden fallen, wo er in den Klauen eines Krampfanfalls liegen blieb, während sich die knisternde Energie von ihm zurückzog.
    Sein über die Grenze des Erträglichen gestoßener Geist schien sich von ihm zu lösen, und die Wahrnehmung seiner körperlichen Schmerzen fiel von ihm ab. Allerdings ging damit keine Erleichterung einher. Sein Bewusstsein wurde von einem zerstörerischen Schmerzensschrei zerfetzt – der Todeskampf des tollen Mönchs, als ihn der berstende Diamant in Stücke riss.
    Es war zu viel für den Agenten des Königs. Die Welt kippte um, entglitt, wurde dunkel und verschwand.
    *
    Sir Richard Francis Burton war tot.
    Er wusste es, weil er nichts fühlen konnte. Es gab keine Welt, keine Empfindungen, keine Bedürfnisse, keine Sehnsüchte, keine Vergangenheit, keine Zukunft.
    Es gab nur Frieden.
    Ein Metallfinger stupste ihn in die Rippen. Er öffnete die Augen und rechnete damit, wie immer orangefarbenes Licht über ein Zeltdach flackern zu sehen. Stattdessen erblickte er Schnee.
    Er setzte sich auf. Nein, nicht Schnee – Flocken abgestorbenen Ektoplasmas, die von der Decke der Bibliothek rieselten und verpufften, bevor sie den Boden berührten. Er stemmte sich auf die Beine, zog ein Taschentuch hervor und wischte sich das Blut aus dem Gesicht.
    Mit einem lauten Krachen fiel Madam Blavatskys Leichnam herab und prallte auf den Sockel, der sich zu einer Staubwolke auflöste.
    Burton wandte sich vom Anblick ihres aufgebrochenen Schädels und entsetzlich verkrümmten Körpers ab und stellte fest, dass Herbert

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