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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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trieb das familiäre Anwesen – das in der Nähe von Winchester in Hampshire lag – beinahe in denRuin. Geld lief wie Wasser zwischen seinen Fingern hindurch. Seine Mutter, Lady Henriette-Felicité, war Französin. Sie war bedauerlicherweise nicht in den Genuss einer glücklichen Ehe gekommen und hatte sich schon lange vor dem Tod ihres Gemahls nach Paris zurückgezogen. Aus der Ferne behielt sie das schwindende Tichborne-Vermögen aufmerksam im Auge, und als die Lage dermaßen prekär wurde, dass sie fürchtete, Sir Alfred würde sie ins Armenhaus treiben, entsandte sie einen Freund der Familie, Colonel Franklin Lushington, der im Haus der Tichbornes leben und die Kontrolle über die Finanzen übernehmen sollte. Lushington war es gelungen, die schlimmsten Exzesse ihres Sohnes einzudämmen; was er jedoch nicht vermochte, war, den jungen Ritter in eine gute Partie für eine Vermählung zu verwandeln. Sir Alfred würde so gut wie sicher der letzte Tichborne bleiben.
    Doch dann geschah etwas völlig Unerwartetes.
    Ein Jahr zuvor, als die verwitwete Lady Henriette-Felicité dem Anwesen der Tichbornes einen Besuch abstattete, kam ein vom Glück verlassener russischer Seemann vorbei und bettelte um Almosen. Die alte Dame, mittlerweile gebrechlich und geistesschwach, fragte ihn, ob er je von der La Bella gehört hätte, dem Schiff, das ihren ältesten Sohn mit sich auf den Grund des Meeres gerissen hatte. Der Seemann hatte nicht nur davon gehört, sondern wusste auch, dass eine kleine Gruppe Überlebender aus einem Beiboot mit diesem Namen gerettet worden war. Man hatte sie in Australien abgesetzt.
    Lady Henriette-Felicité gab sofort Anzeigen in der Empire und in einer Reihe australischer Zeitungen auf.
    Vor einem Monat hatte sie eine Antwort in Form eines wirr geschriebenen Briefes voller Rechtschreibfehler erhalten.
    Das Schriftstück stammte von Roger.
    Er lebte.
    Er hatte ihr mitgeteilt, dass er den Namen »Tomas Castro« angenommen habe und als Fleischer in Wagga Wagga in New SouthWales arbeite, etwa auf halbem Weg zwischen Sydney und Melbourne.
    Außerdem hatte er seine Mutter ersucht, ihm Geld zu schicken, damit er nach Hause kommen könne, und als Beweis dafür, dass er – der Verfasser des Briefes – tatsächlich ihr Sohn sei, hatte er ein braunes Muttermal an seiner Seite genannt. Die Witwe konnte sich daran erinnern und übermittelte ihm das Geld.
    Nun schien es, dass der Mann, den die Zeitungen »den Anspruchsteller« getauft hatten, die betagte Dame persönlich getroffen und sie seine Identität bestätigt hatte. Der lange verschollene Roger Tichborne war zurückgekehrt!
    Oscar erklärte Burton, dass die Großbourgeoisie hocherfreut darüber war, dass die Mitglieder einer uralten Familie wieder zusammengeführt worden waren, während das Proletariat darüber jubelte, dass ein Aristokrat als gemeiner Arbeiter gelebt hatte.
    Lady Henriette-Felicité war außer sich vor Freude. Für den Rest der Tichborne-Familie – die Vettern und verschiedenen sonstigen Verwandten, von denen die meisten die Nachnamen Doughty oder Arundell trugen – galt das nicht.
    Sie glaubten kein Wort davon.
    »Er wird bald hier eintreffen, um sich den Besitz des Anwesens zu sichern!«, brüllte Oscar, während der Leierkasten weiter kreischte und rülpste.
    Burton nickte nachdenklich, holte ein Sechs-Pence-Stück aus der Tasche und drückte es dem Gassenjungen in die Hand.
    »Wir sehen uns, Quips«, sagte er. »Hier ist eine Münze für eine Pastete. Du kannst dich schließlich nicht nur von Süßigkeiten ernähren.«
    »Aber ich kann bei dem Versuch dick werden! Danke, Captain!«
    Oscar verschwand in den Laden, und Burton ging weiter, erleichtert darüber, die Leierkastenmusik im Hintergrund leiser werden zu hören.
    An der Ecke Baker Street winkte er sich ein Hansom herbei, das von einem schnaubenden Dampfross gezogen wurde und an einekleinere Version der Lokomotive »Stephenson’s Rocket« erinnerte. Es beförderte ihn die Wigmore Street und die halbe Regent Street entlang, bevor es jäh zum Stehen kam, als seine Kurbelwelle brach und ein Loch in den Kessel schlug. Burton blendete die Entschuldigungen des Fahrers aus, winkte sich ein anderes Hansom herbei und setzte den Weg über Haymarket und Whitehall zu Scotland Yard fort.
    Als er die Stufen des abschreckenden alten Gebäudes erklomm, kam ihm Detective Inspector Trounce entgegen, der sich zufällig auf dem Weg nach unten befand.
    »Was für ein Zufall!«, rief der

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