Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)
der François-Garnier-Kollektion hatten, aber der Agent des Königs war von der ihm durchaus bewussten »Entdeckermanie« beseelt, die ihn dazu antrieb, beharrlich Schicht um Schicht freizulegen, ganz gleich, mit welchem Thema er sich gerade befasste. Das ermöglichte es ihm zumindest, einen breiter gefassten und für ihn interessanteren Kontext herzustellen.
Da war noch etwas.
Die Fragmente aus Kambodscha waren im Jahr 1837 entdeckt worden, als einem Priester ein leises Summen ins Bewusstsein drang, während er in seiner Unterkunft meditierte. Er hatte seit siebenundvierzig Jahren in jenem Raum gelebt und den tiefen melodischen Klang nie zuvor vernommen. Der Priester verfolgte das Geräusch zum Fuß einer Wand und zu einem losen Mauerstein zurück. Dahinter verbargen sich die Diamanten.
1837.
In jenes Jahr war Edward Oxford geschleudert worden, der Mann aus der fernen Zukunft, und zwar nach seiner ursprünglichen Ankunft im Jahr 1840, wo er versehentlich die Ermordung von Königin Victoria verursacht hatte.
Bestimmt ein Zufall.
Gegen sechs Uhr traf Burton zu Hause ein und hängte gerade seinen Hut und Mantel auf, als Mrs Angell die Treppe herunterkam, ihn mit einem schiefen Blick bedachte und sagte: »Sie haben einen ungesunden Schweißfilm auf der Stirn, Sir Richard. Ein Rückfall?«
»Scheint so«, erwiderte er. »Den muss ich wohl mit Ruhe bekämpfen. Ich nehme eine Dosis Chinin und arbeite eine Weile an meinen Büchern.«
»Sie nehmen eine Dosis Chinin und legen sich schnurstracks ins Bett!«, berichtigte sie ihn.
Ihm fehlte die Kraft, um mit ihr zu diskutieren.
Zehn Minuten später brachte sie ihm einen Krug Wasser und eine Tasse Tee. Aber da schlief er bereits.
Seine nachmittäglichen Nachforschungen hielten Einzug in seine Träume. Burton nahm ein grelles Licht wahr, das durch seine Lider brannte. Er schlug sie in der Erwartung auf, flackernden Feuerschein auf einem Zeltdach zu sehen. Stattdessen blickte er mit zusammengekniffenen Augen in einen strahlend blauen Wüstenhimmel.
Als er den Kopf drehte, stellte er fest, dass er auf dem Rücken lag, die Glieder ausgestreckt, die Hand- und Fußgelenke mit Seilen an tief in den Boden gerammte Holzpflöcke gefesselt. Beiderseits von ihm ragten Dünen auf. Von dort ertönte das Geräusch von Stimmen, die in einer der Sprachen der arabischen Halbinsel miteinander stritten. Die Worte konnte er nicht ausmachen, aber eine der Stimmen gehörte einer Frau.
Er öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen, doch es drang nur ein Krächzen aus seiner Kehle. Sein Hals fühlte sich staubtrocken an, seine Haut brannte. Die Sonne hatte jedes Quäntchen Feuchtigkeit aus der Luft gesogen. Sandkörner wurden ihm von einer heißen, trägen Brise gegen das Gesicht geweht.
Er konnte sich nicht bewegen.
Etwas stupste seine linke Hand. Er sah hin. Neben seinem Handgelenk erblickte er eine Fee, eine winzige Frauengestalt mit durchscheinenden Schmetterlingsflügeln, die zwischen ihren Schulterblättern flatterten. Auf ihrer Stirn prangte ein buntes Mal wie ein indisches Bindi , nur war es so gestaltet, dass es eher einem echten dritten Auge ähnelte.
Burton blinzelte mehrfach. Er hatte das Gefühl, sich nicht richtig auf das kleine Geschöpf konzentrieren zu können, obwohl er es durchaus deutlich sehen konnte. Die Fee schien nur teilweise vorhanden zu sein, als überlagere sie etwas anderes in seinem Geist, und er bemühte sich vergeblich, die Illusion zu durchschauen.
Das seltsame Wesen betrachtete ihn mit goldenen Augen, dann drehte es sich um, bleckte die winzigen spitzen Zähne und begann, an seinen Fesseln zu nagen.
Eine zweite Fee erschien und schlug die Zähne in das um seinen rechten Arm gebundene Seil. Bewegungen an seinen Fußgelenken verrieten ihm, dass dort ebenfalls Feen am Werk waren. Ein fünftes der Wesen landete auf seinem Bauch und rannte seine Brust hinauf. Die Fee stemmte die Hände in die Hüften und blickte ihm ins Gesicht.
Burton spürte, wie sein Geist manipuliert wurde, bis sich Worte darin bildeten, und er hörte sich in seiner eigenen Stimme innerlich sagen: »Der lange träge Zyklus der Zeitalter dreht sich und dreht sich und dreht sich, oh Mensch. Du bist einer der wenigen, die wissen, dass einer deiner seltsamen Art von der nächsten Ebene der Spirale in jene sprang, in der du derzeit weilst – in das, was du als deine Zeit bezeichnest. Diese Tat kennzeichnete eine Aufspaltung. Dennoch scheint durch den Pfad, auf dem du wandelst, jener
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