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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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großer leerer, düsterer Raum, und Burtons Schritte hallten wider, als er ihn durchquerte und unter einem schweren Kronleuchter hindurchging. Er öffnete eine Zierdoppeltür und trat in einen weiteren Gang. Dieser führte ihn in denrückwärtigen Teil des Hauses und zur Waffenkammer, die er mit einem schwer zu unterdrückenden Schaudern überprüfte, verunsichert vom glasäugigen Starren der an den Wänden montierten Trophäen. Unter ihnen befanden sich Hirsche, Rehe und Keiler in Hülle und Fülle, außerdem ein Tiger, zwei Löwen und über einer Reihe von Waffenschränken der riesige Kopf eines Rhinozerosses.
    Burton kam der Gedanke, dass John Speke hier in seinem Element wäre.
    Vor einer Tür mit Glaseinsätzen an der gegenüberliegenden Wand hing ein dicker Vorhang. Er ging hinüber, schob ihn beiseite und spähte über einen weitläufigen Innenhof auf den Rasen dahinter. Unter dem Licht des Vollmonds waberten weiße Nebelschwaden um das Haus und den Hang hinab, trieben dicht über das Gras und sammelten sich im Becken des Sees. Die Weiden neben dem Wasser zeichneten sich grotesk darin ab wie vermummte Mönche, die in böswilliger Meditation beisammenhockten. Burton stellte mit Schrecken fest, dass etwas grauenhaft Lebendiges von ihnen ausging.
    Er schnaubte verächtlich. Idiot! Das sind bloß Bäume!
    Er wandte sich ab und durchquerte die Kammer zu einer Tür am anderen Ende. Die öffnete sich knarrend in einen kleinen Salon, durch den er in das Musikzimmer gelangte. Dieses erwies sich als lang und rechteckig, und so wie das Jagdzimmer besaß es eine verhangene Tür, die den Zugang zum Innenhof ermöglichte.
    Als Burton eintrat, lief der Aufziehmechanismus seiner Laterne ab. Das Licht flackerte kurz und erlosch. Zum Glück wurde er nicht in pechschwarze Finsternis gestürzt, denn durch einen Spalt in den Vorhängen fiel ein Strahl des Mondlichts in das Zimmer. Vage erkannte Burton auf der anderen Seite des hellen Schlaglichts die Umrisse von Geigen, Mandolinen und Gitarren, die an der Wand hingen. Auf einem Ständer in einer Ecke befand sich ein Cello, und die Mitte des Bodens beherrschte ein prunkvoller, mit einem Tuch verhüllter Flügel, auf dem ein eleganter Armleuchter thronte. Die Seiten des Raumes säumten jakobinische Lehnsessel.
    Er zog die Laterne wieder auf. Ihr heller Schein tauchte alles in kontrastreiches Licht und fühlte sich für Burton wie ein frevlerisches Eindringen an.
    Ein Porträt von Sir Henry Tichborne in Lebensgröße hing über dem breiten Kamin. Er war mit drei Jagdhunden zu seinen Füßen abgebildet, eine Reitgerte in einer Hand, einen Dreispitz in der anderen. Auf dem Gemälde trug er einen langen Bart sowie einen strengen, hochmütigen Gesichtsausdruck zur Schau. Burton hob die Laterne höher, betrachtete die harten kalten Züge und trat einen Schritt zurück. Sir Henrys missbilligender Blick schien ihm zu folgen, und der Agent des Königs ertappte sich dabei, von einem eigenartigen Gefühl der Unruhe erfasst zu werden.
    Ein Kribbeln nistete sich in seinem Nacken ein.
    »Was für Ereignisse hast du in Gang gesetzt, du alter Ziegenbart?«, flüsterte er.
    Die Antwort kam prompt – hinter ihm erklang ein kaum hörbarer tiefer Ton vom Klavier, als wäre eine Saite behutsam angeschlagen worden.
    Burton erstarrte. Der Ton verharrte in der Luft. Frostige Finger kitzelten des Agenten Rücken, als der Laut entsetzlich langsam verhallte.
    Er wirbelte zu dem Instrument herum und sah, dass er sich allein im Raum aufhielt. Burton atmete aus. Die ausgestoßene Luft bildete Wölkchen vor seinem Gesicht.
    Zu seiner Linken befand sich eine geschlossene Tür. Irgendetwas – und er vermochte nicht zu sagen, was – lenkte seine Aufmerksamkeit darauf, und als er hinschaute, zuckte er zusammen. Seine Laterne geriet ins Schaukeln und ließ die Schatten ruckartig über Wände und Decke zucken. Es war nichts Greifbares, das ihn so erschreckt hatte – nur das sichere Gefühl einer Gegenwart hinter jener Tür.
    Sir Richard Francis Burton verkörperte unzweifelhaft einen tapferen Mann, allerdings war er auch abergläubisch und von einer Scheu vor Dunkelheit und Übernatürlichem beseelt. Allein der Rundgang durch das düstere Haus war für ihn zermürbend genug. Nun stellte er fest, dass er zitterte und ihm die Haare zu Berge standen, obwohl er mit nichts physisch Anwesendem konfrontiert war.
    Er holte tief Luft, unterdrückte den instinktiven Drang zu flüchten, schlich auf die Tür zu und legte

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