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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Paris.«
    »Todesursache?«, fragte Burton.
    »Herzversagen. Ist einfach stehen geblieben. Zweifellos Altersschwäche. Sie war schon seit geraumer Zeit gebrechlich.«
    Der Colonel ließ den Blick von seinen beiden Gästen zum Familienanwalt und wieder zurück wandern. »Verzeihung, ich sollte Sie wohl einander vorstellen. Ähm … hab ich vergessen. Dieser Herr ist Mr Henry Hawkins. Ein juristischer Berater. Er wird die Familie gegen den Anspruchsteller verteidigen. Mr Hawkins, das sind Sir Richard Burton und Mr … äh … äh … äh …«
    »Algernon Swinburne.« Der Dichter seufzte.
    »Ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen«, sagte Hawkins und trat vor, um ihnen die Hand zu schütteln. Er war ein durchschnittlich aussehender Mann durchschnittlicher Größe, dessen ausdruckslose Züge in Widerspruch zu seinem Ruf standen, denn Burton hatte schon von »Henker Hawkins« gehört. Er kannte ihn als jemanden, dessen Kreuzverhöre vor Gericht als extrem unbarmherzig galten – als »schonungslos«, wie es von mancherlei Seite hieß. Ein Hauch davon schwang in Hawkins’ nächster Äußerung mit.
    »Natürlich ist der Tod der Witwe eher ein Schlag für die Gegenseite als für uns. Eine positive Identifizierung durch die Mutter wäre vor Gericht praktisch unanfechtbar, würde sie von Angesicht zu Angesicht vorgenommen. Nun jedoch können wir sie auf den Status von Hörensagen verringern.«
    »War der Mann, der behauptet, ihr Sohn zu sein, während ihres Todes anwesend?«, erkundigte sich Burton.
    »Nein. Er ist bereits in London. Er wird morgen Nachmittag hier eintreffen.«
    »Was ist mit Sir Alfred?«, warf Swinburne ein. »Ist er schon davon in Kenntnis gesetzt worden?«
    Colonel Lushington nickte. »Vor etwa einer Stunde. Ich fürchte, es war dem Zustand seiner Nerven nicht gerade zuträglich. Jankyn kümmert sich gerade um ihn. Wie war Ihr nächtlicher Rundgang? Sind Sie den Mäusen begegnet – das heißt, Lady Mabella?«
    »Entschuldigung, wie war das?«, unterbrach ihn Hawkins.
    »Oh, nur Unfug über den Familienfluch der Tichbornes«, antwortete Lushington. »Völliger Hokuspokus, ohne jeden Zweifel. Der junge Alfred hat sich in den Kopf gesetzt, dass im Haus ein Geist herumspukt. Ein Geist, Herr im Himmel! Ein Geist!«
    »Meiner Treu! Das dürfen wir ihn vor Gericht nicht erwähnen lassen. Sonst verliert er jede Glaubwürdigkeit!«
    »Was, wenn es wahr ist?«, fragte Swinburne.
    Burton stieß dem Dichter die Finger in die Rippen.
    »Um Ihre Frage zu beantworten, Colonel«, nahm der Agent des Königs den Faden wieder auf, »nein, ich habe vergangene Nacht keine gespenstische Frau herumschweben gesehen. Es hat allerdings ein recht außergewöhnlicher Nebel geherrscht, der um das Haus, die Hänge drum herum und auf dem See trieb.«
    »Ah ja«, meinte Lushington. »Das kommt ziemlich häufig vor. Es ist Nebel, schlicht und einfach. Er steigt von den Kriechfeldern auf und fließt in die Senke hinunter. Dort verhüllt er den See.«
    »Interessant!«, rief Burton. »Er bildet sich nur über den Kriechfeldern? Nicht über den anderen Weizenfeldern?«
    »Richtig. Ganz genau. Merkwürdig, jetzt, wo ich darüber nachdenke. Ich weiß nicht, warum das so ist. Hat vielleicht etwas mit der Lage zu tun. Haben Sie schon gegessen?«
    »Nein.«
    »Mr Hawkins auch nicht. Wenn ich’s mir recht überlege, ich eigentlich auch nicht. Ich schlage vor, wir genehmigen uns ein spätes Frühstück. Was meinen Sie? Wenigstens eine Tasse Tee? Ist gut für die Ausdauer.«
    *
    Später an jenem Tag, während Lushington und Hawkins in der Bibliothek an der Prozessvorbereitung arbeiteten, saßen Burton und Swinburne im Raucherraum und dachten über das Tichborne-Gedicht nach.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass Augen schwärzer als Lady Mabella sie hat eine Anspielung auf das Nāga-Auge ist«, erklärte Burton.
    »Dem widerspreche ich nicht«, gab Swinburne zurück. Er ahmte Lushington nach: »Oder doch? Ich weiß es nicht!«
    »Halt die Klappe, Algy.«
    »Gewiss. Oder auch nicht, je nachdem.«
    Seufzend schüttelte Burton den Kopf, ehe er fortfuhr: »Und mir scheint, dass sich ein beträchtlicher Teil der ersten Strophe auf die Kriechfelder beziehen könnte.«
    Swinburne nickte. » In meiner Lady Feld und Ihr verfluchtes Almosen sie hält . Meinst du, die Tränen, die da weinen könnten der Nebel sein?«
    »Keine Ahnung. Das fühlt sich für mich irgendwie nicht richtig an. Was ist mit dieser Zeile: Ein Fluch umhüllt den and’ren

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