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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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Höhenlage sollte sich Nebel in Senken bilden, nicht im erhöhten Teil eines Hanges. Die einzige Erklärung für den Dunst wäre, dass sich unter unseren Füßen eine warme Quelle befindet. Allerdings sollte das, wie gesagt, eigentlich zu einer leichten Vertiefung des Geländes führen, nicht umgekehrt. Gehen wir weiter.«
    Sie marschierten zum oberen Rand des Feldes und setzten den Weg entlang dem nächsten fort.
    »Herrje! So weit ist Lady Mabella gekrochen?«, rief Swinburne.
    »Getrieben vom Teufel.« Tichborne schauderte. »Haben Sie das Klopfen vergangene Nacht gehört?«
    »Nein«, antwortete Burton rasch, bevor Swinburne den Mund öffnen konnte. »Sie?«
    »Ich fürchte, ich habe es beim Abendessen mit dem Trinken übertrieben«, erwiderte der Ritter. »Kaum hatte mein Kopf das Kissen berührt, bekam ich nichts mehr mit – bis zu dem Zeitpunkt, als ich heute Morgen erwacht bin, war ich regelrecht bewusstlos.«
    »Im Musikzimmer hat sich etwas ziemlich Seltsames ereignet. Auf dem Klavier wurde eine Note angeschlagen …«
    »… aber es war niemand da«, beendete Tichborne den Satz für ihn. »Ich wette, das hat Ihnen einen gehörigen Schrecken eingejagt.«
    »Hat es. Also ist es schon einmal passiert?«
    »So lange, wie ich zurückdenken kann. Drei bis vier Nächte pro Woche – ping ! Ohne ersichtlichen Grund. Und immer dieselbe Note.«
    »Das B unter dem mittleren C.«
    »Wirklich? Das weiß ich nicht. Meinen Großvater hat das regelmäßig in Angstzustände versetzt, aber ich vermute, die einfache Erklärung ist, dass sich der Flügel bei Temperaturveränderungen dehnt und zusammenzieht.«
    Sie erreichten die Kuppe des Hanges, und Tichborne deutete auf das umliegende Land.
    »All diese Weizen- und Gerstenfelder gehören zum Anwesen, bis zu dieser Baumreihe dort. Die Häuser dahinter bilden den Weiler Tichborne, in dem vorwiegend Familien leben, die unser Land bestellen. Wie Sie sehen, liegt das Anwesen auf einem leichten Abhang, der hinunter nach Itchen Valley und zum Fluss verläuft. Da drüben« – er zeigte nach Nordosten – »befindet sich das Dorf Alresford.«
    Sie folgten dem oberen Rand der Kriechfelder, dann bogen Sie an der Ecke ab und traten den Weg zurück zum Schloss an. Als sie das untere Feld erreichten, blieb Burton kurz stehen und lief dann direkt in die jungen Getreidesprösslinge hinein.
    »Was machen Sie da?«, fragte Tichborne.
    »Warten Sie einen Augenblick.«
    Burton drückte das Ende seines Stocks in den lehmigen Boden, denn lehnte er sich mit dem vollen Gewicht darauf. Er sank tief in die weiche Erde, bis der Widerstand des Untergrunds ihn bremste.
    »Was gefunden?«, wollte Swinburne wissen.
    »Nein.«
    »Was haben Sie denn erwartet?«, fragte Tichborne.
    »Keine Ahnung. Ich bin überzeugt davon, dass sich unter diesen beiden Feldern irgendetwas befindet. Ich dachte, das Ende meines Stocks würde vielleicht auf Fels oder Ziegelwerk stoßen.«
    »Weizenwurzeln können eine Tiefe von über einem Meter erreichen«, erklärte der Ritter, »daher ist die Erde hier tief; zu tief, als dass ihr Stock den Boden berühren könnte, falls es denn einen gibt.«
    Burton zog seinen Stock heraus, wischte ihn mit einem Taschentuch ab und kehrte zum Rain des Feldes zurück.
    Sie marschierten weiter zum Fahrweg.
    »Ich möchte gern Ihre Schwäne sehen«, sagte Tichborne. »Haben Sie Lust, mit mir um den See zu spazieren?«
    »Gewiss«, stimmte Burton zu.
    Während sie gingen, beobachtete der Agent des Königs den Aristokraten mit einem unauffälligen Seitenblick. Sir Alfreds Stimmung kam ihm seltsam vor; er vermittelte bei dem Rundgang über sein Anwesen ein Gefühl von Endgültigkeit, als wollte er sich von der Heimstätte seiner Ahnen verabschieden. Burtons Intuition verriet ihm, dass dies mehr als die Reaktion des Ritters auf die unmittelbar bevorstehende Ankunft seines angeblichen Bruders war – ihn beunruhigte etwas anderes.
    »Ich vermute, Sie werden ein wenig erleichtert sein, den Anspruchsteller morgen zu sehen«, meinte er. »Nach all den Wochen bekommen Sie den Mann endlich zu Gesicht und werden zumindest Gewissheit haben, so oder so.«
    »Ja, vermutlich«, antwortete Tichborne zerstreut.
    Danach verfiel er in gedankenverlorenes Schweigen.
    Sie umkreisten den See und kehrten zum Haus zurück. Gesprochen wurde dabei kaum noch ein Wort.
    *
    Gegen Abend hatte sich eine bedrückende Atmosphäre im Haus ausgebreitet, obwohl Öllampen und Kerzen die Räume hell erleuchteten. Sir Alfred

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