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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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zufrieden.
    Inzwischen wusste er, dass es Sethherchepeschef einzig und allein um Meritusir ging. Sollte der Prinz sie ruhig in sein Bett holen. Da sie dem Hohepriester des Osiris ihre Treue geschworen hatte, würde sie ihm, Ramose, dennoch gehören. Davon ahnte Sethi jedoch nichts.
    »Was kann ich tun, um dir behilflich zu sein?« Ramose hatte die Hände vor dem Bauch verschränkt und sah seinen Gast fragend an.
    »Weißt du, was in Abydos vor sich geht?«
    »Aber ja, mein Prinz.« Ramose grinste spöttisch. »Ramses baut sich dort seinen Tempel der Millionen Jahre.«
    »Das ist mir und dem gesamten Land bekannt«, fauchte Sethi gereizt. »Weißt du aber auch, dass sich die königliche Leibgarde dort aufhält? Sie überwachen die Bauarbeiten. Zudem befinden sich die Grabarbeiter aus Theben-West in Abydos. In der thebanischen Priesterschaft munkelt man, dass sich Ramses nicht nur ein Scheingrab anlegen lässt, sondern dass dieses Grab sehr wahrscheinlich die königliche Mumie aufnehmen soll. Hast du auch davon schon gehört?« Sein Blick bohrte sich förmlich in den älteren Mann.
    »Nein, mein Prinz, nicht offiziell. Ich bin aber zum selben Schluss gekommen. Was aber hat das mit deinem Plan zu tun, Pharao zu werden?«
    »Nichts«, erwiderte Sethi kühl. Er hatte nicht vor, Ramose von Senenmut zu erzählen und dem Auftrag, den er ihm erteilt hatte. Davon brauchte er nichts zu wissen. Es hatte ihn auch nicht zu interessieren, dass er Amunhotep beseitigen wollte. Der degradierte Hohepriester sollte ihm einfach nur helfen, Ramses zu stürzen. »Hast du noch Verbindungen zu deinem alten Tempel und zum Tempel des Großen Gottes Ptah in Memphis?«, erkundigte er sich stattdessen.
    »Ja, Hoheit, die habe ich. Die meisten meiner Priester waren ziemlich bestürzt über meine plötzliche Absetzung und konnten die Beweggründe Seiner Majestät nicht so recht verstehen.«
    »Das ist sehr gut«, raunte der Prinz. »Je öfter seine eigenen Priester ihn nicht verstehen, umso schneller werden sie Ramses hassen lernen, und umso leichter wird es für mich werden, den Horusthron zu besteigen.« Er grinste selbstzufrieden. »Wer von der oberen Re-Priesterschaft steht noch treu zu dir?«
    »Auf jeden Fall Nacht, der Zweite Prophet. Er wird zwar insgeheim nicht böse sein, nun mein Amt zu übernehmen. Er hat es mir aber auch nie geneidet und war bereit zu warten, bis ich eines Tages von allein abtrete oder mich die Götter zu sich befehlen.«
    »Dann wird er auch weiterhin warten müssen«, entgegnete Sethi. »Einen Tag vor meiner Abreise aus Theben hat Ramses Chaemwasets ältesten Sohn zu deinem Nachfolger ernannt.«
    »Nebmaatre?« Ramose wurde bleich. »Der ist doch noch selbst fast ein Knabe!«
    »Mein königlicher Neffe sieht das anders. Er ist der Meinung, dass Nebmaatre alle Voraussetzungen hat, um dieses Amt zu bekleiden.«
    »Das ist doch Unfug, Hoheit«, empörte sich Ramose. »Der Prinz ist niemals imstande, einen Tempel wie den des Re zu führen. Ramses hätte ihm irgendeinen kleinen Provinztempel zum Üben anvertrauen sollen, doch nicht eines der mächtigsten Heiligtümer des Landes.« Entsetzt schlug er die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf. »Seine Majestät muss den Verstand verloren haben.«
    Sethi schmunzelte zufrieden in sich hinein. Er hatte geahnt, dass Ramose alles andere als erfreut auf diese Nachricht reagieren würde. Mit einer solchen Reaktion hatte er allerdings nicht gerechnet.
    »Beruhige dich wieder«, beschwichtigte er ihn. »Wenn ich erst einmal die Doppelkrone trage, werde ich auch Nebmaatre seinen rechtmäßigen Platz zuweisen, und dieser wird sicher nicht an der Spitze einer Priesterschaft sein.«
    »Danke, Hoheit, doch vorher wird er schon so viele Fehler begangen haben, dass Ramses selbst ihn wieder absetzen muss!«
    »Möglich, doch bis dahin wirst du nichts unternehmen, was ich dir nicht ausdrücklich befehle! – Nimm zu Nacht Verbindung auf. Als Zweitem Propheten unterstehen ihm die Schatzhäuser und Domänen des Gottes. Die Ernte wird in diesem Jahr schlecht ausfallen, sodass das Volk im kommenden Jahr nicht genug zu essen haben wird. Wenn das Volk hungern muss, ist es auf seinen König nicht gut zu sprechen. Überrede Nacht, dass er alles unternimmt, um die Verteilung der Lebensmittelvorräte zu behindern. Das Korn muss aus den Vorratslagern verschwinden, aber nicht in die hungrigen Mägen der Armen, sondern in Speicher, über die ich nach meiner Thronbesteigung verfügen kann. Ich

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