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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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habe solche Angst, dass unser Kind durch den Sturz Schaden genommen haben könnte«, flüsterte sie, und Amunhotep drückte sie verstört an sich.
    »Sei still, liebe Schwester. Du darfst an so etwas gar nicht denken, geschweige denn aussprechen. Osiris wacht über dich und unser Kind. Dein Name lautet Meritusir,
Geliebt von Osiris
. Der Gott wird nicht wollen, dass dir so viel Leid widerfährt.«
    Weinend nickte Meritusir und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Dann legte sie ihren Kopf an Amunhoteps Schulter, und beide hingen schweigend ihren Gedanken nach.
     
    * * *
     
    Vier Tage später ging es Meritusir wieder gut genug, dass sie aufstehen konnte. Ramses hatte den beiden Priestern erlaubt, noch eine Weile in Theben zu verbringen, bis sie wieder genesen war, und so unternahm sie zusammen mit Moses eine Erkundungstour durch die Stadt, während sich Amunhotep bei einer Audienz im Palast befand.
    Um die Mittagszeit trafen sich die Eheleute auf dem Anwesen zum gemeinsamen Mittagsmahl.
    »Pharao hat uns beiden verziehen«, berichtete Amunhotep ganz nebenbei und sah, wie sich ein frohes Lächeln auf Meritusirs Gesicht zeigte. »Er grollt uns nicht mehr, da er eingesehen hat, dass es nicht unsere Schuld gewesen ist, dass der Bauplan gestohlen wurde.«
    »Was wird mit Rerut geschehen?«, fragte Meritusir und schaufelte sich eine Unmenge an gedünstetem Gemüse in ihre Schale.
    »Sie wird abgeurteilt werden. Das Strafmaß wird sicher hart ausfallen, denn es handelt sich nicht um einen gewöhnlichen Raub.« Amunhotep griff nach einem Stück Brot und biss hinein. »Ich habe übrigens meinen Vater getroffen«, erzählte er kauend. »Er hat uns beide heute Nachmittag nach Opet-sut eingeladen. Meine Mutter wird auch anwesend sein. Du kennst sie noch nicht.«
    Meritusirs Gesicht wurde lang und länger. »Muss ich unbedingt mitkommen?«, fragte sie. »Ich fühle mich unwohl heute.«
    Überrascht sah Amunhotep zu ihr hinüber. »Bis eben ging es dir noch recht gut.« Er legte den Kopf schräg und musterte sie kritisch. »Kann es sein, dass du meine Eltern nicht kennenlernen willst?«
    Verlegen senkte Meritusir den Blick.
    »Ich weiß nicht, warum du dich dagegen sträubst?«, meinte er ungehalten, da sie nicht antwortete. »Es sind meine Eltern. Wenn dein Vater und deine Mutter hier wären, würde ich sie ebenfalls besuchen. Ich würde es mir sogar wünschen, sie kennenzulernen. Oder hast du etwas gegen die beiden?«
    »Natürlich nicht«, verteidigte sich Meritusir lahm. »Deinen Vater habe ich bereits kennengelernt. Er ist wirklich sehr nett. Ich fürchte aber immer, dass andere Leute mich nicht als gleichwertig anerkennen und in mir noch immer die verurteilte Leibeigene sehen, die versucht haben soll, einen Mann zu vergiften.« Betroffen wich sie seinem Blick aus.
    »Aber, Meritusir!« Amunhotep stand auf und trat auf sie zu. »Das ist doch Unsinn. Du hast niemals jemanden vergiftet, du hast es noch nicht einmal versucht. Pharao selbst hat dich von jeglicher Schuld freigesprochen. Wer etwas anderes behauptet, widersetzt sich den Worten Seiner Majestät.« Er hockte sich vor ihren Stuhl und streichelte liebevoll ihren Arm. »Du redest dir das nur ein, liebe Schwester. Niemand lehnt dich ab, im Gegenteil. Alle sind deinem Charme und deiner Klugheit erlegen.«
    Meritusir musste über seine letzten Worte grinsen. »Danke, mein Gemahl.«
    Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände, und ihre Lippen fanden sich. Dann erhob sie sich und nahm ihn bei der Hand, um ihn in ihr Schlafgemach zu führen. Dort begann sie ihn wortlos zu entkleiden.
    Amunhotep ließ es schmunzelnd geschehen und begann seinerseits, die Träger ihres Kleides von ihren Schultern zu schieben. Kurz darauf fielen sie eng umschlungen auf das frisch bezogene Bett.
    »Unser Sohn lebt. Seit gestern merke ich ab und an, wie er sich bewegt«, wisperte sie ihm überglücklich ins Ohr, als er über ihren Bauch strich.
    Verstohlen schmunzelte er.
    Meritusir war überzeugt davon, dass es ein Junge werden würde. Er lächelte jedes Mal über sie, denn sie hatte den Test mit den Getreidekörnern rigoros abgelehnt. Sie hatte ihm erklärt, dass man damit nur feststellen könne, ob sie schwanger sei oder nicht, und das wüsste sie bereits. Das Geschlecht des Kindes aber ließe sich damit nicht bestimmen. Er hatte darauf nur ergeben mit den Schultern gezuckt und gar nicht erst versucht, sie dazu zu überreden. Er kannte Meritusir schon lange genug, ihre Antwort ließ keine

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