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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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hatte der Plan mit der gestohlenen Zeichnung von der Sarkophagkammer seine Wirkung nicht verfehlt. Sethi hatte sie mittels eines gedungenen Mannes zusammen mit dem Schmuck einem vorbestraften Dieb unterschieben und anschließend diesen Handlanger durch einen ihm treu ergebenen Soldaten seiner Leibwache ermorden lassen. Ramses hatte, wie erhofft, den Köder geschluckt und Amunhotep streng gerügt. Der Osiris-Hohepriester war unter Bewachung nach Abydos zurückgesandt worden und hatte nicht wie geplant an Ramses’ Seite an den Riten teilnehmen dürfen. Für den Prinzen stand eindeutig fest, dass Amunhotep in der Gunst des Pharaos gesunken war. Der erste Schritt war somit getan.

VIERUNDZWANZIG
     
     
     
     
     
     
     
    Als zwei stämmige Getreue die Dienerin Rerut in das Arbeitszimmer des Hohepriesters zerrten, zitterte die junge Frau am ganzen Leib. Sie zwangen sie vor dem Tisch ihres Gebieters auf die Knie, wo sie bereits von Amunhotep mit verschlossener Miene erwartete wurde. Ohne Umschweife kam er zur Sache.
    »Hast du in meinen Truhen gewühlt und dich unbefugt eines Bauplans bemächtigt?« Seine dunklen Augen schienen bis in das Herz der Frau zu blicken, die nicht wagte, zu lügen.
    »Ja, mein Herr, und ich bereue diese Tat.« Sie begann zu schluchzen, und ohne dass Amunhotep nachhaken musste, gestand sie die Beweggründe. »Ich fühlte mich zutiefst verletzt, als du Meritusir mehr Beachtung geschenkt hast als mir und sie dann auch noch zur Herrin deines Hauses machtest. Das war dumm von mir. Wer bin ich, dass ich mir angemaßt habe, mir von dir Zuneigung zu erhoffen. In meiner Verzweiflung habe ich mich in die Arme eines Mannes geworfen, der mich getröstet hat. Er war es, der mich auf die Idee brachte, einen Bauplan zu stehlen, um mich an dir und deiner Gemahlin zu rächen. Und ich, ich war so dumm und habe auf ihn gehört.«
    »Wer ist dieser Mann? Hast du ihm den Bauplan ausgehändigt?«
    »Sein Name ist Wenamun. Er ist Steinmetz und stammt aus einem Dorf in der Nähe von Theben. Er versprach, dass er schon einen Weg finden würde, dass der Plan in die richtigen Hände gerät.«
    Das habe ich bemerkt, dachte Amunhotep grimmig.
    »Ich habe überhaupt nicht über die Folgen meines Handelns nachgedacht«, fuhr Rerut reumütig fort. »Als er dann spurlos mit der Rolle verschwunden war und seitdem nicht wieder zurückgekehrt ist, hatte ich Gewissensbisse und habe täglich zu der göttlichen Isis gebetet und um Vergebung gefleht.«
    »Warum bist du nicht einfach zu mir gekommen und hast mir davon erzählt?«
    »Weil ich fürchtete, dass du mich bestrafen würdest, Gebieter«, gab Rerut kleinlaut zu.
    »Und das wirst du auch, aber nicht von mir.«
    »Bitte, Herr«, flehte Rerut und rang verzweifelt die Hände, »bitte lass Gnade walten. Ich schäme mich zutiefst für das, was ich getan habe. Ich verspreche, dass ich nie wieder etwas an mich nehmen werde, was mir nicht gehört. Das schwöre ich dir bei Isis.«
    »Deine Reue kommt zu spät!«, blaffte Amunhotep erzürnt. »Ich kann dir nicht helfen. Du wirst mit mir nach Theben kommen. Seine Majestät mag entscheiden, was mit dir geschehen wird.«
    Er gab den Soldaten ein Zeichen, die Dienerin fortzubringen und gut über sie zu wachen. Anschließend überprüfte er, ob noch weitere Zeichnungen fehlten. Erleichtert stellte er fest, dass das nicht der Fall war. Als wenig später der Vorsteher der Steinmetze in sein Zimmer trat, befragte er ihn nach Wenamun.
    »Wenamun?« Der Mann rümpfte die Nase. »Er ist nicht mehr hier. Vor ungefähr zwei oder drei Wochen schlug er sich bei der Arbeit den Hammer auf die Hand. Ich schickte ihn zu Netnebu ins Lebenshaus. Er ist dort allerdings niemals aufgetaucht, und ich habe seit jenem Tag nichts mehr von ihm gehört.« Er schnaufte verächtlich. »Ich denke, Wenamun ist zurück in sein Dorf gegangen und bleibt nun unerlaubt der Arbeit fern. Aber, Gebieter, dieser Mann gehörte nicht gerade zu den qualifiziertesten Leuten meiner Truppe. In meinen Augen ist er mehr als entbehrlich. Er wird beim Bau nicht fehlen.«
    »Hast du dich deshalb um seinen Verbleib nicht weiter gekümmert?«
    »Ja, Gebieter.«
    »Ist dir bekannt, woher er stammt?«
    »Soweit ich weiß, aus einem Dorf in der Nähe von Theben. Er gehört aber nicht zu den Arbeitern aus Theben-West.«
    Amunhotep bedankte sich und entließ den Vorsteher der Steinmetze mit einer Kopfbewegung.
     
    * * *
     
    Am folgenden Tag kehrte Amunhotep wieder nach Theben zurück, um dem

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