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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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dagegen sträuben. Ich will aber wissen, was in meinem Haushalt geschieht, und dulde es bei keinem meiner Diener, sich hinter meinem Rücken einem anderen Gebieter zuzuwenden. Sage es, wenn du lieber zu Seiner Hoheit willst, und du bist auf der Stelle aus meinen Diensten entlassen. Aber wage es nie wieder, mit Sethherchepeschef oder mit jemand anderem heimlich über solche Dinge zu reden!«
    Bestürzt schüttelte Meritusir den Kopf. Ihre Ohren brannten wie Feuer, und sie war sich sicher, dass sie dunkelrot angelaufen waren. Mit allem hätte sie gerechnet, nur nicht mit dem, was Amunhotep ihr soeben erzählt hatte, und welche Schlüsse er daraus zog.
    »Nein, Herr«, flüsterte sie kaum hörbar, »es ist nicht so, wie du denkst. Ich will dich nicht verlassen. Das hatte ich niemals vor, und das habe ich auch nie gesagt. Sollte der Prinz etwas anderes behaupten, dann ...« Sie seufzte leise und beendete nicht ihren Satz.
    »... lügt er?«, tat es Amunhotep für sie, und sie nickte kaum merklich. »Desgleichen hat mich heute schon Seine Hoheit bezichtigt, als ich ihm sagte, dass du nicht im Hause wärst.« Er musterte Meritusir, die den Blick gehoben hatte und ihn verzweifelt ansah. »Ich weiß nicht, was Prinz Sethherchepeschef dir versprochen hat, Meritusir, und ich will es auch gar nicht erfahren, doch ich habe ihm gesagt, dass du zu ihm gehen darfst. Willst du das?«
    »Nein, Gebieter, es interessiert mich nicht, was er von mir will.« Sie strich sich mit der flachen Hand über den Kopf, auf dem sich kleine Schweißperlen gebildet hatten, und wischte die Handfläche unauffällig an ihrem groben Lendentuch ab. »In Memphis kam Seine Hoheit zu mir und unterhielt sich mit mir. Er versprach mir mehr Freiheiten, würde ich zu seinem Haushalt gehören. Zudem wollte er beim Pharao um meine Begnadigung bitten ...« Forschend blickte Meritusir in Amunhoteps Gesicht. »War es Prinz Sethherchepeschef, der Seine Majestät bewogen hat, mir meine Freiheit zurückzugeben?«
    »Es war der Wunsch des Königs, weil er gesehen hat, dass du unschuldig bist. Sethi hatte damit nichts zu tun.«
    Erleichtert seufzte sie und fuhr mit ihren Erklärungen fort: »Prinz Sethherchepeschef versprach mir schöne Kleider und Schmuck, den er mir zu schenken gedachte, wenn ich in seinen Diensten stehen würde, und ich dumme Frau habe die Augen erstaunt aufgerissen und war erfreut. Doch dann habe ich mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen, und ich wollte es nicht. Vor zwei Tagen sprach er mich erneut an. Ich habe ihm gesagt, dass du mein Gebieter bist und ich nicht vorhätte, dich zu verlassen. Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt.«
    Amunhotep hatte den Kopf in die linke Handfläche gestützt und musterte Meritusir stumm. Wie hatte er nur glauben können, dass sie ihn verraten hätte? Er schalt sich einen Dummkopf und gab dem Großen Gott Osiris recht, dass die Menschen von Zweifeln zerfressen sind.
    »Ich glaube dir«, sagte er nach einer Weile, stand auf und trat auf sie zu. »Ich hätte niemals an deiner Loyalität zweifeln dürfen.« Er strich mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand beinahe zärtlich über die heilige Tätowierung auf ihrem linken Oberarm. »Trotzdem, wenn du möchtest, gehe zu Sethi und höre dir an, was er dir zu sagen hat. Vielleicht änderst du hinterher doch noch deine Meinung.« Er sah in ihre grünen Augen.
    Langsam schüttelte sie den Kopf. »Nein, Herr, das wird nicht geschehen. Ich gehöre dir, dem Pharao und dem Großen Gott Osiris mit meinem Wissen und Können bis ans Ende aller Zeiten. Daran wird auch ein Prinz nichts ändern können.«
    Sie standen sich so dicht gegenüber, dass Meritusir sich zum ersten Mal, nachdem sie von Senbi und seinen Gehilfen missbraucht worden war, wieder zu einem Mann hingezogen fühlte. Über diese Erkenntnis sichtlich erstaunt, senkte sie verlegen den Blick. Amunhotep sollte auf keinen Fall ihre Gefühle erraten.
    »Darf ich dann gehen?«, fragte sie krächzend und räusperte sich.
    Amunhotep bejahte, doch bevor sie aus dem Arbeitszimmer verschwunden war, hielt er sie noch einmal zurück. »Ich habe heute Vormittag Seiner Majestät deinen Wunsch vorgetragen, Priesterin des Osiris zu werden. Willst du wissen, was der Pharao dazu gemeint hat? – Er hat erstaunt geguckt, dann schallend gelacht und mir anschließend gesagt ...«, Er machte eine Pause und setzte eine geheimnisvolle Miene auf, während Meritusir ihn verängstigt anstarrte, »... dass er nichts dagegen

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