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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Vergewaltigung nur vorgetäuscht hat.
    Amunhotep fühlte sich mit einem Mal völlig leer und mutlos. Diese plötzliche Erkenntnis, dass er jahrelang die Frau vor Augen gehabt hatte, die er sich immer gewünscht und nach der er sein Leben lang gesucht hatte, ließ ihn jeglichen Kampfgeist verlieren.
    Müde schloss er die Augen und hoffte, nie wieder zu erwachen.
     
    * * *
     
    Ramses war zutiefst bestürzt, als ihm am nächsten Morgen der Oberst seiner Leibwache mitteilte, was in der Nacht zuvor geschehen war. Er schickte sofort nach Amunhotep und ließ seiner Halbschwester ausrichten, dass er sie anschließend zu sprechen wünschte.
    Mit dunklen Schatten unter den Augen trat wenig später der Priester vor ihn hin, den er in seinen Privatgemächern unter vier Augen empfing.
    »Ich kann nicht glauben, was mir berichtet wurde«, begrüßte Ramses ihn. »Sage mir, dass es nicht stimmt.«
    »Ich schwöre dir bei Amun, Majestät, dass ich die Prinzessin nicht angerührt habe. Es war eine Falle, in die sie mich gelockt hat.« Wahrheitsgetreu berichtete Amunhotep den Hergang des Abends.
    Ramses kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass er seinem Freund Glauben schenkte. Er wusste, wie verliebt seine Schwester in den Priester war. Er musste aber auch sie anhören, und sollte sie auf ihren Schutzgott schwören, dass alles der Wahrheit entsprach, war er gezwungen, Amunhotep vor ein Gericht zu stellen.
    Betrübt rief er die vor der Tür wartenden Soldaten wieder herein, die Amunhotep zurück in sein eigenes Gemach im Gästebereich bringen sollten. Amunhotep war eine hochrangige Persönlichkeit und verdiente nicht, wie ein gewöhnlicher Verbrecher ins Gefängnis gesperrt zu werden.
    Anschließend befahl er die Prinzessin zu sich und befragte sie nach dem Vorfall.
    Bintanat blieb bei ihrer Aussage, dass Amunhotep sich an ihr hatte vergehen wollen.
    »Dann schwöre mir, dass alles der Wahrheit entspricht.«
    Einen kurzen Moment zögerte Bintanat; dann kniete sie nieder und leistete den Eid.
    Nachdem sie gegangen war, rief er nach Wesir Nehi und befahl ihm, die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen. Die Urteilsfindung sollte noch vor dem Beginn des Opet-Fests erfolgen.

SECHZEHN
      
     
     
     
     
     
     
    Die thebanische Gesellschaft war geschockt und wie immer in zwei Lager gespalten, als sie von dem rüden Überfall auf die Prinzessin erfuhr. Die meisten konnten jedoch nicht glauben, dass der Hohepriester des Osiris eine solch schändliche Tat begangen haben sollte. Es war in all den Jahren nicht unbemerkt geblieben, dass Prinzessin Bintanat unsterblich in Amunhotep verliebt war und alles dafür gegeben hätte, ihn zu besitzen. Hinter vorgehaltener Hand bezichtigte man sogar sie, den Priester in eine Falle gelockt zu haben, um sich an ihm zu rächen.
    Die königliche Familie verschloss die Ohren vor derlei Geschwätz, doch ignorieren konnte sie es nicht. Bis auf Sethi waren alle betroffen, nur der Prinz frohlockte innerlich.
    Eigentlich hatte Sethi das gar nicht so bezweckt. Es lief aber ausgezeichnet für ihn. Den Hohepriester war er ein für alle Mal los. Selbst Ramses konnte ihn jetzt nicht mehr retten, wollte er nicht gegen die Maat verstoßen. Auf Vergewaltigung stand die Todesstrafe. Allein für den Versuch musste mindestens lebenslange Strafarbeit verhängt werden. Vergnügt rieb sich Sethi die Hände. Bald schon würde ihm dieser Amunhotep nicht mehr im Wege stehen, und er hätte Meritusir für sich allein.
    Eine Eigenheit von Gerüchten ist es, sich schnell und vor allem immer aufgebauschter zu verbreiten, und so kursierte schon wenige Tage später in Abydos die Nachricht, dass der Erste Prophet des Großen Gottes Osiris die Prinzessin Bintanat am helllichten Tage in ihren Gemächern überfallen und mehrmals brutal vergewaltigt habe.
    Die Priesterschaft war wie gelähmt, als ihr das zu Ohren kam, und wollte selbigen nicht trauen. Meritusir erfuhr auf der Baustelle davon, als sie die verstohlenen Blicke der Handwerker in ihrem Rücken spürte und das Getuschel der Männer vernahm.
    »Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«, erkundigte sie sich beiläufig bei Aristides.
    Verlegen trat der Grieche von einem Fuß auf den anderen und senkte den Kopf. »Seit heute Morgen macht ein Gerücht die Runde ...«, antwortete er vage.
    »Ein Gerücht?« Neugierig hob Meritusir die Augenbrauen und sah Aristides erwartungsvoll an.
    »Ja, Herrin.« Verlegen zwirbelte er sich seinen dunklen Schnauzbart, in dem

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