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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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war.
    »Dahinter kann nur Sethherchepeschef stecken«, mutmaßte er.
    Hatte Sethi seine Nichte aufgehetzt und sie glauben gemacht, dass er Meritusir begehrte? War der Prinz so berechnend gewesen, um vorherzusehen, dass die in ihrem Stolz und ihrer Liebe verletzte Prinzessin ihren Angebeteten dem sicheren Verderben preisgeben würde? Hatte Sethherchepeschef gehofft, dass Meritusir zu ihm kommen würde, wenn er, Amunhotep, aus dem Weg geräumt sei?
    Amunhotep wusste es nicht und war dem Verzweifeln nahe.
    Eigentlich passte eine solche Handlungsweise nicht zu Sethherchepeschef. Der Prinz war stets ein freundlicher Mann gewesen. Hatte ihn die unerwiderte Liebe rachsüchtig und verbittert gemacht?
    Oder hatte Meritusir etwas damit zu tun?
    Seine Gedanken begannen sich zu überschlagen.
    Meritusir hatte ihm erzählt, dass sie einen Mann lieben würde, der davon noch gar nichts wüsste. Hatte sie vielleicht dem Prinzen gesagt, dass es sich bei diesem Mann um ihn handelte, damit Sethi sie in Ruhe ließ?
    Zu gern hätte er sie zur Rede gestellt, aber diese Gelegenheit würde sich ihm sicher nicht mehr bieten.
    Verzweifelt starrte er an die Decke seines winzigen Gefängnisses.
    Anfangs hatte er angenommen, dass dieser Mann Turi sei, mit dem sich Meritusir seit ihrer Ankunft im Tempel ausgezeichnet verstand. Nun aber versuchte er es aus einer anderen Richtung zu betrachten. Hatte sie vielleicht wirklich ihn gemeint?
    Er stand von dem einfachen Lager aus Stroh auf und begann in der winzigen Zelle umherzulaufen.
    Sie waren in den vergangenen knapp drei Jahren fast ständig zusammen gewesen. Er hatte in Meritusir immer nur die verurteilte Leibeigene gesehen, obwohl er zugeben musste, dass er bei ihr die Zügel nicht ganz so straff gehalten hatte wie bei seiner übrigen Dienerschaft. Seitdem er wusste, wer sie war, hatte er sie zwar mit anderen Augen betrachtet, doch das belief sich nur auf ihr Wissen und Können und auf die gemeinsame Zusammenarbeit. Nie hatte er auch nur einen einzigen Gedanken an Liebe oder Zuneigung zu Meritusir vergeudet. Hatte ihn das fleischliche Verlangen gepackt, hatte sich stets eine willige Dienerin gefunden, und seitdem Rerut in seinem Haushalt war, hatte er meist sie auf sein Lager geholt.
    »Warum bin ich eigentlich niemals auf die Idee gekommen, Meritusir zu fragen?«, überlegte er laut, doch er kannte die Antwort darauf. Ihm war ihre Vorgeschichte bekannt und was sie im Haushalt des Kaufmanns hatte durchmachen müssen. Deshalb hatte er sie nie damit konfrontiert.
    »Doch wenn du ehrlich zu dir bist«, sprach er mit sich selbst, »hättest du so manches Mal gerne mit ihr dein Lager geteilt.«
    Ja, das hätte ich, denn Meritusir ist genau die Frau, die ich mir immer gewünscht habe, doch diesen Gedanken habe ich all die Jahre verdrängt.
    Nachdenklich kratzte Amunhotep sich an der Augenbraue.
    Sethherchepeschef setzte die gleichen Maßstäbe bei der Wahl seiner Gemahlin wie er. Meritusir vereinte Intelligenz und Bildung mit Schönheit und etwas Geheimnisvollem, was sie umgab. Nur er selbst schien all die Zeit völlig blind gewesen zu sein, um das zu erkennen.
    Ernüchtert setzte er sich wieder auf den Strohsack und starrte hinauf zum Fenster oben in der Zellenwand.
    Wenn er ehrlich war, hatte es ihn ziemlich getroffen, als er Sethis Interesse an seiner Dienerin bemerkt hatte. Er war auf den Prinzen regelrecht wütend gewesen, weil dieser sich das Recht herausnehmen wollte, Meritusir für sich zu beanspruchen und sie ihm wegzunehmen drohte. Das war überheblich von ihm gewesen, das wurde ihm nun klar. Immerhin war Meritusir zu diesem Zeitpunkt bereits eine freie Frau gewesen.
    »Du bist wirklich ein dummer, dummer Mann!«, schalt er sich und legte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf den Rücken. »Wieso wird dir das alles erst jetzt bewusst, wo es zu spät ist? Musste dir erst eine verliebte Prinzessin die Augen öffnen, um dir anschließend daraus einen Strick zu drehen? Jetzt bist du des Todes oder wirst zu lebenslanger Zwangsarbeit in Pharaos Steinbrüchen oder Kupferminen verurteilen werden!«
    Betrübt vergrub er sein Gesicht in den Händen.
    Wie gern würde er jetzt noch einmal die Gelegenheit haben, mit Meritusir zu sprechen. Er würde sie bitten, ihm den Namen des Mannes zu nennen, den sie liebte, um Gewissheit zu haben. Aber Meritusir war weit weg, und schon bald würde Ramses über ihn richten, denn Bintanat konnte sich unmöglich die Blöße geben und eingestehen, dass sie die

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