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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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zusammenstellen.«
    »Aber das ist doch das Schöne dabei«, protestiere ich.
    »Für dich vielleicht, aber ich bin ziemlich farbenblind«, gesteht er lachend. »Am Ende hätte ich lila Wände.«
    »Und was ist mit all den anderen tollen Sachen?«, frage ich lachend. »Wie am Wochenende sämtliche Flohmärkte abzuklappern, den in Spitalfields oder Portobello zum Beispiel, und Kuriositäten und Schätzchen und Nippkram zusammenzutragen, dem man neues Leben einhauchen kann. Ein abgewetzter Sessel zum Beispiel, den man mit einem schönen alten Stoff bezieht, oder ein ganzes Sofa sogar – oder eine Lampe, für die man einen neuen Schirm bastelt?« Ich bin ganz hingerissen von der Vorstellung und beginne, wild zu gestikulieren.
    »Wie gesagt, für so was habe ich keine Zeit«, meint Seb achselzuckend.
    Woraufhin mich das eindeutige Gefühl beschleicht, dass er meine Begeisterung nicht so recht teilt, und ich komme mir fast ein bisschen dumm vor wegen meines naiven Vorschlags. Es stimmt: Er hat viel zu viel um die Ohren, um am Wochenende auf Flohmärkten auf Schnäppchensuche zu gehen. Er hat eine Wahnsinnskarriere und ist eigentlich immer im Büro. Wobei man schon sagen muss, dass er auch viel Zeit im Fitnessstudio oder beim Sport verbringt. Aber das ist wohl alles eine Frage der Prioritäten.
    »Es ist trotzdem sehr schön«, sage ich etwas lahm.
    »Danke«, erwidert Seb lächelnd, wirft den Schlüssel auf den Tisch und zieht den Mantel aus.
    In der Zwischenzeit schaue ich mich weiter um. Es ist alles noch genau wie früher. Nichts hat sich verändert, und doch hat sich alles verändert. Mein Blick geht zu dem Regal mit den Fotos. Früher stand da eins von uns beiden, aufgenommen bei irgendeiner Party. Ein Anflug von Traurigkeit überkommt mich, und für einen Augenblick spüre ich den Verlust wie einen Stich, eine bittersüße nostalgische Sehnsucht nach unserer gemeinsamen Zeit, die es nun nie gegeben hat. Wie die Sonntagnachmittage, an denen wir zusammen Zeitung gelesen haben. Oder die Dinnerparty letzten Sommer, als wir uns mit Toffee-Wodka betrunken und Karaoke gesungen haben.
    Oder als wir uns getrennt haben , erinnere ich mich streng.
    Und urplötzlich trifft mich die Erinnerung wie ein Faustschlag, und wie aus dem Nichts kommt der alte Schmerz wieder in mir hoch. Ich brauche nur ein paar Wochen zurückzuspulen, und da sitze ich wieder … mein Blick geht zu dem großen grauen Sofa, und ich komme mir vor wie in Sie liebt ihn, sie liebt ihn nicht … ich sitze da und drücke mir ein Kissen an die Brust und versuche nicht zu weinen. Und mir gegenüber im Sessel sitzt Seb und starrt auf seine Turnschuhe, und die Atmosphäre ist angespannt und ganz grässlich.
    »Alles okay?«
    Was mich aus meinen Erinnerungen reißt. Als ich aufschaue, sehe ich, dass Seb mich besorgt anschaut.
    Das ist jetzt alles fort. Ausgemerzt. Für immer ausradiert. Wie ein gelöschtes Band. Und nun nehmen wir es wieder neu auf, nur dass diesmal alles anders wird. Und es tut mir nicht leid, nein, ich bin froh. Die guten Zeiten mögen fort sein, aber die schlechten sind es auch. Als ich das letzte Mal hier war, ging gerade alles zu Ende, und nun stehen wir wieder ganz am Anfang. Einem neuen Anfang.
    »Ja, alles bestens«, entgegne ich lächelnd und ganz entzückt von diesem Gedanken. Ich kann noch immer nicht fassen, dass das wirklich wahr sein soll, dass ich alles noch mal machen darf. Am liebsten möchte ich mich kneifen.
    »Gut.« Seine Miene entspannt sich wieder. »Du hast noch deinen Mantel an, ich hatte schon Angst, du willst wieder gehen …«
    Erst da geht mir auf, dass ich den Mantel noch gar nicht ausgezogen habe. »Oh, entschuldige«, sage ich lachend, mache den Reißverschluss auf und schäle mich rasch aus dem Teil. »Ich brauche immer ein Weilchen, um mich aufzuwärmen.« Und mit dieser Ausrede reiche ich ihm den Mantel.
    »Tja, dann hole ich wohl mal lieber den Wein. Ein schönes Glas Rotwein, dann wird dir im Handumdrehen wieder warm«, sagt er grinsend, nimmt meinen Mantel und hängt ihn an den Ständer in der Ecke, um dann in die offene Küche zu gehen.
    Neben dem Kühlschrank steht ein Weinregal, und ich schaue zu, wie er fachmännisch eine Flasche aussucht und dann einen Korkenzieher und zwei Gläser herausholt und sich zu mir umdreht. Zuerst denke ich, er will etwas sagen, aber er rückt nur etwas näher und küsst mich dann ganz sanft auf die Lippen.
    Das ist das erste Mal, dass er versucht, mich zu küssen, und es

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