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Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
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bewegt von Künstlern in roten Hosen und blau-goldenen Umhängen. Vor jeder Ladentür hing ein grüner Kohlkopf, und der Löwe hielt bei jedem an, tat einen Sprung, um ihn zu packen und zu verschlingen. Dann spuckte er den Kohlkopf wieder aus. Dies alles sollte die Bereitschaft, Wohlstand mit anderen zu teilen, darstellen. Bei jedem Kohlkopf steigerte sich das Getrommel zur Raserei. Danach setzte der Löwe seine wellenartige Vorwärtsbewegung wieder fort. Nicolas war entzückt von allem – der überwältigenden Menge roter Luftballons, dem metallischen Klingeln der Zimbeln – und hätte am liebsten den Löwen gestreichelt, aber bei der dichten Menschenmenge war daran überhaupt nicht zu denken. Alles bewegte sich viel zu schnell. Es schien, als hätten sich ganz London und sämtliche Touristen dieser Welt hier in dieser engen Straße versammelt. Zu allem Überfluss machten Knallfrösche auch noch einen unglaublichen Lärm. Nicolas fuhr immer wieder erschrocken zusammen, und obwohl er bestritt, sich zu fürchten, fand Chloe, dass es nun an der Zeit für eine kleine Erholungspause war.
    Â»Lass uns in diese Gasse dort gehen«, schrie Chloe ihrem Sohn ins Ohr, um sich über den Lärm der Trommeln und Zimbeln hinweg verständlich zu machen. »Mal sehen, was dort los ist, ja?«
    Sie nahm Nicolas fest bei der Hand und versuchte, sich seitwärts aus der vorwärtsdrängenden Menge herauszuarbeiten. Aber das war gar nicht so einfach. Außerdem begann es nun, noch stärker zu regnen. Sie überlegte, ob sie versuchen sollte, in einer anderen Richtung voranzukommen, da fühlte sie eine Hand auf ihrer Schulter und blickte sich um.
    Â»Hallo«, sagte der Macchiato-Mann, auf dessen Schultern Katie saß. Beide trugen Regenmäntel und Hüte.
    Â»Ach, hallo«, erwiderte Chloe. Er war der Letzte, dem sie begegnen wollte. Pech. »Ist das nicht toll hier?«, rief sie und zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Wir müssen weiter, tut mir leid«, fuhr sie fort, ohne dem Macchiato-Mann Gelegenheit zu einer Antwort zu geben. »Viel Spaß! Tschüs, Katie.« Chloe wandte ihm entschlossen den Rücken zu und machte einen weiteren Versuch, sich mit Nicolas zu der Seitengasse durchzudrängen. Da schwenkte der tanzende Löwe plötzlich unter begeisternden Wellenbewegungen herum und auf ein Restaurant gegenüber zu. Die Menge folgte dieser Bewegung und wirbelte Chloe und den Macchiato-Mann in ihrem Sog herum, so dass Chloe, anstatt sich von ihm zu entfernen, plötzlich heftig gegen seine Brust geworfen wurde. Ihre Blicke trafen sich, und Chloe konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht recht deuten, noch hätte sie in diesem Augenblick in Worte fassen können, was sie empfand.
    Â»Entschuldigung«, murmelte sie, da ihr nichts Besseres einfiel.
    Der Regen verdoppelte seine Wucht, und sie verstand seine Antwort nicht. Dann stemmte sie sich gegen ihn und versuchte verzweifelt, sich von ihm zu lösen, doch es gelang ihr nicht. Sie hörte ihn rufen: »Katie, halt dich gut fest!« Dann geschah alles in einer einzigen, eleganten Bewegung. Charlie ging leicht in die Hocke, um Nicolas auf den Arm zu nehmen, schlang den anderen Arm fest um Chloes Schultern und schob sich mit ihnen durch die Menge wie ein alles überrollender, vierköpfiger Panzer. Chloe musste wider Willen lächeln. Dann verblasste ihr Lächeln. »He!«, protestierte sie. »Ich wollte in die Straße da hinten! Jetzt haben wir sie verpasst!«
    Â»Ich weiß«, erwiderte Charlie ruhig, als sie eine andere, kleinere Gasse erreichten. »Aber hier ist das Restaurant, das ich im Auge hatte.« Sie standen vor einem pagodenroten Restaurant mit großem Erkerfenster, durch das man eine dichte Reihe von Pekingenten an einem Gestell hängen sah. Es regnete noch immer heftig, aber die Markise des Restaurants schützte sie jetzt, und in dieser Gasse war es schon bedeutend leiser. Chloe löste sich von Charlie und streckte die Arme aus, um Nicolas entgegenzunehmen, der sich wie ein in eine nasse Decke gewickeltes Hündchen anfühlte. Mit Katie noch immer auf seinen Schultern spähte Charlie durch das Fenster und schien zufrieden. »Ich sehe einen freien Tisch«, verkündete er und stieß die Tür auf. »Gehen wir hinein.« Ein warmer Schwall köstlicher Essensdüfte drang Chloe in die Nase.
    Â»Hören

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