Der Wunschzettelzauber
entschlossen war, auf der Hut zu sein. Charlie fragte sie, wie lange sie schon im Bon Vivant arbeite, und Chloe, die sich unter der Wirkung des besten Dim Sum, das sie je gegessen hatte, ein wenig entspannte, erzählte ihm, dass sie früher in der Modebranche gearbeitet habe, zusammen mit Sally. Nach kurzem Zögern entschied sie zu übergehen, was darauf gefolgt war â Paris und Antoine. Sie erwähnte nur am Rande, dass sie einige Jahre in Frankreich gelebt habe, und sprach dann sofort von ihrer Rückkehr nach London, und wie sie das Bon Vivant entdeckt und Bruno kennengelernt hatte.
»Er scheint ein wirklich netter Kerl zu sein«, meinte Charlie.
»Oh ja, er ist wunderbar. Und für Nicolas ist es einfach genial. So kann er mit jemandem Französisch sprechen. Ich wüsste nicht, was ich ohne Bruno täte.«
Charlies Blick ruhte auf ihrem Gesicht, dann sagte er kurz: »Das ist schön.«
»Und Sie?«, erkundigte sich Chloe. »Was tun Sie?« Ihre Theorie, lediglich auf seinen verwegenen Kleidungsstil und auf die Tatsache gestützt, dass er tagsüber viel Zeit hatte, lautete dahingehend, dass er ein freier Journalist oder so etwas war.
»Ich bin Maler.«
»Wirklich?«, wunderte sich Chloe. »Ich nehme an, Sie sprechen von Bildern, nicht von Hauswänden.«
»Richtig. Obwohl ich in meiner freien Zeit auch die eine oder andere Wand gestrichen habe. Sogar die hinterlistigen Decken.«
»Und malen Sie Porträts? Irgendetwas in der Art?«
»Nein, nein«, entgegnete Charlie bestimmt. »Nur abstraktes Zeug.«
»Ach«, machte Chloe und kam sich etwas dumm vor, weil sie Porträts mochte. »Und wo arbeiten Sie?«
»Zu Hause«, antwortete Charlie und sah Katie an. »Ich habe Âeines dieser Wohnateliers in den umgebauten ehemaligen Stallungen hinter der U-Bahn-Station.«
Und genau da war Giles Zeuge dessen geworden, wie die Samba-Königin spät in der Nacht in ein Taxi verfrachtet worden war. Also ein Wohn-, Arbeits- und Orgienschuppen.
»Geht das denn, zu Hause arbeiten, mit Katie? Wie kriegen Sie das denn hin?« Vor allem mit all Ihren Eroberungen ?, setzte Chloe in Gedanken fort.
»Ach, das klappt ganz gut. Ich arbeite an drei Tagen in der Woche, wenn sie im Kindergarten ist, und hin und wieder auch abends.«
Chloe ärgerte sich über sich selbst, dass sie gern mehr erfahren wollte. Sie war vor allem neugierig, was seine Exfrau betraf. Aber Âbevor sie sich eine unverfängliche Annäherung an dieses Thema Âausdenken konnte, änderte Katie die Gesprächsrichtung, indem sie Nicolas fragte, wo denn sein Vater sei.
»Katie«, rief Charlie mahnend.
»Nein, nein, ist schon gut«, beruhigte Chloe. »Wir können darüber sprechen.«
»Mein Daddy ist tot«, erklärte Nicolas. »Er ist da oben über den Wolken. Im Himmel.«
Katie überlegte sich das mit schief gelegtem Kopf und gerümpfter Nase. »Na ja«, meinte sie dann, »vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Einen verrückten Augenblick lang fragte Chloe sich, ob Katie vielleicht die Hölle vorschlagen wollte. War das vielleicht die Wahrheit über den Macchiato-Mann? Er trug sehr viel Schwarz. War er etwa ein Satansanhänger, der seinen Nachwuchs zu einer Teufelsanbeterin erzog?
»Mein Daddy sagt«, verkündete Katie und bemerkte nicht, mit welch warnendem Blick ihr Vater sie jetzt anstarrte, »wenn du tot bist, dann wachsen aus dir Blumen und Bäume.«
»Ich sagte, dass manche Menschen das glauben«, berichtigte Charlie.
Katie blickte Nicolas an. »Also ist dein Daddy vielleicht in der Erde und macht einen Blumengarten.«
»Das reicht jetzt, Katie«, mahnte Charlie. »Lass uns von etwas anderem sprechen.«
»Ist schon gut«, sagte Chloe schnell und fragte sich, ob sie nicht selbst einschreiten sollte. Nicolas starrte vor sich hin, in seinem Gesichtchen arbeitete es. Chloe konnte sich vorstellen, was er vor seinem geistigen Auge sah. Man hatte ihm inzwischen das Grab seines Vaters in Petit Mulot gezeigt. Und nun dachte er wahrscheinlich über Antoines Garten nach, der nach dessen Tod auf dem Grab wuchs. »Die Wahrheit ist«, erklärte sie, »dass niemand wirklich weiÃ, was nach dem Tod passiert. Aber viele Menschen glauben an den Himmel. Wie deine Mummy zum Beispiel.«
»Es tut mir leid«, wandte Charlie sich an Chloe. »Ich weiÃ
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