Der Wunschzettelzauber
verspäteter Gast â Guillaume Sablé. Ein Augenblick des staunenden Wiedererkennens, denn hier kam der UNKDNINEW von Montbard. Aber was noch viel, viel wichtiger war: Guillaume hätte mit seinem unerwarteten Erscheinen kurz nach Weihnachten tatsächlich Nicolasâ Wunsch nach einem Daddy perfekt erfüllt. Du meine Güte, wenn man es recht bedachte, deuteten die Zeichen wirklich stark in seine Richtung. Nun ja, nichts davon war wirklich geschehen, aber trotzdem.
»Du siehst also, das hat uns nicht daran gehindert, am Ende doch noch zueinanderzufinden«, fuhr Guillaume ganz ruhig fort. »Wir haben uns stattdessen auf Camilles und Pierres Hochzeit kennengelernt.«
»Ja.«
Sie hatten sich in der stimmungsvollen Atmosphäre einer romantischen Hochzeitsfeier wiedererkannt. Es schien Schicksal zu sein. Nun ja, vielleicht nicht so ganz, da diese Begegnung am Tisch für Singles von Guillaume arrangiert worden war, indem er die »Platzherzen« austauschte, aber die Geste selbst war ja romantisch genug, oder etwa nicht?
»Guillaume â¦Â«, begann Chloe.
»Ich muss wieder los. Die anderen warten schon auf mich. Keine Sorge, wir werden uns schon bald sehen.«
29
Der tanzende Löwe
Als Nicolas am nächsten Morgen in die Küche hinunterkam, bereitete Chloe das übliche Samstagsfrühstück zu, das in den Fällen, in denen es keinen Mummys-und-Kiddys-Brunch bei einer der Freundinnen gab, Pfannkuchen bedeutete, und manchmal auch French Toast. Heute war Letzteres an der Reihe, sogar mit brioche (um es besonders französisch zu machen).
»Wann kommt Guillaume denn?«, erkundigte sich Nicolas und tauchte seinen Zeigefinger in den Klecks Ahornsirup auf seinem Teller.
»Tja, er kommt jetzt doch nicht. Nicht dieses Wochenende.«
»Warum?«
»Er muss auf dem Acker rackern«, antwortete Chloe, und das schlichte, rustikale Bild, das sie beschwor, gefiel ihr. »Rackern ist ein anderes Wort für arbeiten.«
»Ist Guillaume ein Farmer?«, fragte Nicolas.
»Eine Art Farmer, ja.« Un gentleman farmer , hatte Rosine ihn genannt.
»So wie der alte McDonald?«
»Nicht ganz. Ich habe keine Kühe oder Schweine oder Hühner gesehen, als ich dort war. Aber ich glaube, sie haben vielleicht einen Hund oder zwei. Hunde, ja, auf jeden Fall«, beteuerte sie, um ihren Zuhörer nicht zu langweilen. »Und auch ein paar Pferde.«
Nicolas kniff die Augen zusammen, als wollte er andeuten, dass ihn das nicht beeindruckte. »Hat er einen Traktor?«
Guillaume musste einen Traktor haben. Sicherlich. »Ich bin ziemlich sicher, dass er einen hat«, meinte Chloe.
»Darf ich da mitfahren?«
»Na klar â wenn wir das nächste Mal nach Frankreich fahren. Aber heute«, fuhr Chloe fort und lächelte geheimnisvoll, »dachte ich, wir ziehen uns an, und dann gehen wir woanders hin.«
»Wohin denn?«
»Nach China«, erwiderte Chloe ohne besondere Betonung.
»Oooooh!« Nicolas lieà sein Frühstück im Stich und kletterte auf den Schoà seiner Mutter. Er wusste ein paar Dinge über China, aber eigentlich nur von seinen Besuchen bei den Pandas im Zoo und aus den Kung-Fu-Panda -Filmen. Doch auf jeden Fall wusste er, dass China weit weg war â noch viel weiter als das Ferienhaus seiner GroÃeltern in Cornwall, und das war für seine Begriffe schon sehr weit. »Fliegen wir mit einem Flugzeug?«, fragte er und spielte mit ihrem Haar. »Oder fahren wir mit einem Schiff?«
»Weder ⦠noch. Wir fahren mit dem Fahrrad.«
»Warum?«
»Weil viele Leute in China mit dem Fahrrad fahren«, erwiderte Chloe bestimmt, ohne sich in technischen Details zu ergehen. »Na komm, ziehen wir uns an.«
Das geschah in null Komma nichts, denn Nicolas wollte so rasch wie möglich fortkommen.
»Hast du alles, was du brauchst?«, erkundigte sich Chloe, während sie ihm seinen Radfahrerhelm festschnallte.
Nicolas schob die Hände in seine Jackentaschen und zog eine gelbe Transformer-Actionfigur und eine lustig aussehende bunte Spinne hervor, die aus verschiedenfarbigen Pfeifenreinigern gebastelt war. Er begutachtete diese beiden Dinge einen Augenblick, schob sie wieder in seine Taschen zurück und erklärte entschieden: »Ja.«
»Super, dass du Bumblebee und Mister Langbein dabeihast«, meinte Chloe. »Aber China ist ein anderes Land, und wir müssen
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