Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
Vom Netzwerk:
mit einem Donnerschlag in die Ladentisch-Vitrine stürzte. Das Glas splitterte. Die Leute schrien auf und wichen zurück. Vielleicht hielten sie ihn für betrunken, doch danach sah er gar nicht aus. Er war eine gepflegte Erscheinung, jung und gutaussehend. »Ich kenne ihn!«, hatte Natalie gerufen und sich zu ihm durchgedrängt. »Oh Gott, das ist Dr. Regard«, rief die Bäckerin erschrocken. Und während sich mehrere Leute zu Antoine hinabbeugten und versuchten, ihn anzusprechen, rief die Bäckerin den Notarzt, weil sie ein ungutes Gefühl hatte. Als sie mit Antoine im Krankenhaus ankamen, war er schon tot. Wahrscheinlich war er schon im Laden gestorben, wie ein Baum gefällt von einem völlig überraschenden, massiven Blutsturz in seinem Kopf.

10
    Spielplatz-Society
    Zurück zur Gegenwart an einem gewöhnlichen, feuchtkalten Sonntag im Winter auf dem Spielplatz. Es war Dezember geworden, und der Nachmittag würde nicht lange dauern. Die Sonne würde bald verschwunden sein.
    Nicolas, Tallulah, Triinu, Bertie und Hattie rasten auf ihren Rollern in Wettkampfformation um den Spielplatz herum und sahen aus wie eine lustige Miniaturversion von Easy Rider . Offensichtlich hielt die Bewegung sie warm: Ihre Pausbacken glühten rot.
    Chloe saß mit ihren Freundinnen an einem der Picknicktische. Sie fühlte die feuchte Kälte bis in ihre Knochen, obwohl sie mehrere Schichten übereinandertrug und sich eine Wolldecke untergelegt hatte, um keinen kalten Hintern zu bekommen. Es regnete zwar nicht, aber sie fühlte so viel nebelige Feuchtigkeit in der Luft, dass sie sich auf dem Spielplatz fast wie unter Wasser vorkam. Ob es je wieder Sommer werden würde? Kaum vorstellbar.
    Kaja, die eine weiße Daunenjacke und eine reizende Pudelmütze trug und wie immer so aussah wie eine von »Drei Engel für Charlie« auf geheimer Mission, nahm die Kälte philosophisch heiter. Auch sie liebte die Sonne wie jeder, aber sie war von Estland her gewöhnt, dass Sommer nichts anderes bedeutete als ein paar Wochen schlechtes Skiwetter. Sally umkreiste den Spielplatz langsam, den Kinderwagen mit einem schlafenden Max darin vor sich herschiebend. Ihre Strategie, mit dem Winter im Park fertigzuwerden, bestand aus zwei Maßnahmen: Sie trug ihre riesige Prada-Sonnenbrille und roten Lippenstift wie immer, und sie schmuggelte in einer Thermosflasche würzigen Glühwein ein. Megan, die einen Yeti-artigen orange­roten Mantel, eine Inkamütze sowie fingerlose Handschuhe trug, strickte eifrig vor sich hin.
    Â»Jacke?«, erkundigte sich Chloe.
    Â»Jep«, erwiderte Megan und hielt ihr Werk zur Begutachtung in die Höhe. Es sah nett aus, mit einem ungewöhnlichen geometrischen Muster – kleine Dreiecke in verschiedenen Tönungen von Blau, Grau und Creme. »Für Bertie. Hattie hat schon so eine, aber in Pink und Grün.«
    Â»Die ist wunderschön, Megan«, meinte Chloe bewundernd. »So ein hübsches Muster! Woher hast du das?«
    Â»Ach, das hab ich mir ausgedacht«, antwortete Megan, und ihre Nadeln klapperten, während der Faden um ihre heute schwarz lackierten Fingernägel geführt wurde.
    Chloe hob die Augenbrauen. »Wirklich? Na so was. Du hast echtes Talent.«
    Â»Ach was, nicht wirklich«, entgegnete Megan und wischte das Kompliment beiseite, wie sie es immer tat. »Ich find’s einfach beruhigend, das ist alles.«
    Megan wirkte angespannt, fand Chloe, die das Gesicht ihrer Freundin genauer betrachtete. Die Haut um ihre Augen schimmerte bläulich. Die Zwillinge waren jetzt fast drei Jahre alt, und sie gingen an vier Tagen der Woche in den Kindergarten, aber ihr kleiner Bruder George war ein anstrengendes Baby. Im Augenblick schlief er, in einem Tuch auf den Rücken seiner Mutter gebunden, hatte aber bis vor wenigen Minuten ständig gequengelt. Chloe hatte Megan gefragt, ob sie vorhabe, sobald George etwas größer war, wieder arbeiten zu gehen, doch Megan schien unentschlossen. Es gefalle ihr zu Hause, meinte sie. Auf alle Fälle schien es vernünftiger, falls im Kindergarten etwas passierte und sie schnell hinfahren musste.
    Obwohl Megan es nicht erwähnte, war ein weiterer Grund der, dass Theo häufig spontan Gäste einlud und ohne viele Worte von ihr erwartete, dass sie auch in letzter Minute alles zu seiner Zufriedenheit dafür vorbereitete. Das konnte sie eigentlich nur, wenn sie nicht außer

Weitere Kostenlose Bücher