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Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
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winzigen Hauch von Ironie erklärt, dass er »ein Traumleben« führe.
    Chloe hatte Giles bei einer Musikgruppe für Babys in dem Bücherladen um die Ecke kennengelernt. Sie hatte sich sofort zu ihm hingezogen gefühlt, weil er um so vieles entspannter wirkte als alle anderen im Raum – all die Mütter, die zu Tode erschöpft aussahen, was sie vermutlich auch waren. Giles hingegen wirkte mit seinen strahlenden blauen Augen und seinem herzlichen Lächeln, das sehr weiße Zähne enthüllte, unglaublich lebendig und unverwüstlich. Während sich von den anderen Erwachsenen kaum jemand dazu mitreißen ließ, in die Lieder mit einzustimmen, sang er jedes einzelne mit einer schönen, kräftigen Baritonstimme laut mit und schien tatsächlich Freude daran zu haben.
    Als sie sich bei den nächsten Musikgruppen-Treffen näher kennenlernten, entdeckte Chloe außerdem, dass Giles ein wandelndes Auskunftsbüro über die gesamte Nachbarschaft war. Er wusste alles über die nächstgelegenen Schulen und Geschäfte, wo welcher Laden den Eigentümer wechselte, wo ein neuer Supermarkt entstehen sollte, welche Gaststätte ihre Speisekarte mit Polenta und Paella für gehobene Ansprüche aufgewertet hatte. Und er schien auch über die meisten Menschen im Wohnviertel genau Bescheid zu wissen: Wer mit wem verheiratet gewesen war, wer mit wem verwandt war, wer sich von wem getrennt hatte. Unter seiner Ägide hatte Chloe sich über ihre alte Heimat, mit der sie seit Jahren nicht mehr in Tuchfühlung gewesen war, auf den neuesten Stand gebracht.
    Auf der anderen Seite hatte Giles’ Leben auch etwas Frivoles, Hemmungsloses: all die Luxusurlaube und die wahnsinnig teure Einrichtung ihres Hauses mit kostbaren Hölzern, handgewobenen Teppichen und Kunstgegenständen aller Art. Chloe bewunderte das alles und empfand hin und wieder sogar ein wenig Neid.
    Susanna hatte Glück, dass ihr Mann sich als ein solch begeisterter Vater erwies … Nicolas’ Wunsch nach einem Vater … Chloe seufzte müde. Seit sie wieder in London lebte, und vor allem seit sie im Bon Vivant arbeitete, hatten immer wieder Männer Interesse an ihr bekundet. Aber sie trug ihren Ehering nicht nur als Ausdruck ihrer Gefühle für Antoine, sondern auch, um sich diese Männer vom Leib zu halten. Im Grunde konnte man sie in zwei Kategorien einteilen: erstens diejenigen, die auf Rothaarige standen, und die ihr nachgelaufen waren, seit sie ein Teenager war. Man lernte rasch, sie zu erkennen. Sie starrten einem mit diesem gierigen Blick eines Fanatikers auf das Haar, baten sogar manchmal darum, es anfassen zu dürfen (herrje!), und wollten wissen, ob man ein »typischer Rotkopf« wäre (was bedeutete: leidenschaftlich im Bett; eine, die kratzt und beißt). Und zweitens die Leichenfledderer: Männer, die fühlten, dass sie innerlich verwundbar und traurig war, und sich wegen dieses Hauchs von Tragödie für sie interessierten. Mit der Zeit war Chloe Meisterin darin geworden, abweisend dreinzublicken, und zumindest bei der Arbeit bot ihr der Ladentisch Schutz.
    Natürlich gab es auch Ausnahmen: Männer, die wirklich nett und ehrlich an ihr interessiert waren; Männer, die ihr sogar ganz gut gefallen mochten. Aber sie war nicht bereit für so etwas. Sogar die höflichste Bewunderung erschien ihr aufdringlich. Dann hatte meistens eine beiläufige Geste mit ihrer beringten Hand genügt, um sie zu verscheuchen.
    Antoine , dachte sie mit klopfendem Herzen.
    Sie nahm einen Schluck von Sallys Glühwein, rollte ihn im Mund herum. Die würzige Wärme breitete sich in ihrem Körper aus, und sie fühlte sich besser.
    Antoine würde nicht erwarten, dass sie für den Rest ihres Lebens alleine blieb. Er würde Nicolas’ Wunsch gutheißen. Natürlich. Und überhaupt, dachte Chloe mit einem Lächeln, als sie sich Antoine vorstellte, wie er die Treppe des Wohnhauses in Paris hinunterrannte, so wie er es jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit getan hatte, würde er eher fragen, was sie nur so verdammt lange aufhielt; er, der nie herumgetrödelt hatte, der nie eine Minute seiner Zeit verschwenden wollte. Sie aber war noch nicht bereit, noch lange nicht.

11
    Das Saumur-Champigny-Malheur
    Philip und Sally hatten sich in der Zeit kennengelernt, als Chloe in Paris lebte. In einer Weinhandlung waren sie buchstäblich aufeinandergestoßen.

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