Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
Vom Netzwerk:
Tofuwürstchen aßen, einsam und allein, und wahrscheinlich im Schutz der Dunkelheit …
    Plötzlich entdeckte Chloe ihn – den Macchiato-Mann, alias das Spielplatz-Raubtier, mit seiner kleinen Tochter Katie, die im Einkaufswagen saß. Chloe stoppte abrupt und warf einen verstohlenen Blick in seine Richtung. Da war er und kaufte ein Huhn. Wenn man ihn so sah, wie er sich ganz wie ein normaler Papa verhielt, würde man es nicht glauben, dass er systematisch Jagd auf alle Mütter und Kindermädchen in der Umgebung machte.
    Bei näherem Hinsehen stellte sich allerdings die Frage: War er hinter Lebensmitteln oder hinter Frauen her? Im Supermarkt waren immer einige Mütter mit Kindern anzutreffen – und damit war dies hier wahrscheinlich einer seiner Jagdgründe.
    Aber was tat er denn eigentlich genau, fragte Chloe sich. Versuchte er wirklich, all diese Frauen ins Bett zu kriegen? Und gelang es ihm? Sie überlegte, ob Giles mehr darüber wusste und ob sie ihn danach fragen konnte, ohne allzu interessiert zu wirken. Es interessierte sie ja auch gar nicht. Es war ihr eigentlich völlig egal. Schließlich hatte sie ja gar nichts damit zu tun, oder? Außer natürlich wenn der Macchiato-Mann sie ins Visier nehmen würde.
    Jedenfalls hätte Chloe auf eine direkte Frage hin rundweg abgestritten, dass sie seit Giles’ Enthüllungen auch nur einen Augenblick an den Macchiato-Mann gedacht hätte. Oder dass sie besonders Ausschau nach ihm gehalten hätte. Überhaupt nicht. Ihre Wege kreuzten sich einfach so, ohne ihre Schuld – wie jetzt zum Beispiel.
    Sie hatte festgestellt, dass der Macchiato-Mann gewöhnlich mittwochs und freitags nach dem Kindergarten mit Katie ins Bon Vivant kam. Katie spielte dann mit Nicolas und mit allen Kindern, die dort waren. Bei diesen Gelegenheiten beschränkte sich Chloe, die wusste, was sie wusste, darauf, Katies Dad über den Tresen hinweg mit kalter Höflichkeit zu grüßen. Desgleichen auf dem Spielplatz im Park, wo sie ihn manchmal an den Wochenenden erblickte. Megan, Kaja und Sally waren ebenfalls auf der Hut, obwohl sie ihn häufiger trafen als Chloe und sogar gelegentlich ein paar Worte mit ihm wechselten.
    Nun ja, dieser Mensch, den sie insgeheim manchmal – ironisch – den Großen Verführer nannte, hatte tatsächlich ihr Interesse erregt, aber nur weil sie sich für alles, was im Viertel vor sich ging, interessierte, das war alles. Sie behielt ihn also im Auge, und was sie beobachtete, passte zu dem, was Giles ihnen anvertraut hatte. Immer wieder entdeckte sie (mit hämischer Freude) seine dunkle Gestalt zwischen den farbenfroh gekleideten Müttern und Kindermädchen, ins Gespräch vertieft. Er schien nicht ohne weibliche Gesellschaft sein zu können.
    Heute im Supermarkt warf sie verstohlen einen weiteren Blick auf ihn. Er war ziemlich groß und ganz in Schwarz gekleidet – abgetragene Samtjacke, Jeans, Stiefel. Ziemlich heiß , dachte Chloe und musste darüber lächeln. Das Komische war, dass alles, was Giles ihr erzählt hatte, dem Macchiato-Mann einen eigenartigen Reiz verlieh – nicht dass sie ihn reizvoll fand, natürlich nicht, aber er strahlte jedenfalls eine gewisse sexuelle Selbstsicherheit aus, die leicht beunruhigend war. Hüte dich vor dem Großen Verführer, der sich ein Hühnchen aussucht, um es gar zu kochen.
    Tja, sagte Chloe sich überlegen, während sie ihre Einkäufe um Nicolas’ Füße herum stapelte, sie war in der Lage zu erkennen, was hier gespielt wurde. Der Macchiato-Mann war die britische Version eines Typus Mann, der einem auf französischen Straßen überall begegnete: der dragueur . Ein dragueur war ein Kerl, der einen auf der Straße einfach ansprach und nicht lockerließ, bis man einwilligte, einen Kaffee mit ihm zu trinken, oder ihm seine Telefonnummer gab. Ein dragueur glaubte, dass Frauen, die nur ihre Besorgungen machten, eigentlich von ihm bewundert, unterhalten und verführt werden wollten. Ein dragueur war ein unverbesserlicher Optimist und schreckte vor nichts zurück. Oh ja, sie hatte den Macchiato-Mann durchschaut. Sie warf ihm einen wissenden Blick zu und lächelte spöttisch.
    Verdammt.
    Verdammt und zugenäht – er hatte sie bemerkt! Er sah sie direkt an.
    Chloe wirbelte herum und fand sich vor einem Sortiment an geräuchertem Fisch wieder. Sie tat, als

Weitere Kostenlose Bücher