Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
Vom Netzwerk:
konnte. Chloe hatte außerdem ein paar Bemerkungen fallen gelassen, dass dieser Wunsch auch sie selbst betraf und dass sie, und nicht nur der Weihnachtsmann, dabei ein Wörtchen mitzureden hätte.
    Und nun wandte Nicolas den klaren Blick seiner haselnussbraunen Augen seiner Mutter zu und erklärte: »Ein Daddy ist ein ganz, ganz, ganz großes Geschenk, oder, Mummy?«
    Â»Ã„h … oui, mon chéri «, erwiderte Chloe, und ihr Puls beschleunigte sich.
    Â»Eigentlich ein kompliziertes Geschenk«, fuhr Nicolas mit verwirrender Gründlichkeit fort. Oder vielleicht hatte er auch nur ein neues Wort gelernt. Sie war jedenfalls beeindruckt.
    Â»Ja, kompliziert«, stimmte sie zu. »Weil es etwas ist, was wir erst suchen müssen.«
    Â»Wie bei einer Schatzsuche?«, fragte Nicolas, während er einen Stift nahm und begann, George Pigs Weltraumhelm mit mehr Energie als Exaktheit bunt auszumalen.
    Â»Genau so.«
    Â»Dann ist es ja gut, Mummy«, meinte Nicolas. »Du bist gut im Schatzsuchen.«
    Dann bat er sie um etwas zu trinken, und sie wühlte in ihrer Tasche nach einer Flasche Saft. Sie empfand Erleichterung, zugleich aber auch große Angst.

16
    Sturm im Einkaufswagen
    Nach einem Besuch im Burgund dauerte es immer mehrere Tage, bis Chloe von ihren frankophilen Höhenflügen wieder auf den Londoner Boden der Tatsachen zurückfand. Sie vermisste es, die Fensterläden ihres Schlafzimmers in Petit Mulot zu öffnen und über die weite Landschaft zu blicken, die sich hinter der Gartenmauer der Regards erstreckte. Sie vermisste ihre tägliche Morgentour zur Bäckerei in Jeannettes altem, zerbeultem Citroën. Sie vermisste es, ­Rosine morgens ihr stets gleiches Frühstück – zwei dicke madeleines und eine Tasse Verbenentee – auf einem kleinen Tablett hinauf ans Bett zu bringen und sich zu einem Schwatz niederzulassen. Sie vermisste das einfache Vergnügen zu beobachten, wie selbstverständlich Nicolas sich in seine französische Umgebung einfügte, als gehörte er in das Land seines Vaters. In den Wochen nach einem Besuch in Petit Mulot sprach Nicolas viel häufiger Französisch, so dass das wunderbare Gefühl, in Frankreich zu sein, in Chloe umso länger anhielt.
    Gedankenverloren schob Chloe im Supermarkt ihren Einkaufswagen an den Regalen entlang. Nicolas saß darin und spielte Piratenkapitän. Er stieß wild knurrende Kampfschreie aus und machte mit einem Fantasieschwert Ausfälle gegen Werbeschilder und andere Kunden. Chloe wünschte sich währenddessen, zu den Frauen zu gehören, die ihre Einkaufsliste in der Hand hielten und nicht auf dem Küchentisch liegen gelassen hatten. Es würde ihr viel Zeit ersparen, wenn sie nicht kreuz und quer durch den ganzen Laden irren müsste, nur weil ihr erst in der Tiefkühlabteilung einfiel, dass sie auch noch Blaubeeren für Nicolas’ Wochenend-Pfannkuchen brauchte. Statt der Einkaufliste enthielt ihre Handtasche unter anderem hart gewordene Klumpen Knetmasse, die unlösbar an ihrem Wimperntuschstift klebten, ein Paar Glotzaugen, die noch von einer Monster-Bastelstunde übrig geblieben waren, und ein einsames Bonbon (Orangengeschmack).
    Aber es war alles nicht so schlimm, solange sie nicht aus Versehen noch mehr überflüssiges Zeug kaufte (drei riesige Ketchupflaschen standen bereits oben auf dem Kühlschrank). Und solange sie die Klopapierrollen nicht vergaß. Das war besonders wichtig, da Nicolas vorhatte, später Mumie zu spielen. Chloe wusste aus Erfahrung, wie viel Papier nötig war, um einen Körper komplett von Kopf bis Fuß zu bandagieren, wie es sich gehörte. Zum Glück hatte sie vor dem Supermarkt noch rasch » KLOPAPIER !« auf ihre Hand geschrieben (mit einem grünen Leuchtfarbenstift, den sie in ihrer Handtasche gefunden hatte), und darunter » DEODORANT « und » TAMPONS «.
    Verträumt bewegte Chloe sich am nächsten Regal entlang und fragte sich, wie um alles in der Welt es in Frankreich irgendjemandem gelang, vegetarisch zu leben, da doch die Franzosen so gerne Fleisch und Wurst aßen. André Regard verzehrte jeden Tag sein saucisson , und Jeannette verwendete praktisch für jedes Gericht Schinkenspeckwürfel, um es würziger zu machen. Das rangierte bei ihr noch nicht einmal unter Fleisch. Französische Vegetarier mussten sich wie arme Sünder fühlen, die traurig ihre

Weitere Kostenlose Bücher