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Der Zauber der Casati

Der Zauber der Casati

Titel: Der Zauber der Casati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camille de Peretti
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hatte sie das nur vergessen können? Und wie sollte sie es bewerkstelligen, ohne dieses unentbehrliche Requisit einen Unbekannten zu becircen? Die Casati musste sich doch auf der Höhe ihrer eigenen Legende zeigen. Ohne Reptil war das ganz und gar unmöglich. Luisa weigerte sich, bei dem Rendezvous zu erscheinen. Meine arme Luisa, meine missglückte Femme fatale, meine so wenig selbstsichere Verführerin, dass sie ein stummes Kriechtier brauchte, um sich Mut zu machen. Sie hatte auf dem Schiff viel an Camillo zurückgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass er alles in allem doch gar kein so schlechter Ehemann gewesen war. Es ist eine List des Gedächtnisses, dass es nur die guten Erinnerungen bewahrt, so können wir beim Älterwerden denken, dass wir unser Leben doch nicht ganz verpatzt haben. Seit jenem Ball, an dem sie in ihrem braven blauen Kleid teilgenommen hatte, hatte sich nichts geändert, sie war immer noch genauso schüchtern, nur war ein Python an die Stelle ihres Fächers getreten.
    So leicht gab Luisa sich nicht geschlagen. Das Rendezvous wurde verschoben, und sie rief im Zoo des Central Park an. Dort erklärte man sich bereit, ihr gegen eine exorbitante Summe eine Schlange zu leihen. So kam sie im Restaurant an, hocherhobenen Kopfes, das Reptil um ihren Arm geschlungen. Sie wollte einen glanzvollen Auftritt, sie bekam ihn. Mehr als einem Gast fiel die Gabel aus der Hand. Eine elegante Schönheit stieß einen erstickten Schrei aus und hob instinktiv die Füße vom Boden. Die elektrische Spannung in der Luft war mit Fingern greifbar. Luisa liebte diese furchtsame Stille, dieses Zittern des Silberbestecks. Lag es an dem Kokain, das sie noch im Wagen genommen hatte – sie fühlte sich schweben, riesig. Lucrezia Bori half ihr aus der Silberfuchs-Stola, sie bestellten Cocktails und warteten plaudernd.
    Einige Minuten darauf reichte der schmerbäuchige Milliardär Gehpelz und Hut der Garderobiere. Als er Luisa erblickte mit den schwarzumrandeten Augen, dem Rothaar und der gefährlichen Schlange, nahm er die Beine in die Hand und entwich grußlos. Luisa trank einfach weiter Wodka, das Reptil fest auf der Haut. Sie würde sich lachend dieser Episode erinnern. Sie hatte keinen Mann gesucht, um ihre Einsamkeit zu vertreiben, nicht mal einen zärtlichen Ehemann, sie hatte nie einen Mann gebraucht, sie brauchte nur sein Geld. Im Gegenzug hätte sie ihn unterhalten, großzügig, wie sie war. Na, was soll’s.
    Sie ging wieder aufs Schiff und fuhr zurück nach Paris, wo sie erneut von den Gerichtsvollziehern erwartet wurde. Jedes Mal kleine Summen nur, doch sie konnte es nicht lassen, Schulden zu machen. Da sie nun keinen neuen Ehemann gefunden hatte, waren die Einzigen, die fortan bei ihr anklopfen sollten, Gesetzesvertreter, Notare und Gläubiger. Ich mache mir keine allzu großen Sorgen. Die Marchesa wusste sie zu empfangen. Sie gab die Italienerin, die große Tragödin, schrie schrill auf sie ein und warf mit allem nach ihnen, was ihr in die Finger geriet. Sie hatte immer Geld gehabt, die Angst vor dem Mangel war ihr unbekannt.

D ie Nadel traf präzise. Mit geschickter Hand hinderte sie den Satin daran wegzurutschen, die Finger der anderen hielten die Pailletten fest, eine nach der anderen. Das letzte Kleid, das Luisa genäht hatte, war für ihre Puppe Bella gewesen. Doch traurig war sie nicht. Die Handarbeit beschwor alte Erinnerungen herauf, die sie beinahe rührten. In eine Süße gehüllt, die sie lange nicht mehr empfunden hatte, hörte sie geradezu das Kleid ihrer Mutter rascheln. Die glänzende Spitze der Nadel huschte hin und her. Luisa sah ihre Mutter vor sich, wie sie sich über die Handarbeit ihrer Tochter beugt und sie lobt. Niemand würde sie je wieder Ginetta nennen.

    Bello. Vor dem Fest wollte sie bei Man Ray vorbeigehen, damit er sie im Kostüm der Sissi, Kaiserin von Österreich, fotografierte. Comte und Comtesse de Beaumont hatten zu einem Ball der berühmten Bilder geladen. Dank ihrer Bekanntheit hätte Luisa auch als sie selbst gehen, von der Darstellung zur Zurschaustellung übergehen und sich schmeicheln können, den höchsten Grad des zeitgenössischen Kunstwerks erreicht zu haben. Doch jede Verkleidung bedeutete eine allzu kostbare Freude, als dass sie darauf hätte verzichten wollen. Selbst jetzt, da sie mittellos war, hatte sich seit den Zeiten, in denen sie im pompösen Himmelbett des Hotels Excelsior schlief, nichts geändert. Die Stoffe kreisten unverändert fröhlich vor ihren

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