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Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman

Titel: Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Cossé
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Abenteurerleben Anlass, das er führte, bevor er sich an die Schalthebel von Der gute Roman setzte […]«
    Francesca las hastig weiter. Am liebsten hätte sie die Zeitschrift weggeworfen und niemals wieder hineingesehen. Aber sie musste wissen, worum es ging, worauf die Schläge zielten und wie sie ausgeführt wurden. Sie las nur jeden zweiten Satz, aber die Argumentation war durchsichtig genug. Es gab drei Anklagepunkte, die in drei Absätzen ausgeführt wurden: »Von den Kindern getrennter Volksschullehrer«, »Buchhändler und Einbrecher«, »Gefängnisinsasse«.
    Die Journalisten hatten Schülereltern auftreiben können, die sich nach fünfundzwanzig Jahren an Probleme erinnerten, die Monsieur Georg mit seinen Vorgesetzten gehabt hatte. Lange habe es nicht gedauert, sagten sie: »Ziemlich bald war er von der Bildfläche verschwunden.« Ob es Klagen gegeben habe? »Damals war das noch nicht so üblich wie heutzutage.« – »Aber das Unterrichtsministerium wird schon gewusst haben, was es tat.«
    Derlei Zitate, immer vorsichtig infrage gestellt: »Es wurde gesagt … Es liegt nahe anzunehmen …« Diese Schweinehunde! Francesca raste vor Zorn. Diese Feiglinge! Sie schützen sich vor jeder strafrechtlichen Verfolgung. Sie haben den Text von einem Anwalt abklopfen lassen.
    In dem Absatz über die Jahre, in denen Van als Buchhändler von Stadt zu Stadt getingelt war, erkannte Francesca das wieder, was Van ihr erzählt hatte. Aber die Geschichte klang anders. Seltsame Geschichte, nicht wahr, dieser kleine Angestellte, der in jeder Stadt nur ein paar Monate blieb … Ein Handlanger, vielleicht für ganz andere Sachen? Kleine Geschäftsleute hatten ihre Bestände verkaufen müssen, die sich gleich danach als sehr lukrativ erwiesen … Und zum guten Schluss – Francescas Augen flogen über den Text – der Streit zwischen Auftraggeber und Handlanger. Der Einbruch. Über diesen Punkt gaben die Polizeiarchive eindeutig Auskunft. In einer Nacht im Jahr 1990 hatte Georg mit einem Auto die Tür einer Buchhandlung in Briançon aufgebrochen, Wertgegenstände an sich genommen und sich dann verflüchtigt. »›Ich habe nicht Anzeige erstattet‹, erklärte sein damaliger Arbeitgeber, der Verleger Béraut. ›All das ekelte mich nur noch an.‹« Auch diese Zurückhaltung fanden die Journalisten »seltsam«.
    »Als Drittes nun das Peinlichste. Einige Jahre später finden wir unseren Mann in Ankara im Gefängnis. Dort ist die Aktenlage nicht mehr zu klären, die Archive sind nicht vollständig erhalten. Doch die Wachmänner des Gefängnisses Ulucanlar erinnern sich an viele Anklagepunkte, Drogenhandel, Handel mit Antiquitäten dubioser Herkunft, Handel mit gefälschten Papieren …«
    Das Telefon klingelte. In Francescas Augen standen Tränen. Während sie auf den Apparat zuging, sagte sie mehrmals laut »Hallo«, um ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen. Es war Van.
    »Ach, Ivan«, sagte sie nur.
    »Was haben Sie? Ist etwas passiert?«
    Sein Ton war der eines Menschen, der nichts ahnt.
    »Van, können Sie bei mir vorbeikommen? Wir müssen miteinander reden.«
    Eine Viertelstunde später war er da. Als sie sein Gesicht sah, wusste Francesca, dass er den Artikel nicht gelesen hatte.
    »Dieses Mal ist es ein harter Schlag«, sagte sie und zeigte ihm die Zeitschrift.
    »Für Sie?«
    »Für Sie, für mich, für uns. Haben Sie noch nicht in Le Poing geschaut?«
    »Geht es wieder los?«
    »Lesen Sie.«
    Sie ging weg und kochte Kaffee, damit Ivan unbeobachtet lesen konnte. Als sie mit dem Tablett in den Salon zurückkam, stand er am Fenster und schaute hinaus. Er wandte sich um.
    »Schlimmer hätten sie’s nicht machen können«, sagte er. »Alles reine Verleumdungen, aber mit einem wahren Kern.«
    »Mehr brauchen Sie mir nicht zu sagen«, unterbrach ihn Francesca.
    Doch Van lag ganz im Gegenteil sehr daran, dass sie wusste, wo die Wahrheit aufhörte und die Verleumdung anfing.
    Es stimme, dass er, wie viele Lehrer, der Bewegung der antiautoritären Pädagogik nahegestanden habe, wie sie von A. S. Neill in seinen Summerhill-Büchern vertreten worden sei. Es stimme auch, dass er aus dem Lehrerdienst entfernt worden sei. Aber es stimme nicht, dass es um Sittliches gegangen sei. »Es ging um Politik, und ich habe den Konflikt gesucht. Ich hielt mich nicht mal an ein Viertel der Verordnungen und Rundschreiben. Ich veränderte die Lehrpläne. Ich behandelte den Schulinspektor von oben herab.
    Die schmutzigen Dienste, für die ich im Auftrag

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