Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
Asnières
1977 – 1980: Licence in Englisch an der Universität Nanterre, in Chinesisch am INALCO – Institut für fernöstliche Kultur – in Paris
1981 – 1982: IUFM – Institut für Lehrerausbildung
1982: Erste Vertretung an der Grundschule
Van ließ keine Lücke in dieser Art Lebenslauf.
1984: Aus dem Nationalen Schuldienst entfernt
1985 – 1986: Angestellter des Emerson Trust, Virginia, USA. Reiseleiter von Bildungsreisen auf den Spuren von Leben und Werk großer amerikanischer Schriftsteller
1987 – 1992: Angestellter der Éditions Béraut, Verlagsvertreter
1988: Buchhändler in Straßburg – als Angestellter der Éditions Béraut
1989: Buchhändler in Vichy und Marseille – als Angestellter der Éditions Béraut
1990: Buchhändler in Vendôme und Rennes – als Angestellter der Éditions Béraut
1991: Buchhändler in Charleville-Mézières und Briançon – als Angestellter der Éditions Béraut
1992: Von Béraut formlos und ohne Abfindung entlassen, verschafft sich die Hälfte der geschuldeten Abfindung in Sachwerten
November 1992: Lässt sich in Pantin als – auf Comics spezialisierter – Bouquiniste nieder
1996: Trampt durch Asien
Er verschwieg nichts.
2000 – 2001: Elf Monate Haft im Gefängnis Ulucanlar in Ankara wegen des Besitzes von dreißig Gramm Cannabis, keine ordentliche Anklage, kein juristischer Beistand, kein Gerichtsverfahren
September 2001 bis Januar 2004: Angestellter eines Zeitschriftenladens in Méribel
Februar 2004: Angestellter der S.A.S. Der gute Roman
31. August 2004: Eröffnung der Buchhandlung Der gute Roman
Van zeigte Francesca den Entwurf, und dann wurde der Lebenslauf am selben Tag, am 17. März, um fünf Uhr nachmittags im Bulletin ins Netz gestellt, ohne Kommentar, jedoch mit einer kurzen Einführung: Fakten als Antwort auf die Verleumdungen . Unterzeichnet war es: Die Buchhändler .
Als er abends durch die kleine Rue de l’Agent-Bailly nach Hause ging, hatte Ivan zum ersten Mal das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Um diese Zeit war niemand mehr auf der Straße, nur ein Mann, der seinen Hund ausführte, doch Ivan vermied es, ihn anzusehen, weil er es nicht unbefangen hätte tun können. Die kleine Anis hatte ganze Arbeit geleistet. Van spürte eine Aufwallung von Dankbarkeit. An den Mauern waren keine Anschlagzettel mehr, und man musste so genau informiert sein wie er, um hier und da noch einen Fetzen Papier kleben zu sehen.
Er war erleichtert, als er vor seinem Haus ankam. Ich hatte also Angst, dachte er gerade, als er zu beiden Seiten der Eingangstür Zettel kleben sah, jeweils drei. Ohne weiter nachzudenken, riss er sie ab. Sie waren nur schlecht und mit Klebeband befestigt.
Also war man mindestens zwei Mal gekommen. Oder jemand war zurückgekommen. Oder dieser Jemand hatte die Straße nicht verlassen, hatte Anis die Bogen zerreißen sehen, hatte gewartet, bis sie weggegangen war, und dann noch zwei Ausgaben des Poing gekauft, um seiner Arbeit eine kleine Krone aufzusetzen.
Van konnte nicht einschlafen. Konnten die beiden Klebe-Aktionen voneinander unabhängig sein? Hatten womöglich zwei Personen, die sich gar nicht kannten, dieselbe Idee gehabt und diesen infamen Artikel in der Rue de l’Agent-Bailly verklebt, wobei die eine auf Masse und die andere auf Präzision gesetzt hatte?
Er sprang aus dem Bett, warf sich seinen Parka über, während er schon die Wohnungstür öffnete, und stürzte barfuß ins Treppenhaus. Anis hatte in der Mail, die sie ihm geschickt hatte, von einem Brief gesprochen. Und während des Nachmittags hatte sich Van mehrmals gefragt, ob sie ihn nun eingeworfen hatte, ja oder nein.
Ja, weil ein Zeichen der Freundschaft an diesem Tag willkommener sein würde denn je. Nein, weil der Brief vor der Entdeckung der Anschlagzettel geschrieben worden war und nun nicht mehr passte.
Es war Ja. Van riss den Umschlag auf, während er die Treppe wieder hinaufrannte.
Anis hatte nur eine Zeile geschrieben, in Anführungszeichen: »Das Wesentliche wird ständig vom Unbedeutenden bedroht.« René Char.
Wie kleinmädchenhaft das ist, dachte Van. Wie ernsthaft. Er hatte sich etwas erhofft wie: Ich umarme Sie fest.
Aber war das, was Anis geschrieben hatte, so weit davon entfernt? Bedeutete Chars schöner Satz nicht: Ich bin bei Ihnen? Oder, anders gesagt: Ich bin ganz dicht bei Ihnen? Will meinen: Ich küsse Ihnen die Lider?
Nein, musste Ivan sich eingestehen. Nein. Er bedeutete: Sie sind aufseiten der Wahrheit, dass man
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