Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
Eintrags » Der gute Roman « aus dem Handelsregister beschafft und zitierte ihn ausführlich. Man erfuhr also, dass Der gute Roman eine so genannte vereinfachte Aktiengesellschaft war, einen Vorstandsvorsitzenden namens Ivan Georg – geboren in Asnières am 5. September 1959, wohnhaft 6, Rue de l’Agent-Bailly in Paris, 9. Arr. – sowie einen Wirtschaftsprüfer namens Jean-Marc Aubert hatte und dass ihr Kapital zu neunundneunzig Prozent der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Épicéa gehörte und zu einem Prozent Monsieur Georg.
Daran war nichts Bösartiges, diese Informationen hätte sich jeder beim Handelsgericht beschaffen können. Doch eine dreizeilige Überschrift weidete sich nach Art eines reißerischen Fortsetzungsromans am Geheimnis: »Die Buchhandlung Der gute Roman am Odéon wirft Fragen auf und gibt zu Gerüchten Anlass, allein schon der provokanten Haltung wegen, die darin besteht, nur die meistenteils schon vor langer Zeit veröffentlichte ›große‹ Literatur zu verkaufen, wo doch bei den Buchhändlern Einigkeit darüber besteht, dass sie nur überleben können, indem sie vor allem neue Bücher und unter diesen vor allem die Bestseller verkaufen. Wer fordert den Buchmarkt so heraus? Wem gehört die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Épicéa?«
»Die übliche Aufmachung«, sagte Van. »Er erinnert mich an einen Ausspruch, der Pierre Lazareff zugeschrieben wird. Als er Chef von France-Soir war und die Leser auch für den Wirtschaftsteil gewinnen wollte, sagte er seinen Journalisten: ›Schreiben Sie mir Wirtschaftsartikel mit Busen und Hintern!‹«
Francesca sah Heffner an.
»Und von da an«, sagte sie, »habe ich nicht mehr glauben können, was Van behauptete, dass nämlich die Leute, die sich über unsere Buchhandlung ärgerten, einzeln und unabhängig voneinander zubissen. Die bösartigen Artikel erschienen natürlich in verschiedenen Zeitungen, noch dazu in den bekanntesten, was auf die große Masse wie allgemeine Missbilligung wirken musste – und ich denke nach wie vor, genau deshalb wurden sie in dieser Reihenfolge veröffentlicht. Aber auf mich wirkte das Ganze wie eine Umzingelung. Ich konnte darin nichts anderes sehen als einen Feldzug. Ich nahm vor allem wahr, dass diejenigen, die es auf uns abgesehen hatten, über Geld und gute Kontakte verfügten.« Sie schwieg kurz, dann fuhr sie fort: »Ich glaube, das war der Augenblick, in dem wir anfingen, sie als die ›Barbaren‹ zu bezeichnen.«
»Ich interpretierte die Lage zwar anders als Francesca«, sagte Van, »aber das Wort erschien auch mir sehr treffend.«
Im Internet tobte ein heftiger Kampf. Unter den erwähnenswerten Beiträgen im Forum des Guten Romans stach der der Schauspielerin Audrey Doudou besonders hervor: Ich bin nicht sonderlich gebildet, ich habe nicht studiert, und was ich zu sagen habe, ist ganz einfach. Lesen ist für mich sehr wichtig. Die Welt des Films ist hart. Man liefert sich aus und wird angegriffen. Die Leute meinen, es sei ein Vergnügen, in einem Film mitzuspielen, aber ich finde es sehr schwierig, manchmal sogar schmerzhaft. Lesen ist für mich Erholung, vor allem nach und bei Drehterminen. Und das im umfassendsten Sinne, es ist wie eine Kur, ich schöpfe neue Kräfte aus der Lektüre. Doch häufig sind es triste Kurorte. Oft war die Lektüre von Büchern, die man mir angepriesen hatte, enttäuschend.
Eines Tages betrat ich aus Neugier die Buchhandlung DerguteRoman. Es war ziemlich voll, niemand erkannte mich. Ich blieb mehrere Stunden und merkte gar nicht, wie die Zeit verging. Ich hatte Lust auf all diese Bücher.
Probieren Sie es aus. Sie werden die Buchhandlung verlassen wie ich: von tiefer Dankbarkeit erfüllt. Wie kann man einen so wohltuenden Ort so angreifen? Das kann ich nicht verstehen .
Liebe Audrey , antwortete Ivan ihr im Bulletin, Sie machen uns sehr glücklich. Sie schätzen an unserer Buchhandlung all das, was wir hineinbringen wollten. Auch ich habe nicht studiert. Nach und nach fand ich Gefallen am Roman, ohne jede Anstrengung, so wie ich mich fürs Kino zu interessieren begann. Und eines Tages stellte ich fest, dass gute Romane für mich so lebensnotwendig geworden waren wie Luft und Nahrung. Der gute Roman ist der Ort, an dem jeder finden soll, was auch mir gefällt und was auch ich brauche, weiter nichts.
Am Sonntag darauf, dem 1. März, wurde Ivan vom Telefon aus dem Schlaf gerissen. Anis’ zartes Stimmchen.
»Heute ist die Kirche der Sorbonne geöffnet.«
»Sie wollen
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