Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
Wachen zu mir!", rief er in die Stille hinein. Seine Stimme zitterte leicht. Ein leises Echo antwortete ihm, doch kein menschlicher Laut. Ein Rascheln und Knacken hinter ihm ließ ihn hochschrecken.
Er zog sein Kurzschwert aus dem Gürtel und fuhr herum. Ein weißes Reh mit tiefschwarzen großen Augen schaute ihn unverwandt an. "Halt ein, Bruder", hörte er die Stimme seiner Schwester in seinen Gedanken. "Lass ab von deinem Tun und von diesem Wald. Sag unserem Vater, dass ich hier glücklich bin. Geh heim, sonst wird es dein Tod sein."
"Cara...lina? Bist du das?", fragte Radu die Ricke verwundert laut, doch diese schaute ihn nur unvermittelt aus sanften Augen weiter an, bevor sie mit einem Satz zurück ins Unterholz sprang. Hatte er gerade geträumt? War dieser Wald tatsächlich verwunschen, wie man es seit Jahrhunderten erzählte? Die Antwort auf diese Gedanken kam in Form eines tierischen Gebrülls und eines spitzen, menschlichen Schreis, beides aus Richtung des Lagers. Ein gellender Hilferuf folgte, der langsam zwischen den Bäumen erstarb.
Radu fuhr erneut herum. Das hatte wie ein Bär geklungen. Zum ersten Mal mischte sich das Gefühl der Furcht ein. Wieder ein Gebrüll, dann ein Knacken von Ästen. Es hörte sich an, als würde eine mächtige Kreatur sich einen Weg durch das Unterholz bahnen und sich genau auf ihn zu bewegen. Radu begann zu laufen und schlug dabei mit seinem Kurzschwert Schneisen in das Unterholz. Mittlerweile hatte er völlig die Orientierung verloren.
Nach einigen Minuten hastiger Flucht blieb er keuchend auf einer kleinen Lichtung stehen. Es herrschte wieder Stille rings um ihn herum. Er schaute sich um. Die Dämmerung zog langsam über die Berge herauf, und die Sonne neigte sich nach Westen. Ein orange-rosa Licht übergoss sich über diesen Ort. Wilde Blumen wuchsen zwischen hohen Gräsern und Libellen flirrten um eine kristallklare Quelle. Schmetterlinge und Wildbienen kreuzten ihren Flug. eine Kaninchenfamilie hoppelte davon, um ihren Bau zum Schlafen aufzusuchen. Dem Prinzen bot sich ein harmonisches Bild der sommerlichen Natur. Es hätte ihn nicht verwundert, hier auch die weiße Ricke wiederzusehen. Doch er war immer noch nicht bereit, seine Seele von den schwarzen Gedanken zu befreien und dachte wieder nur an sich selbst. Wo befand er sich? War das Ungeheuer noch hinter ihm her?
Das Schicksal oder der Wald wollte es, dass im selben Augenblick auf der gegenüberliegenden Seite Nicolas die Lichtung betrat. Die beiden ungleichen Männer blickten sich an. Prinz Radu voller überraschten Zorns, Nicolas ebenfalls überrascht, doch ohne Arg. "Du!" stieß der dunkelhaarige Rumäne zwischen den Zähnen hervor. Vergessen war der Bär, der ihn vorhin noch quer durch den Wald gejagt hatte. Mit gezogenem Schwert stürzte der Prinz auf Nicolas zu. Dieser zog seinen Degen und rief gleichzeitig: "Haltet ein, Prinz Radu, ich bin nicht Euer Feind!"
Zwei Meter vor dem Franzosen kam Radu zum Stehen. Seine Augen sprühten Blitze ob der Schmach, die ihm der Angebetete verursacht hatte. "Falsch, Ihr seid nicht mein Freund!", zischte er.
Nicolas senkte verlegen die Lider, behielt jedoch sein Gegenüber im Auge. "Das stimmt, mein Prinz, nicht in der Weise, wie Ihr es wünscht. Mein Herz gehört einem anderen."
Ein verächtliches Schnauben war die Antwort. "Diesem dahergelaufenen Zigeuner, nicht wahr? Ich werde ihn einsperren und in unserem Verlies verfaulen lassen."
Im Augenblick weiß ich selbst nicht, wem mein Herz gehört, dachte Nicolas, doch er spürte, wie Zorn in ihm aufstieg. Er sah dem Prinzen nun direkt ins Gesicht. "Ja, dazu nutzt Ihr Eure Macht, um Unschuldige einzusperren und zu quälen, anstatt für Euer Land und Euer Volk einzustehen, wie es einem Herrscher geziemt. Ihr sollet Euch schämen, Prinz", gab er mutig zurück.
Radu hob sein Schwert und wollte sich auf Nicolas stürzen, als dieser seinen Degen fortwarf. "So, nun kommt und tötet mich, wenn Euch das befriedigt. Besitzen oder gefangen nehmen lasse ich mich nicht!"
Der Fürstensohn hielt inne, blickte dem unerschrockenen Franzosen in die strahlendblauen Augen. Dann warf auch er sein Schwert weg, zog sein Wams aus und stürzte sich mit bloßen Fäusten auf seinen ehemaligen Jäger. Eine wilde Prügelei war die Folge. Wie ungewaschene Straßenjungs rollten sich die beiden adeligen Männer über den Boden, schlugen aufeinander ein, bis sie schließlich beide vor Erschöpfung nicht einmal mehr die
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