Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
verschämt mit gesenktem Kopf und wandte sich um. Er nestelte eilig die kleine Phiole hervor und nahm einen kleinen Schluck des bittersüßen Tranks, ohne ihn jedoch zu schlucken. Dann ging alles ganz schnell. Nicolas tat so, als sei er von Leidenschaft übermannt worden, ließ sich neben dem Prinzen auf das breite Bett fallen und presste seine Lippen fest auf die Radus. Dieser war völlig überwältigt, gab dem langersehnten Drängen nach, öffnete die Lippen und - der Kräutertrunk des Fauns ergoss sich in seinen Mund und rann seine Kehle hinunter, während er Nicolas wildes Zungenspiel weiterhin teilte. Dabei hatte der Prinz seine Arme fest um den Nacken des Franzosen geschlossen.
Wenige Minuten später spürte Nicolas, wie die Umklammerung des Prinzen erlahmte und schließlich von ihm abfiel. Mit einem wohligen Seufzer war Radu zurück in die Kissen gefallen und versank in einem köstlichen Traum. Der ehemalige Hauptmann des französischen Königs atmete erleichtert aus. Seine spontane Strategie war aufgegangen! Jetzt nichts wie zurück nach unten ins Verlies, bevor auch er die Wirkung der faunischen Kräuter verspüren würde!
Die ersten Stockwerke ging Nicolas als ganz normaler Besucher hinunter, grüßte den ein oder anderen fürstlichen Beamten, der ihm entgegen kam. Er spürte im Kopf eine seltsame Benommenheit, und seine Blicke trübten sich. Das waren die ersten Auswirkungen des Betäubungsmittels, dem er selbst kurze Zeit ausgesetzt war! Im Gewölbe angelangt, beschleunigte er schließlich seine Schritte, bis er völlig außer Atem wieder bei Angelo und Aurel eintraf. Sein Freund umarmte ihn mit inbrünstiger Wiedersehensfreude, doch Nicolas schob ihn behutsam von sich fort. Eilig schloss er mit zitternden Fingern Aurels Gefängnis auf. Dann gaben seine Beine nach, und ohnmächtig sank er zu Boden. Aus der Ferne hörte er noch Angelos erschrockenen Aufschrei, dann wurde es schwarz um ihn herum.
* * *
Der Duft von Torf und frischem Moos vermischte sich mit dem von Geißblatt und wilden Lilien. Das lichte Grün sonnendurchtränkter Gräser kitzelte seine Wangen. Nicolas blinzelte. Die Sonne stand hoch am Himmel, soviel konnte er zwischen den sich sacht im Wind wiegenden Baumwipfeln erkennen. Nicolas richtete sich auf und blickte sich um. Die Umgebung erschien ihm seltsam vertraut und doch fremd. War dies nicht die Lichtung, auf der Angelo und er die weiße Ricke gesehen und sich zum ersten Mal geliebt hatten? Nein, dort hatten die Bäume nicht so dicht gestanden. Aber wo waren Angelo und Aurel? Er schien ganz allein hier zu sein. Fedrig-weiße Schirmchen von Löwenzahnsamen erfüllten die Luft mit koboldhaftem Eigenleben. Und dann hörte er es. Das vertraute Summen und Zwitschern der Insekten und Vögel wurde von einer zarten Melodie überlagert. Sein Herz zog sich sehnsüchtig zusammen, und wie in Trance folgte er den lockenden Tönen. War dies wieder einer seiner Träume?
Wenn ja, dann wirkte dieser hier so real wie selten zuvor. Nicolas durchwanderte einen Birkenhain, später zwischen jahrhundertealten Stämmen weiser Eichen und dann durch das dämmrige Dunkel von ausladenden Kiefern. Der Boden unter ihm federte, knackte und wisperte. Einmal glaubte er, das weiße Reh neben sich her springen zu sehen. Doch als er genauer hinblickte, sah er nur die goldbraunen Schatten aus Sonnenlicht und Waldboden. Trotzdem schien alles um ihn herum zu atmen und zu leben.
Nie hatte er den Wald so lebendig in und um sich gespürt wie heute. Er sog die frische Luft genießerisch in seine Lungen und schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er ihn. Ein Jüngling mit sonnengebräunter Haut saß auf einem umgestürzten Baumstamm. Sein tiefbraunes Haar fiel bis hinunter auf seine Hüften. Leuchtend grüne Blätter schienen dort hinein geflochten zu sein.
Sonnenstrahlen tanzten zwischen den Kiefernzweigen und tasteten vergnügt über den muskulösen Körper, der bis auf einen Lendenschurz aus geschmeidigem Ziegenleder nackt war. Der Waldgeist spielte auf einer achtteiligen Flöte und sah Nicolas aus grüngoldenen Augen an. Dies hier war Aurel, und wiederum war es doch nicht das große Mischwesen, das er im Burgverlies gesehen und befreit hatte. Er war überhaupt kein Mischwesen mehr, sondern nur ein bildschöner, junger Gott der Natur.
Nicolas wurde von diesem Bild angezogen wie ein Schmetterling von einer süßen Blüte, und er setzte sich neben dem musizierenden Jüngling auf den
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