Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
und so winkte er Nicolas unauffällig zu sich. "Was hast du dir dabei gedacht, den Prinzen mitzunehmen?", fragte er so leise wie möglich, doch ein Zittern in seiner Stimme verriet seine Aufregung.
"Keine Sorge, Radu will uns in Frankreich verlassen."
"In Frankreich erst?"
Nicolas seufzte. Er hatte gehofft, ein Eifersuchtsdrama vermeiden zu können.
"Wenn du willst, schicke ich ihn früher weg", schlug er daher von vorneherein vor.
"Er bedeutet dir also nichts? Ich habe gesehen, wie er dich anschaut."
Nicolas schüttelte den Kopf. "Er hat sich auf mich fixiert, weil er bislang keine Gelegenheit hatte und haben durfte, seine Neigung auszuleben. Ich empfinde nur Bedauern für ihn, obwohl er kein übler Kerl ist. Nein, er bedeutet mir nichts in dem Sinne, in dem du mir etwas bedeutest." Bei diesem letzten Satz wurde ihm gleichzeitig klar, wie sehr er bereits an dem jungen Spanier hing. Es war Angelos Treue und innere Stärke, die er bewunderte. Für einen so jungen Menschen etwas äußerst Seltenes.
"Obwohl...", er zögerte.
"Obwohl was?" zischte Angelo. Seine dunklen Augen sprühten Funken.
"Obwohl ich weiß, dass du viel zu jung für mich bist." So, jetzt war die Katze aus dem Sack. Angelo starrte ihn an. Damit hatte er nun nicht gerechnet Meinte Nicolas das wirklich ernst? Nach all diesen wundervollen Wochen, die sie zusammen verbracht hatten?
"Das denkst du doch nicht wirklich, oder?"
"Doch, das denke ich. Vor allem, wenn wir zusammen bleiben wollen."
Angelo zog seinen Freund am Arm hinter den Wagen und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. "Ist das Antwort genug?", fragte er, als sie beide wieder zu Atem kamen.
Nicolas lachte leise. "Ja, obwohl ich nie genug davon kriegen kann."
Angelo stimmte in sein Lachen mit ein. Dann wurde er plötzlich wieder ernst. "Spanien ist ein streng katholisches Land. Wir werden dort niemals so leben können, wie wir es wollen", sagte er dann.
Nicolas legte seine Hände auf die schmalen Schultern seines Freundes. "Sorge dich nicht. Europa ist groß. Wir müssen nicht nach Spanien gehen. Ebenso gut können wir nach England reisen oder an die französische Südküste. Oder wir gehen in die Kolonien."
Angelo überlegte. "Die Kolonien. Ja, das ist ein guter Plan. Doch es wird meinen Eltern das Herz brechen. Kann ich meine Freiheit mit ihren Tränen erkaufen?" Nicolas wusste, wie stark die Familienbande unter den Zigeunern waren.
"Das Essen ist fertig!", erklang die Stimme von Angelos Mutter und unterbrach ihr beider Grübeln. Wenig später fanden sich alle um das Lagerfeuer ein, über dem der Kessel mit dem Eintopf brodelte und verheißungsvoll duftete. Lucinda verteilte die Portionen in die Näpfe. Draußen regnete es noch immer ununterbrochen. Die Blitze hatten nachgelassen, und nur ein fernes Grollen unterbrach das eintönige Prasseln von Zeit zu Zeit. Sie aßen schweigend, und jeder hing seinen Gedanken nach. Es wurde ein stiller, zufriedener Abend für alle.
* * *
In dieser Nacht träumte Nicolas das letzte Mal von Aurel, dem Faun. Aber dieser Traum war so wirklich, als würde er durch einen Spiegel eine andere Welt betreten.
Wieder befand er sich auf dem Pfad durch den Wald, angelockt von dem Zauber einer magischen Flöte, und wieder begegneten sich der musizierende Waldgott auf dem umgestürzten Baumstamm und der Mensch auf einer Lichtung.
Aurel sah nun wieder so aus, wie er ihn in dem Burgverlies kennen gelernt hatte, halb Mensch, halb übergroßer Ziegenbock. Er nickte dem Ankömmling zu wie einem guten Freund. Nicolas fühlte sich, als würde er nachhause kommen, und er setzte sich wieder neben ihn. Der Frieden des Waldes umgab sie beide, die Musik hüllte seine Seele ein, heilte alte Herzenswunden. Alles Bedrohliche war verschwunden. Die Töne klangen fröhlicher, unbeschwerter als je zuvor.
Als sein Spiel geendet hatte, sagte Aurel: "Du musst nicht gehen, mein Freund. Der Wald bietet Platz für viele Lebewesen und für die Magie."
Sollte das ein Angebot sein? Nicolas erinnerte sich an den zärtlichen Kuss aus seinem letzten Traum, und der Faun lächelte, als würde er seine Gedanken lesen. Überhaupt fühlte es sich so vertraut an, neben diesem Gott der Wälder zu sitzen. So mussten sich antike Priester gefühlt haben, wenn sie früher mit ihren Göttern sprachen, dachte Nicolas. Er fühlte sich zufrieden und beschützt. Das Verlangen zu bleiben, wuchs in ihm, und er musste diesem Zauber
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