Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
Fürst Valeriu wollte sie mit einem alten Grafen verheiraten, den sie nicht liebte. Man sagt, sie hat viel geweint vor Heirat. Dann Tochter eines Nachts verschwunden. Einfach so. Keine Hochzeit. Viele Tage man hat gesucht in die Wälder. Aber nicht gefunden die schöne Prinzessin. Dann Bräutigam und Artisten alle abgereist. Nur wir noch hier."
"Und jetzt du", fügte er noch lachend hinzu.
"Und warum seid ihr noch hier?", fragte Nicolas, der Mühe hatte, das zerstückelte Französisch mit dem spanischen Akzent zu verstehen.
"Oh, nicht mehr lange. Mein Vater etwas Geld verdienen für Rückreise, dann wir gehen weg, wieder Richtung Süden." Das war ein Stichwort für Nicolas. Auch er würde Geld verdienen müssen. Ein neues Leben anfangen, wie seine Mutter vorgeschlagen hatte.
"Wo arbeitet er denn, dein Vater?", erkundigte er sich deshalb.
"Oh, in Sägewerk. Viel Holz hier. Viele Wälder. Gutes Geld verdienen mit Holz."
"Hm." Das war nicht gerade das, was er sich vorgestellt hatte. Angelo sah, dass sein freundlicher Gastgeber davon nicht gerade begeistert war. Sein Blick fiel auch auf die schmalen Hände, die so geschickt einen Degen führen konnten. Nein, das waren keine Arbeiterhände.
"Vielleicht du fragen Fürst Valeriu in Burg wegen Arbeit?", schlug er daher unbeholfen vor. Die Hilfsbereitschaft des Jungen rührte Nicolas. "Du hast recht", murmelte er. "Irgendwo muss ich ja anfangen."
Er erhob sich von der Sitzbank, legte ein paar Münzen auf die grob gezimmerte Tischplatte. Eine davon drückte er dem verdutzten Angelo in die Hand. Dann ging er wieder hinaus zu seinem Pferd, das ebenfalls mit Wasser und Futter versorgt worden war. Es schien wenig begeistert, dass sein Herr schon wieder aufbrechen wollte und trennte sich nur ungern vom duftenden Wiesenheu vor sich. Nicolas sattelte es mit geübtem Griff und ritt los. Vor der Tür des Wirtshauses stand der Zigeunerjunge und winkte ihm nach. "Adios, mi amigo y gracias por todo", rief er lachend, und Nicolas winkte zurück.
* * *
Je näher Nicolas der alten Trutzburg auf dem Berg kam, desto weiter schien sie vor ihm zurückzuweichen. Von unten hatte der Weg dorthin so viel einfacher ausgesehen. Doch weit gefehlt. Er führte nicht nur beständig weiter nach oben, sondern zog sich in Mäandern quer durch die dunklen Wälder. Mächtige Tannen wurden von Mischwaldgebieten abgelöst, in denen uralte Eichen einander ihre Geheimnisse zuflüsterten. Verwundert blickte Nicolas sich um. Viele dieser Bäume mussten hunderte, ja vielleicht über tausend Jahre alt sein. Sie wirkten knorrig und verwachsen. Vögel sangen in ihnen und Insekten schwirrten durch das Unterholz. Sein Pferd trabte zunächst über einen Teppich aus Kiefernnadeln, die weich zurückfederten, dann über torfige, farnbesäumte Waldwege und schließlich über felsiges Gestein, bis sich unvermutet vor dem Reiter die mächtigen Flügeltore der Burg auftaten. Auf sein Klopfen hin wurde ihm aufgetan, doch als sich die schweren Tore hinter ihm schlossen, kam sich der Hauptman plötzlich wie in einem Gefängnis vor. Ob es wohl richtig gewesen war, ausgerechnet hierher zu kommen, um nach Arbeit zu fragen? Warum war er nicht direkt weitergeritten in eine andere Ortschaft?
Nicolas stieg vom Pferd und sah sich um. Im Burghof waren einige Mägde bei der Arbeit. Die eine rupfte eine Gans, eine andere kehrte den Hof. Diener versorgten die Pferde in den Stallungen und stapelten Holzscheite für die kühlen Nächte unter einem Dach auf. Alle wirkten sehr geschäftig, und doch war die Atmosphäre bedrückend. Kein Lachen und kein Geschwätz ertönten, wie man es sonst kannte. Nur ein Tuscheln und Flüstern hieß ihn willkommen. Nicolas bat einen der Diener, ihn beim Fürsten Valeriu anzumelden. Dann folgte er dem Bediensteten durch die kalten Gänge des Gemäuers, die aus meterdicken Quadern zu bestehen schienen. Unwillkürlich fröstelte es den Ankömmling trotz des warmen Frühlingswetters. Dies war kein anheimelnder Ort.
Ein weiteres Tor öffnete sich knarrend vor ihm, und er stand plötzlich in einem Saal, rechts und links geschmückt mit Ritterrüstungen, Hellebarden, unzähligen Fahnen verschiedener Königs- und Fürstenhäuser, gekreuzten Schwertern und Gemälden verstorbener Ahnen. Dazwischen mannshohe bogenförmige Fenster, die durch Bleikreuze unterteilt waren und wie gekachelt wirkten. Auch hier hatte Nicolas de Vervier nicht das Gefühl, willkommen zu sein. Ein langer, rotgolden
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