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Der Zauber des weissen Wolfes

Der Zauber des weissen Wolfes

Titel: Der Zauber des weissen Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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einen langen, schluchzenden Atemzug und warf, gelenkt von düsterer Vorahnung, das Schwert in das mondhelle Meer.
    Unglaublicherweise sank die Klinge nicht. Sie schwamm nicht einmal auf dem Wasser. Sie fiel mit der Spitze voran ins Meer und steckte dort bebend fest, als hätte Elric sie in einen Baumstamm gerammt. So vibrierte die Waffe im Wasser, an der Spitze sechs Zoll tief eingedrungen, und begann einen unheimlichen Teufelsschrei auszustoßen - ein bösartiges Heulen.
    Mit einem unterdrückten Fluch streckte Elric die schmale, weißschimmernde Hand aus und versuchte die denkende Höllenklinge wieder an sich zu bringen. Er beugte sich vor und mußte sich schließlich weit über die Reling neigen. Er erreichte sein Ziel nicht, der Schwertgriff war noch immer mehrere Fuß entfernt. Von einem krankmachenden Gefühl der Niederlage überwältigt, ließ er sich keuchend über die Bordwand rollen und stürzte in das eisige Wasser, dann schwamm er mit starren, grotesken Zügen auf das schwebende Schwert zu. Er war besiegt - die Waffe hatte gewonnen.
    Er erreichte es und legte die Finger um den Griff. Sofort schmiegte er sich in seine Hand, und Elric spürte, wie die Kraft langsam in seinen schmerzenden Körper zurückströmte. Dann erkannte er, daß er und das Schwert aufeinander angewiesen waren: zwar brauchte er die Klinge, doch benötigte Sturmbringer wie ein Parasit auch einen Träger - ohne führende Hand war die Klinge machtlos.
    »So sind wir denn aneinandergefesselt«, sagte Elric verzweifelt. »Verbunden durch Ketten, die aus der Hölle stammen, und schicksalsträchtige Umstände. So soll es denn sein, so sollen denn die Menschen Grund zum Zittern und zum Fürchten haben, wenn sie die Namen Elric von Melnibone und seines Schwerts Sturmbringer hören. Wir sind von gleicher Art - Produkte eines Zeitalters, das von uns gewichen ist. Geben wir dieser Zeit einen Grund, uns zu hassen!«
    Wiedererstarkt steckte Elric die Waffe fort, und Sturmbringer schmiegte sich förmlich an ihn; mit kraftvollen Zügen schwamm er sodann auf die Insel zu, während die Männer auf dem Schiff erleichtert aufatmeten und Mutmaßungen anstellten, ob er überleben oder in den Fluten dieses seltsamen und namenlosen Meeres untergehen würde...

Zweites Buch
    Während die Götter lachen
    Ich, während die Götter lachen, bin der Welt Kern.
    Mahlstrom der Leidenschaften in jenem verborgenen Meer, dessen All-Zeit-Wogen die Küsten des Ich berennen. Und allseits begrenzen jene dunklen Wasser.
    Mervyn Peake, Shapes and Sounds, 1941
1
    Eines Nachts, Elric trank gerade niedergeschlagen und allein in einer Taverne, kam eine flügellose Myyrrhn-Frau aus dem Unwetter herein und lehnte ihren geschmeidigen Körper gegen den seinen.
    Ihr Gesicht war zart und von feinem Knochenbau, beinahe so bleich wie Elrics Albinohaut, und sie trug dünne hellgrüne Roben, die zu ihrem dunkelroten Haar einen hübschen Gegensatz bildeten.
    Die Taverne war hell von Kerzenschein und vibrierte von lauten Streitereien und lautem Lachen, doch die Stimme der Myyrrhn-Frau erhob sich klar und fließend über das forsche Lautgewirr.
    »Seit zwanzig Tagen suche ich dich«, sagte sie zu Elric, der sich in einem Stuhl mit hoher Lehne räkelte und sie aus halb geschlossenen roten Augen abschätzend musterte; ein silberner Weinbecher lag in seiner langfingrigen rechten Hand, während die Linke auf dem Griff seines magischen Runenschwerts Sturmbringer ruhte.
    »Zwanzig Tage«, sagte der Melniboneer leise wie zu sich selbst; er sprach bewußt barsch. »Eine lange Zeit und eine einsame Wanderung für eine schöne und einsame Frau.« Er öffnete die Augen ein wenig weiter und richtete das Wort direkt an sie. »Ich bin Elric von Melnibone, wie du offensichtlich weißt. Ich tue niemandem einen Gefallen und erwarte das auch nicht von anderen. Denk daran und erzähl mir, warum du mich zwanzig Tage lang gesucht hast.«
    Die Frau ließ sich durch den herablassenden Ton des Albinos nicht einschüchtern. »Du bist ein verbitterter Mann, Elric«, sagte sie gelassen. »Das weiß ich - du bist vom Kummer geplagt aus Gründen, die bereits Legende geworden sind. Ich bitte dich um keinen Gefallen - ich bringe mich selbst und einen Vorschlag. Was wünschst du dir am meisten auf der Welt?«
    »Den Frieden«, antwortete Elric schlicht. Dann lächelte er ironisch und sagte: »Ich bin ein übler Bursche, Lady, und mein Schicksal könnte sich in der Hölle erfüllen, doch ich bin nicht unklug und auch nicht

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