Der Zauber einer Winternacht
dennoch nie ihre Strahlkraft verloren.
„Halt durch“, redete er ihr zu und schloss sie fest in seine Arme.
Gillian konnte seinen kräftigen Herzschlag spüren, als sie auf der Landebahn aufsetzten.
Hart und holprig.
Die Bremsen kreischten, und Gillian schloss krampfhaft die Augen. Als sie sie schließlich wieder öffnete, stellte sie fest, dass Bryce sie amüsiert betrachtete. Das Flugzeug rollte langsam aus und kam sicher zum Stehen.
„Wie geht es dir?“
Gillian hatte seit Ewigkeiten nicht mehr solche Zärtlichkeit in seinem Blick gesehen, und das gab ihr den Rest. Tränen schossen ihr in die Augen, und sie brachte kaum mehr als ein piepsiges „Danke, gut“ über die Lippen.
Es geht mir gut. Bis auf den Umstand, dass ich mehr Angst davor habe, mit dir zusammen zu sein, als mit drei hundert Kilometern pro Stunde auf dem Boden aufzu schlagen …
Sie versuchte sich bewusst zu machen, wie lächerlich solche Gedankenspiele waren. Ihre Liebe war gestorben und ließ sich nicht wiederbeleben. Es konnte nicht angehen, dass ein paar harmlose Turbulenzen sie so durcheinanderbrachten. Sie hatte sich von Bryce scheiden lassen, und er war mit einer anderen Frau verlobt. Einer Frau, die ihm vermutlich noch mehr Kinder schenken würde als den kleinen Jungen, den er bereits lieben gelernt hatte.
Es fiel ihr schwer, die Fassung wiederzufinden. Auf dem Sitz vor ihr versuchte eine junge Mutter ihre verängstigte vierjährige Tochter zu beruhigen. Sie tupfte dem Kind die Tränen von den Wangen und nahm es dann auf den Arm.
Bei dem Anblick verkrampfte sich Gillians Herz.
„Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Schatz“, tröstete die Frau. „Wir sind sicher gelandet, und draußen wartet Daddy auf uns. Gleich fahren wir alle nach Hause.“
Die Kleine schob ihren Daumen in den Mund und lehnte das Köpfchen an die Schulter der Mutter. Gillian wusste, sie wäre selbst eine wunderbare Mutter, aber die Vorstellung war alles andere als tröstlich.
Eiskalte Luft schlug ihr entgegen, als sie das Flugzeug verließ. Auch das trug nicht gerade dazu bei, ihre Stimmung zu heben. Die schneebedeckten Berge boten einen überwältigenden Anblick, aber der Wind pfiff eisig durch das Tal, und in der Ferne türmten sich dunkle Wolken, die noch schlechteres Wetter ankündigten.
Auf dem kurzen Stück vom Flugzeug zum Flughafengebäude biss die frostige Luft Gillian in das ungeschützte Gesicht. Die Weiterfahrt auf dem offenen Motorschlitten würde bei diesen Temperaturen kein Vergnügen werden. In der Ankunftshalle war es angenehm warm, aber da sie und Bryce nur jeweils einen Rucksack bei sich hatten, standen sie gleich wieder im Freien.
Sie nahmen ein Taxi, das sie zu dem Laden ihres alten Freundes Sid in Kelly bringen sollte. Er hatte ihnen Motorschlitten reserviert und würde sie mit dem neuesten Klatsch versorgen.
Das Taxi hatte das Flughafengelände noch nicht ganz verlassen, da rief Bryce schon seine Verlobte an. Gillian hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Dass sie ein privates Gespräch mit anhören musste, störte sie weniger – aber den liebevollen Ton, in dem Bryce Vi darüber informierte, dass sie heil angekommen waren, konnte sie kaum ertragen.
„Ich vermisse dich auch“, sagte er. „Ich ruf dich wieder an, sobald wir auf der Ranch angekommen sind, damit du dir keine Sorgen machen musst.“
Er lachte in sich hinein. „Das hat Robbie gesagt? Was meinte der Lehrer dazu?“
Er lauschte und lachte erneut.
„Gibst du ihn mir bitte mal? Ich möchte ihn gern sprechen.“
Der liebevolle Ausdruck auf seinem Gesicht ließ keinen Zweifel: Bryce mochte den Jungen wirklich sehr. Gillians Magen verkrampfte sich, während sie sich vorstellte, wie Bryce mit Robbie all das erlebte, was Väter eben so mit ihren Kindern unternehmen. Mit Robbie, nicht mit Bonnie …
„Na, Großer, wie geht’s dir? Deine Mom sagt, du hast ihr geholfen, Geschenke einzupacken. Ich gebe mein Bestes, um rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause zu kommen – versprochen. Bleib schön artig, ja? Ich bin wieder da, eh du dich’s versiehst. Weißt du noch, dass wir uns über das Spiel der Nuggets in Denver unterhalten haben? Ich werde uns Eintrittskarten besorgen, und wir gehen gemeinsam hin. Was hältst du davon?“
Das Gespräch hätte sich vermutlich noch eine Weile hingezogen, aber hier in den Bergen gab es immer wieder Funklöcher. Bevor Bryce sich endgültig verabschiedete, ermahnte er Robbie: „Pass gut auf deine Mom auf. Es ist wichtig,
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