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Der Zauber einer Winternacht

Der Zauber einer Winternacht

Titel: Der Zauber einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CATHLEEN GALITZ
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hatte dennoch nicht die geringste Lust, hier auf dem überfüllten Flughafen schon wieder mit ihrer Schwester zu diskutieren. Stella konnte nicht verstehen, warum ihr Exschwager nicht einfach abgelehnt hatte, sich in ihre Familienangelegenheiten hineinziehen zu lassen. Sie gingen ihn nichts an, jetzt, wo er nicht mehr dazugehörte. Nicht auszudenken, welch endloses Gezänk die Folge wäre, wenn Stella jemals dahinterkäme, dass Gillian ihn von ebendiesem Schritt abgehalten hatte.
    „Immer noch derselbe“, giftete ihre Schwester. „Egoistisch wie eh und je. Er lässt alle Welt auf sich warten, weil sein Terminkalender übervoll ist.“
    „Er wird schon kommen, keine Sorge.“
    Das sollte zuversichtlich klingen – auch wenn Gillian selbst es nicht war. Natürlich war es möglich, dass Vi in letzter Minute beschloss, Bryce lieber zu Hause zu behalten. Gern sah sie es sicher nicht, dass er mehrere Tage mit seiner Exfrau zusammen sein würde, auch wenn sie nichts zu befürchten hatte. Sowohl Gillian als auch Bryce wünschten sich nichts sehnlicher, als nach dieser Reise endgültig getrennte Wege zu gehen.
    „Schwesterchen, wann hörst du endlich auf, dich auf Männer im Allgemeinen und Bryce im Besonderen zu verlassen?“, fragte Stella. „Ich begreife wirklich nicht, wie du erwarten kannst, dass er dir zuliebe seine ach so wichtige Arbeit liegen lässt. Noch dazu so kurzfristig und wo ihr doch geschieden seid. Als ihr noch verheiratet wart, wäre ihm das jedenfalls nicht eingefallen. Dabei hätte dir das damals sehr viel bedeutet.“
    Es bedeutete ihr auch jetzt noch viel, aber das behielt sie lieber für sich. Stella meinte es sicher gut, doch ihr ständiges Genörgel ging Gillian auf die Nerven. Sie wünschte, ihre Schwester würde sich ihre Predigten sparen und sie in Ruhe lassen. Die Reise, die vor ihr lag, weckte schon genügend schmerzliche Erinnerungen, auch ohne dass jemand Salz in alte Wunden rieb.
    Sie schwieg, aber nicht einmal das nahm Stella den Wind aus den Segeln. Bryce hatte sie einmal mit einem Terrier verglichen, der nicht mehr loslässt, wenn er sich festgebissen hat.
    „Ach, eh ich es vergesse: danke für die Geburtstagskarte!“ Gillian hoffte, so das Thema wechseln zu können. Stella hatte Fehler, keine Frage, aber sie zweifelte trotzdem nicht daran, dass deren Sorge um die jüngere Schwester echt war. Trotzdem war Gillian erleichtert, als ein zweiter Anrufer anklopfte und ihr einen Grund gab, das Gespräch schnell zu beenden.
    Diesmal war es das Büro. Das kam nicht überraschend. Ihre Kollegen hatten zwar versprochen, in ihrer Abwesenheit für sie einzuspringen, aber sie galt als ziemlich unabkömmlich. Da sie ihren Kunden das Gefühl vermittelte, immer ganz persönlich und ausschließlich für sie engagiert zu sein, waren diese verwöhnt. Deshalb war es viel komplizierter gewesen, über die Feiertage freizunehmen, als sie es Bryce gegenüber eingestanden hatte.
    Trotzdem war sie überwiegend sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Abgesehen von dem guten Gefühl, finanziell unabhängig zu sein, machte es ihr einfach Spaß, für jeden Kunden das hundertprozentig passende Haus zu finden. Besonders gern verhalf sie jungen Paaren zum ersten gemeinsamen Heim. Gerade die wussten es sehr zu schätzen, dass Gillian ihnen nebenher kostenlose Einrichtungstipps gab.
    Leider zeigte sich ausgerechnet in ihrer minimalistisch eingerichteten Wohnung nichts von ihrer innenarchitektonischen Begabung, aber selbst das hatte einen Vorteil: Sie musste niemanden bitten, in ihrer Abwesenheit die Blumen zu gießen oder sich gar um ein Haustier zu kümmern.
    Ihr Job half ihr, die Schmerzen zu betäuben, die der Verlust ihres Kindes und die Scheidung ihr zugefügt hatten. Trotzdem war Gillian dankbar für die unverhoffte Erholungspause. Nur schade, dass ihr Urlaubsziel keine Trauminsel in den Tropen war, sondern ausgerechnet der Ort, der sie in ihre Kindheit zurückversetzen würde.
    „Becky hat von mir alle Unterlagen für den Vertrag mit McVee bekommen“, beruhigte Gillian ihren Chef, bevor sie das Gespräch beendete. Die Sekretärin, die es versäumt hatte, ihn zu informieren, tat ihr leid. Sie würde was zu hören bekommen. Der Chef stand auch schon an den wenigen Tagen, an denen alles reibungslos lief, immer kurz vorm Herzinfarkt.
    Ihr Flug war bereits aufgerufen worden, und sie eilte zum Flugsteig. Den Angestellten, dem sie ihr Ticket reichte, fragte sie: „Wie stehen die Aussichten auf eine Verspätung?“

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