Der Zauber einer Winternacht
Erschöpfung und Unwohlsein in ihrer Überlastung zu sehen. Sie hatte kurzfristig ihre Arbeit kündigen, ihr Hab und Gut zusammenpacken und in ihr Elternhaus zurückziehen müssen. Hinzu kam, dass die Bewirtschaftung einer Ranch dieser Größe unglaublich viel Arbeit machte. Die geplante Umstellung erschwerte die Sache zusätzlich.
Es galt, neue Mitarbeiter zu finden, die Dustin entlasteten, eine Haushälterin zu engagieren, die ihrem Vater zur Hand ging, und die Weichen dafür zu stellen, aus Moon Cussers ein Jagd- und Angelparadies allerersten Ranges zu machen.
Als sie allerdings einen Monat später in der Scheune einfach umkippte und mit Strohhalmen im Haar wieder zu sich kam, konnte Gillian ihre gesundheitlichen Probleme nicht länger allein auf den Stress schieben. Dass sie schwanger war, hielt sie für ausgeschlossen. Bryce und sie hatten so lange vergeblich versucht, ein Kind zu zeugen – sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es ausgerechnet jetzt anders sein sollte. Er hatte schließlich sogar ein Kondom benutzt!
Nein, es musste eine andere medizinische Ursache für ihre Probleme geben, und Gillian war froh, ihre Krankenversicherung nicht gekündigt zu haben. Wie ihre Schwestern wohl reagieren würden, wenn sie jetzt krank würde? So kurz nachdem sie sich freiwillig bereit erklärt hatte, sich um die Gesundheit ihres Vaters zu kümmern?
Sie erhob sich mühsam vom Scheunenboden, klopfte sich den Schmutz von den Kleidern und entschied, dass es sinnlos war, andere mit ihren Sorgen zu belasten, bevor sie sich von einem Arzt hatte untersuchen lassen.
Als Gillian aus der Scheune trat, blieb sie für einen Moment stehen. Sie konnte sich nicht entsinnen, dass die Espen jemals so früh ausgetrieben hatten. Hoffentlich schneite es nicht noch einmal. Um diese Jahreszeit würde der Schnee nass sein und schwer auf den jungen Zweigen liegen. Doch würden sie auch unter diesem Gewicht nicht brechen, wenn sie nur halb so zäh waren wie ihr Vater.
Dass Gillian nach Hause zurückgekehrt war und die Verantwortung für die Ranch übernommen hatte, ließ die Last der Jahre regelrecht von ihm abfallen. Er schien Tag für Tag jünger zu werden.
Unter der endlosen Weite eines strahlend blauen Himmels stehend, hatte Gillian plötzlich das unerklärliche Gefühl, ihr kleines Mädchen habe ihr ein Geschenk aus dem Jenseits geschickt. Ein Geschenk, das sie daran erinnerte: Wunder waren immer wieder möglich. Vielleicht würde auch sie schon bald ein Wunder erleben.
Wenig mehr als eine Woche später wappnete Gillian sich für die Ergebnisse, die der Arzt ihr eröffnen würde. Dr. Schuler begrüßte sie strahlend lächelnd, als sie sein Behandlungszimmer betrat.
„Gute Nachrichten zum Valentinstag“, verkündete er vergnügt. „Du erwartest ein Kind.“
Die Worte schienen von den Wänden widerzuhallen und die Girlande aus roten Valentinsherzen über seinem Schreibtisch in Schwingungen zu versetzen.
„Ich fürchte, du hast etwas in deinem Kalender durcheinandergebracht“, sagte Gillian und warf dem alten Freund der Familie einen Blick zu, der klar erkennen ließ, dass sie seinen Sinn für Humor nicht teilte. „Der 1. April ist erst in zwei Monaten.“
Der Arzt lachte nur, fischte seinen Rezeptblock hervor und verschrieb ihr eine Reihe von Vitaminpräparaten und Nahrungsergänzungsmitteln für werdende Mütter.
Gillian starrte ihn ungläubig an, als ihr dämmerte, dass er es wirklich ernst meinte.
Ob Bryce gemerkt hatte, dass das Kondom gerissen war? Wohl kaum. Vermutlich würde ihn die Nachricht von ihrer Schwangerschaft genauso umhauen wie sie. Vorerst würde sie ihm allerdings nichts davon erzählen. Sie musste sich erst selbst an den Gedanken gewöhnen. Außerdem: Wozu sollte sie alle Welt in Aufregung versetzen, bevor der kritische dritte Monat überstanden war?
Was Bryce jetzt wirklich nicht gebrauchen konnte, war eine verrückte Schwangere. Zumal diese Schwangere seine Exfrau war und er kurz davor stand, eine andere zu heiraten.
Gillian hatte nicht das geringste Verlangen daran, dass er sich wegen unangebrachter Pflicht- oder Schuldgefühle an sie band. Sie wusste jedoch, wie sehr es ihm zu schaffen machte, dass sein Vater als solcher komplett versagt hatte. Niemals würde Bryce aus freien Stücken seine Vaterpflichten vernachlässigen. Das wiederum würde aber seine Zukunftspläne mit Vi und Robbie durchkreuzen. Gillian konnte nicht zulassen, dass die beiden unter der Unvernunft von ihr und Bryce
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