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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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über Neuseeland! Das ist bestimmt ein wesentlich erfreulicheres Thema. Ist es bei euch sehr warm?«
    »Auf der Nordinsel, wo ich herkomme, kann es sehr warm werden«, antwortete Vera. »Wir haben subtropisches Klima, weißt du.Aber unten auf der Südinsel ist es manchmal sehr kalt und feucht. Es ist ein schönes Land, mit Seen und Flüssen und Bergen, deren Gipfel im Winter schneebedeckt sind. Es gibt viele Schafe, sehr viel mehr als Menschen, und das Land ist so dünn besiedelt, dass man kilometerweit gehen kann, ohne ein einziges Haus zu sehen. Aber ich wohne in einer kleinen Stadt namens Russell. Sie liegt in der Bay of Islands. Das Meer ist türkisblau, und es gibt viele kleine, mit Bäumen bewachsene Inseln; es ist dort sehr friedlich und schön. Aber früher einmal war es ein ziemlich verrufener Ort, der ›Höllenloch des Pazifiks‹ genannt wurde, weil dort die Walfänger anlegten, um zu trinken und sich mit Frauen zu amüsieren.«
    Belle lächelte leicht. Die Schilderung erinnerte sie an New Orleans, doch das wollte sie Vera lieber nicht erzählen. »Klingt wirklich schön. Hast du schon mal einen Wal gesehen?«
    »Sehr oft. Früher bin ich mit meinem Vater und meinen Brüdern fischen gegangen, und dann haben wir sie oft zu Gesicht bekommen. Delfine auch. Es ist toll, sie zu beobachten, weil sie so schön und so verspielt sind. Aber wahrscheinlich lernt jeder den Ort, an dem er aufgewachsen, erst dann zu schätzen, wenn er nicht mehr dort ist.«
    »Für mich klingt es himmlisch«, seufzte Belle. »Jimmy und ich haben uns früher immer überlegt, ob wir nicht an die Küste ziehen sollen, wenn der Krieg vorbei ist, doch je länger ich hier bin, desto weniger denke ich an die Zukunft. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, ganz normalen Beschäftigungen nachzugehen, wie Wäsche zu waschen oder Kuchen zu backen. Vielleicht hast du recht, und wir haben wirklich Probleme, wenn wir wieder daheim sind.«
    In diesem Moment sahen sie Captain Taylor kommen. »Er will sicher mit dir sprechen«, sagte Vera. »Ich lasse dich lieber allein.«
    »Danke für das Gespräch, Vera«, meinte Belle, als die andere aufstand. »Es hat mir wirklich gutgetan.«
    »Guten Abend, Reilly«, sagte der Captain, als er näher kam. »Ich wollte Ihnen bloß mitteilen, dass es mir gelungen ist, Verbindung zu Mr. und Mrs. Forbes-Alton aufzunehmen. Sie haben alles in dieWege geleitet, damit ihre Tochter gleich morgen früh nach England überführt wird.«
    »Und haben Sie Sergeant Fergus erreicht?«
    »Nicht persönlich. Ich habe heute Morgen mit seinem Vorgesetzten gesprochen; er dürfte Sergeant Fergus inzwischen informiert haben. Eine schlimme Sache. Es ist für uns alle zur traurigen Gewohnheit geworden, Angehörige von Gefallenen zu verständigen, und gelegentlich müssen wir den Männern hier mitteilen, dass einer ihrer Verwandten daheim gestorben ist, doch ich hätte nie damit gerechnet, einmal den Tod einer unserer weiblichen Freiwilligen melden zu müssen.«
    »Darf ich mit Miranda zurückfahren?«, fragte Belle. »Den Sarg im Zug und auf der Fähre begleiten, meine ich. Sie hätte es so gewollt.«
    Sie sah seiner verkniffenen Miene an, dass das nicht möglich war. »Oder vielleicht könnte ich rechtzeitig zur Beerdigung hinüberfahren«, sagte sie. »Ich weiß, dass es schwierig ist, weil wir jetzt ohnehin schon eine Fahrerin zu wenig haben, doch …«
    »Tut mir leid, Reilly. Mrs. Forbes-Alton hat ausdrücklich untersagt, dass Sie an der Beerdigung ihrer Tochter teilnehmen.«
    Belle war wie vor den Kopf geschlagen. »Aber warum? Wie kann sie mir das verbieten? Ich war Mirandas beste Freundin. Sie würde sich wünschen, dass ich dabei bin.«
    Der Captain machte eine hilflose Handbewegung. »Mrs. Forbes-Alton war in diesem Punkt unbeugsam. Ich bin sicher, es ist der Kummer. Er bringt Menschen manchmal dazu, sich so unvernünftig zu verhalten. Sie scheint Ihnen die Schuld am Tod ihrer Tochter zu geben.«
    »Mir?«, rief Belle ungläubig. »Wie soll ich daran schuld sein?«
    Der Captain zuckte mit den Schultern. »Sie hat gesagt, dass Sie ihre Tochter überredet haben hierherzukommen und dass sie nicht mehr derselbe Mensch war, seit sie Sie kannte. Aber noch einmal: In solchen Situationen sagen Menschen manchmal die unsinnigsten Sachen.«
    »Diese Frau ist ein richtiger Drachen«, stieß Belle hervor. »Miranda war älter als ich, sie hatte ihren eigenen Kopf, und ich habe sie keineswegs beeinflusst. Sie wollte es selbst. Wie kann ihre

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