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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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weiß ich nicht, Sir«, erwiderte Belle. »Ich habe Sonnabend nicht mehr mit ihr gesprochen, weil sie das Wochenende freihatte und über Nacht weg war.«
    Plötzlich regte sich Zorn in ihr. Ihre Freundin war tot, und dieser aufgeblasene kleine Mann, der den ganzen Tag am Schreibtisch saß und noch nie eine Trage gehoben hatte oder auch nur ein einziges Mal an den Bahnhof gekommen war, um die Verwundeten zu sehen, wollte offenbar unterstellen, dass diese Tragödie Mirandas Schuld war.
    »Geht es hier denn wirklich um eine defekte Gangschaltung?«, brauste sie auf. »Am Bahnübergang hätte ein Wachposten sein sollen. Selbst wenn es Miranda gelungen wäre, unbeschadet über die Gleise zu kommen, hätte es vielleicht den nächsten Wagen erwischt. Sie ist tot, aber nicht aus eigenem Verschulden, und ihr Tod ist umso schlimmer, weil sie bald heiraten wollte. Und was ist mit ihren Eltern? Haben Sie sie schon verständigt?«
    Er hatte den Anstand, leicht beschämt auszusehen. »Nein, noch nicht, Reilly, doch ich werde ihnen telegrafieren.«
    »Können Sie sie nicht anrufen?«, fragte sie und trat näher an den Schreibtisch. »Stellen Sie sich doch nur ihre Reaktion vor, wenn sie durch ein Telegramm erfahren, dass ihre Tochter von einem Zug überrollt worden ist!«
    »Die korrekte Vorgehensweise ist ein Telegramm«, erklärte er steif.
    »Verzeihen Sie mir ein offenes Wort, Sir«, beharrte Belle. Tränen traten ihr in die Augen. »Aber sind die Armee und das Rote Kreuz ihren Eltern nicht einen persönlichen Anruf und eine Erklärung schuldig, wie es zu Mirandas Tod kam?«
    »Ich kann verstehen, wie betroffen Sie sind, doch wir müssen uns ans Protokoll halten. Verwandte werden mit einem Telegramm informiert.«
    »Aber sie war kein Soldat, sie war eine Freiwillige. Und wer wird ihrem Verlobten die Nachricht überbringen? Oder wollen Sie einfach darauf warten, bis er herkommt, um sie zu besuchen?«
    »Mir war nicht einmal bekannt, dass sie einen Verlobten hatte«, entgegnete er.
    »Ja, den hatte sie, und er ist Sergeant der amerikanischen Armee. Sein Name ist Will Fergus; zurzeit organisiert er Quartiere für die erwarteten Truppenverbände.«
    Taylor notierte sich den Namen. »Ich werde seinen Vorgesetzten verständigen«, sagte er. »Im Übrigen werde ich Ihren Mangel an Respekt Ihrem Schock über den Verlust einer guten Freundin zuschreiben. Sie können jetzt gehen. Ziehen Sie sich trockene Sachen an!«
    David salutierte und wandte sich zum Gehen, doch Belle gab nicht so schnell auf.
    »Bitte, Sir, Miranda hat hier hart gearbeitet, und ihre Eltern sind einflussreiche Leute! Sie sollten sie wirklich noch heute Abend anrufen und sie über den Tod ihrer Tochter informieren. Sie müssen ihnen Gelegenheiten geben, alles für die Überführung des Leichnams zu organisieren. Oder hatten Sie vor, sie zusammen mit den Soldaten, die heute Nacht an ihren Verletzungen sterben werden, in einem Massengrab zu beerdigen?«
    Er starrte sie einen Moment lang unverwandt an, bevor er den Blick senkte. »Na schön, Reilly, vielleicht haben Sie recht. Geben Sie mir die Telefonnummer, dann rufe ich die Familie gleich an! Und jetzt gehen Sie und ziehen sich um! Sie beide haben morgen frei. Ich nehme an, Sie brauchen Zeit, um sich von dem Schock zu erholen.«
    Belle trat vor, nahm einen Bleistift und schrieb die Telefonnummer der Forbes-Altons auf einen Zettel. »Danke, Sir«, sagte sie und drehte sich um, bevor er sehen konnte, dass sie weinte.
    Draußen nahm David sie in die Arme. »Das war sehr tapfer«, murmelte er und drückte sie fest an sich. »Einen Moment lang hatte ich Angst, du haust ihm eine runter, wenn er nicht nachgibt.«
    »Ihn hat doch nur überzeugt, dass ich gesagt habe, dass ihre Eltern Einfluss haben«, schluchzte sie an seiner Schulter. »Nach allem, was wir hier Tag für Tag sehen, sollten wir abgehärteter sein, oder? Dass die beiden Männer mit Bauchwunden beim Eintreffen im Lazarett tot waren, konnte ich verkraften, weil der Tod für sie eine Erlösung war. Aber Miranda hatte alles, wofür es sich zu leben lohnt. Sie hat sich so sehr nach Liebe gesehnt, und endlich hatte sie sie gefunden! Es ist grausam, dass sie auf diese Weise ihr Leben verlieren musste.«
    David hielt sie eine Weile in den Armen, um sie zu trösten. »Komm, ich bringe dich in deine Unterkunft!«, meinte er schließlich.
    »Ich mache mir Sorgen um Will«, sagte sie, während sie sich von ihm wegführen ließ. »Miranda wollte sich morgen Abend mit ihm

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