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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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ihr wärt beide vom selben Schlag, zwei Mädchen aus guten Familien, die einmal etwas anderes als ihre behagliche kleine Welt kennenlernen wollten. Sally hat ein paar Mal spitze Bemerkungen über dich gemacht, mit denen sie wohl andeuten wollte, dass du nicht aus den besten Kreisen stammst. Da ich keine Engländerin bin, ist mir das nicht aufgefallen. Aber was ich erkannt habe, war, dass du diejenige mit Herz, Courage und Energie bist. Ich hatte Miranda gern, doch du warst es, die ich gern näher kennenlernen wollte. Du erinnerst mich an einige der Frauen, die meine Mutter kennt, Pioniere, die nach Neuseeland kamen und sich mit nichts als harter Arbeit und festem Willen ein neues Leben aufgebaut haben. Du kommst schon klar, Belle. Du bist aus dem richtigen Holz geschnitzt. Was dir das Leben auch beschert, du wirst damit fertig.«
    »Es ist nett von dir, das zu sagen.« Belle schniefte. »Aber dank meiner Vergangenheit habe ich Mogs und Garths Leben zerstört. Und was ist mit Jimmy? Was werde ich ihm antun?«
    »Man kann nicht die Verantwortung für das Glück aller anderen Menschen übernehmen«, erwiderte Vera. »Das hat meine Muttervor ein paar Jahren gesagt, als ihre Schwester schwere Zeiten durchmachte und erwartete, dass Ma alles für sie in Ordnung bringt. Vielleicht kommst du drauf, dass Jimmy der einzige Mann für dich ist, vielleicht auch nicht. Mog und Garth stellen vielleicht fest, dass sie wegziehen müssen oder dass irgendwann alles im Sande verläuft. Wenn wir etwas aus diesem Krieg lernen können, dann, dass wir nichts vorhersehen können. Es ist einfach Schicksal.«
    »Du bist sehr weise …«
    »Und sehr durchgefroren«, sagte Vera. »Komm, sehen wir mal nach, ob es in der Kantine etwas zu essen gibt, und machen uns Kakao!«

KAPITEL 19
    »Das Gute an der vielen Arbeit ist, dass keine Zeit zum Nachdenken bleibt«, sagte Belle zu Vera, als sie sich zwischen den Fahrten zum Bahnhof Tee und ein Sandwich schnappten.
    Es war mitten in der Nacht. Die Lazarettzüge fuhren jetzt aus Angst vor Bombardierungen nachts. Deutsche Bombenflugzeuge nahmen die Bahnlinien zum Ziel, um die Versorgung und die Telefonleitungen zu unterbrechen, und schreckten nicht davor zurück, Kranke und Verwundete in die Luft zu jagen. Daher waren die Rettungswagen jetzt im Dunkeln unterwegs und fuhren ohne Licht, was das Fahren auf den engen, gewundenen Straßen noch schwieriger machte.
    Außerdem regnete es schon wieder. Es hieß, dass es der feuchteste und kälteste Sommer seit Menschengedenken war, und Belle, die sich an drückend heiße Sommernächte in Seven Dials erinnerte, sah keinen Grund, dieser Annahme zu widersprechen.
    Veras sommersprossiges Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Dir mag die harte Arbeit vielleicht zusagen, doch ich hätte ganz gern ein bisschen Zeit, um mir die Haare zu waschen und nach Hause zu schreiben. Ich weiß, dass ich wie eine Vogelscheuche aussehe, und Ma dreht wahrscheinlich durch, wenn sie nicht bald von mir hört.«
    Belle nahm an, dass sie auch verheerend aussah; es war lange her, seit sie aufgehört hatte, sich Gedanken wegen ihres Aussehens zu machen. »Ich weiß nicht mehr, was ich schreiben soll«, seufzte sie. »Ich bringe es nicht fertig, ihnen zu erzählen, dass es wieder regnet und wir durch Pfützen waten müssen, um zu unseren Wagen zu kommen. Das habe ich schon oft genug berichtet. Dass das Essenhier schlecht wie eh und je ist und wir nie freihaben, ist alles andere als neu und stinklangweilig. Der einzige Unterschied bei den Verwundeten besteht darin, dass sie jetzt mit einer noch dickeren Schlammschicht überzogen sind als früher. Vielleicht würden sie daheim gern wissen, dass der Blutzoll in Ypern nicht so hoch ist wie an der Somme, doch ich mag nicht einmal daran denken, wie Soldaten in Bombentrichtern ertrinken, und schon gar nicht darüber schreiben.«
    Die dritte Ypern-Schlacht, der ein fünfzehntägiges Bombardement vorausgegangen war, bei dem vier Millionen Patronen abgefeuert wurden, hatte am einunddreißigsten Juli begonnen. Der Lärm der Geschütze war so laut, dass behauptet wurde, man könne es bis England hören, und im Lazarett klang es, als wäre das Kampfgeschehen nur wenige Meter entfernt.
    Es hieß, dass das Wetter am Morgen des Einunddreißigsten trocken, der Boden aber nach zwei Jahren permanenten Bombardements verbrannt und von tiefen Kratern ausgehöhlt war. Dem Vernehmen nach war die Infanterie mit hundertdreißig Panzern vorgerückt und hatte gute

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