Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
Vom Netzwerk:
Wahrscheinlich, weil sie allein im Haus war, vermutete Belle.
    »Ich möchte, dass Sie Ihren Freunden und Bekannten hier im Ort mitteilen, dass Blessard Ihnen einen Bären aufgebunden hat, als er behauptet hat, ich wäre eine Frau von fragwürdiger Moral. Sie werden Mrs. Franklin, meine liebe Tante, für den Kummer, den Sie ihr bereitet haben, entschädigen, indem Sie dafür sorgen, dass sie in Zukunft zu all den gesellschaftlichen Anlässen eingeladen wird, an denen sie früher teilgenommen hat.«
    »Aber Sie waren ein Freudenmädchen, das ist eine Tatsache«, fuhr Mrs. Forbes-Alton Belle an.
    »Wahr ist, dass ich das Opfer eines Verbrechers war, der für seine Untaten gehängt wurde«, entgegnete Belle. »Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich entführt und nach Frankreich gebracht wurde. Aber ich bin nicht hergekommen, um Ihre Unfähigkeit, bezüglich meiner Vergangenheit Fakten und reine Erfindung zu unterscheiden, zu diskutieren. Und ich werde mich auch nicht damit aufhalten, Ihr Unvermögen, ein junges Mädchen zu bemitleiden, das etwas so Schreckliches erlebt hat, zu kritisieren.« Sie machte eine Pause, damit ihre Worte zu ihrem Gegenüber durchdrangen.
    »Mrs. Franklin, meine Tante, ist eine der gütigsten Frauen, die es gibt«, fuhr sie fort. »Und Sie haben ihr mit Ihrem boshaften Klatsch und Tratsch schweres Unrecht zugefügt. Wie Sie vermutlich wissen, wurde mein Mann im Kampf verwundet. Deshalbkönnen wir nicht an einen Ort ziehen, wo die Menschen freundlicher sind. Und daher werden Sie, meine Liebe, dafür sorgen, dass unsere Situation sich deutlich verbessert.«
    »Warum sollte ich das für ein Flittchen wie Sie tun?«, gab die andere verächtlich zurück.
    »Weil ich sonst den Namen Ihrer Familie genauso durch den Schmutz ziehen werde, wie Sie es mit unserem Namen gemacht haben«, sagte Belle. »Glauben Sie mir, ich weiß Dinge, die nicht nur die Bewohner von Blackheath aufhorchen lassen, sondern auch in die Presse kommen würden.«
    »Unsinn! Nichts an unserer Familie ist beschämend!«
    »Ach nein?« Belle zog eine Augenbraue hoch und lächelte kühl. »Eine Frau, die weiße Federn verteilt, aber dafür sorgt, dass ihre eigenen Söhne Schreibtischposten bekommen? Wenn das keine Heuchelei ist, weiß ich es nicht. Eine Frau, die sich nach dem Tod ihrer Tochter in deren Ruhm sonnt, während diese Tochter in Wirklichkeit nur deshalb nach Frankreich gegangen ist, um von ihrer Mutter wegzukommen?«
    »Meine Söhne verrichten wichtige Arbeit, und wer würde schon glauben, dass Miranda von mir wegwollte?«
    »Man würde es glauben, wenn ich Ihre Briefe an Miranda in der Zeitung veröffentlichen lasse«, erwiderte Belle. »Ich habe sie aus Frankreich mitgebracht. Kaum zu glauben, dass eine Mutter derart kalte, gefühllose Worte für ihr Kind finden kann.«
    »Menschen meines Standes tragen ihr Herz nicht auf der Zunge wie die Arbeiterklasse«, gab Mrs. Forbes-Alton zurück. »Wenn die Briefe veröffentlicht werden, werde ich wegen meines Verlustes umso mehr bedauert werden. Sie werden diejenige sein, die schlecht dasteht.«
    »Ich stimme Ihnen zu, dass Menschen Ihrer Klasse kaum eine Beziehung zu ihren Kindern haben, wahrscheinlich weil sie schon bei der Geburt Dienstboten übergeben werden. Aber da wäre natürlich noch die Sache mit Mirandas Abtreibung im Sommer 1914. Wie stehen Leute Ihrer Gesellschaftsschicht zu Abtreibung?«
    Die Frau erbleichte und hielt sich an der Rückenlehne des Stuhls fest. »Wovon reden Sie? Ich fasse es nicht, wie Sie eine so skandalöse Behauptung aufstellen können!«
    »Setzen Sie sich lieber, bevor Sie in Ohnmacht fallen«, empfahl Belle honigsüß. Allmählich machte ihr die Sache Spaß, und sie konnte fast hören, wie ihre Freundin ihr applaudierte.
    »Unmöglich, so etwas kann sie nicht getan haben«, stammelte die Frau und ließ sich auf den Stuhl sinken.
    »O doch. So habe ich Miranda überhaupt erst kennengelernt. Ich habe mich um sie gekümmert, als sie nach der Abtreibung vor meinem Laden zusammenbrach.«
    »Das ist eine bösartige Unterstellung!«
    »Keineswegs. Denken Sie mal nach. Sicher erinnern Sie sich an den Nachmittag im August 1914, als Miranda hier anrief und bei Ihrem Dienstmädchen die Nachricht hinterließ, dass sie bei einer Freundin in Belgravia übernachten würde. Sie rief von meinem Geschäft aus an. Als der Schwangerschaftsabbruch überstanden war, brachte ich sie nach Hause. Sie hatte eine Schramme auf der Stirn und erzählte Ihnen, dass sie auf

Weitere Kostenlose Bücher