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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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sinnlosen Tod und die Schuldgefühle wegen Etienne.
    Sie wusste, dass es ihre Hilflosigkeit war, die ihr am meisten zu schaffen machte. Nichts von alldem konnte sie ändern. Sie konnte weder den Krieg beenden noch den Notleidenden helfen oder Jimmy wieder »ganz« machen. Sie musste sich einfach damit abfinden und gegen jede Hoffnung hoffen, dass die Zeit diese Probleme lösen würde.
    Trotzdem hatte sie den Eindruck, in ihrem Leben viel zu viel Zeit mit Hoffen und Harren verbracht zu haben. Dieses eine Mal würde sie sich nicht wie ein Blatt im Wind hin und her treiben lassen, sondern zurückschlagen, Stellung beziehen und sich behaupten.
    Eine Erinnerung an Miranda ging ihr durch den Kopf. Eines Abends hatte sie in der Baracke im Bett gesessen und einen Brief nach Hause geschrieben. Sie trug ein rosa Nachthemd, und ihr blondes Haar fiel offen über ihre Schultern. Plötzlich warf sie den Brief hin. »Ich habe es satt, sie dazu zu bringen, mich zu mögen!«, platzte sie heraus und fing an zu weinen.
    Belle lief zu ihrer Freundin und nahm sie in die Arme. »Deine Mutter?«
    »Wer sonst«, schluchzte Miranda. »Es ist ihr ganz egal, was ich hier leiste. Hauptsache, ich bin weit weg. ›Aus den Augen, aus dem Sinn‹ trifft es genau. Ich schreibe jede Woche und bemühe mich, interessant zu erzählen und ihr zu beweisen, dass ich meine Sache gut mache, wie eine richtige kleine Florence Nightingale im Rettungswagen. Und was kriege ich dafür? Alle paar Wochen ein paar Zeilen, in denen sie überhaupt nicht auf mich eingeht, sondern nur davon schwärmt, dass Amy einen Viscount heiraten wird und wie gut sich meine Brüder machen, und die Bälle und Partys beschreibt, die sie besucht. Das Einzige, was ihr eine Freude machen könnte, wäre, wenn ich hier draußen sterbe, weil sie dann vor ihren überheblichen Bekannten damit prahlen könnte, dass ich mein Leben für König und Vaterland geopfert habe.«
    Am nächsten Tag entschuldigte sich Miranda für ihren Ausbruch, nahm jedoch nichts davon zurück. Und als Belle nach Mirandas Tod die Sachen ihrer Freundin zusammenpackte, las sie die wenigen Briefe ihrer Mutter, die im Spind lagen. Es war, als hätte sie jemand geschrieben, der Miranda kaum kannte, und sie waren noch frostiger, als Miranda ihr erzählt hatte.
    Diese Erinnerung steigerte Belles Zorn. Die verabscheuungswürdige Mrs. Forbes-Alton hatte nicht einmal auf den Brief geantwortet, in dem Belle ihr nähere Einzelheiten über Mirandas Tod mitgeteilt und hinzugefügt hatte, wie erschüttert alle im Lazarett waren. Stattdessen hatte sie Belle die Schuld gegeben und ihren Namen in den Schmutz gezogen und damit Mogs Glück und guten Ruf ruiniert. Allein dieser dünkelhaften Mrs. Forbes-Alton war es zu verdanken, dass Mog sich aus Angst, angefeindet zu werden, nicht einmal mehr traute, in die Kirche zu gehen.
    Das war etwas, was sie nicht stillschweigend hinnehmen musste! Wie ein Blitz aus heiterem Himmel durchzuckte Belle dieser Gedanke. Sie hätte gleich nach ihrer Rückkehr aus Frankreich Mrs. Forbes-Alton aufsuchen und zur Rede stellen sollen. Genau das hätte Miranda von ihr erwartet.
    Während in ihrem Kopf eine Idee Gestalt annahm, glaubte Belle fast zu hören, wie Miranda sie anfeuerte. Mog würde es nicht billigen, und Jimmy wäre entsetzt, aber das kümmerte sie nicht. Sie hatte es satt, sich von anderen Menschen in die Rolle des Opfers drängen zu lassen, und manchmal musste man Feuer mit Feuer bekämpfen. Die Welt konnte sie nicht in Ordnung bringen, aber wenigstens konnte sie es dieser gemeinen Person heimzahlen.
    An diesem Abend war Belle imstande, Jimmys mürrisches Schweigen zu ignorieren, weil sie in Gedanken die Details ihres Plans ausarbeitete. Dies verbesserte ihre Stimmung genauso, wie es früher das Zeichnen vermocht hatte.
    Und sie hatte vor, ihre Absichten gleich morgen in die Tat umzusetzen.
    Miranda hatte ihr einmal erzählt, dass ihre Mutter an jedem Mittwoch bei sich zu Hause einen Bridge-Nachmittag veranstaltete, und im Scherz hinzugefügt, dass sie immer wusste, wann es zwei Uhr war, weil es stets auf die Sekunde genau zu dieser Zeit an der Tür läutete. Genauso pünktlich verließen die Bekannten ihrer Mutter um vier Uhr das Haus wieder. Laut Miranda war das Abendessen mittwochs immer eine Qual gewesen, weil dann der Klatsch und Tratsch des Nachmittags noch einmal durchgekaut wurde.
    Um Punkt vier Uhr beobachtete Belle, wie die Bridgespielerinnen das Haus der Forbes-Altons verließen. Es

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