Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
verbrannteHandfläche ab. »Bist du verrückt geworden? Bin
ich
verrückt, so mit dir zu reden? Um Avalons willen, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, du wolltest nicht, dass ich dort hineingehe!«
Er sah, wie das Leuchten des Stabs verblasste, und schüt telte verwirrt den Kopf. »Und wenn das so ist, warum wolltest du dann, dass ich die Höhle verlasse? So hat es doch ausgesehen!«
Noch während er es sagte, sah er aus den Augenwinkeln eine Veränderung am Nachthimmel. Einer der hellsten Sterne war plötzlich dunkel geworden – einfach so. Vielleicht war er nur von einer dicken Rauchwolke verdeckt.
Aber nein, dort war nicht mehr Rauch als sonst. Scree rieb sich das Kinn und schaute stirnrunzelnd zum Himmel. Es gab keinen Zweifel. Ein Stern war gerade erloschen – ein Stern im Zauberstab.
15
Stinkende Zehrwurz
H ier entlang, ihr faulen Deppen! Könnt ihr nicht sehen, wohin ich euch führe?«
Llynias scharfe Stimme kratzte an Tamwyns Ohren wie ein Dolch auf einer Steinplatte. Tamwyn ging durch den Hain der Zwergpinien, deren trockene obere Äste seine Mitte streiften und die kleine Quarzglocke an seiner Hüfte klingeln ließen. Als er Llynias Stimme hörte, blieb er stehen und bog den Hals unter dem riesigen Stapel von Bündeln, Wasserflaschen und Kochtöpfen, der auf seinen Schultern lag.
»Natürlich kann ich es sehen. Aber ich habe dir schon vorhin gesagt, das Tollmoos, das von diesen Ästen hängt – genau hier, in der Zeder über deinem Kopf – zeigt, dass ein Moor in der Nähe ist. Oder wenigstens war, vor der Dürre. Selbst Tollmoos, das so trocken und farblos ist wie dieses Zeug, kann Unheil bedeuten, glaub mir. Und weil diese Zwergpinien gern auf trockenerem Boden wachsen, ist der Weg hier eine gute Möglichkeit zu vermeiden . . .«
»Ruhe, Träger!« Llynia hatte die Hände auf die Hüften gestemmt und funkelte ihn wütend an. »Ich habe dir gesagt, dass es deine Aufgabe ist, Lasten zu tragen, nicht unsin die Irre zu führen. Und außerdem haben wir keine Zeit zu verlieren.«
Sie schaute zum Himmel und machte ein finsteres Gesicht. Selbst in der Mittagshelle konnte man die Verände rung am Zauberstab nicht übersehen. Die Lücke dort, wo der Stern verschwunden war, schien vor Leere zu vibrieren. Mehr zu sich als zu irgendeinem anderen murmelte Llynia: »Überhaupt keine Zeit.«
»Aber du . . .«
»Ruhe!«
Dank Nuics Heilkräutern hatte ihr Gesicht in den letzten drei Tagen fast überall seine normale Farbe wieder angenommen (mit Ausnahme des Dreiecks am Kinn). Doch jetzt waren ihre Wangen dunkelviolett. »Ich habe gesagt, geh wieder dort hinten hin und folge mir!«
Henni, der den Rücken unter einer Last beugte, die fast so groß wie die von Tamwyn war, wischte sich die tropfende Stirn mit einer seiner großen Hoolahhände. »Genau wie in den letzten paar Tagen, hihii, hihii. Stimmt’s, Frau Grünbart? Wir sind dir in mehr Dornengestrüpp, Torfmoore und Klebsaftgruben gefolgt, als ich bisher im ganzen Leben gesehen habe!« Er wies mit dem Kopf auf Tamwyn, der direkt vor ihm stand. »Aber wenigstens habe ich meine Sachen nicht über die ganze Gegend verstreut wie der Tollpatsch hier.«
Damit zog er die Steinschleuder aus dem Gürtel und legte einen Zwergpinienzapfen auf den Lederfleck. Während er sorgfältig die Last auf seinen Schultern ausbalancierte, schoss er den Zapfen direkt auf Tamwyns Hintern.
»
Aaaau!«
, brüllte Tamwyn und wirbelte so schnell herum, dass mehrere Bündel und Töpfe davonflogen und in die Bäume krachten.
»Huuhuu, hichahahaha. Tollpatsch macht wieder Quatsch!«
Elli, die das Ganze beobachtet hatte, konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Geschah dem dummen Tamwyn recht! Drei Tage lang hatte sie ihn nun mit jeder Aufgabe – und jeder Beleidigung – schikaniert, die ihr einfiel. Das hatte ihr gut getan, aber es entschädigte sie nicht im Geringsten für den Verlust ihrer Harfe.
»Du bist
wirklich
ungeschickt«, spottete sie. »Aber«, sie blinzelte dem runden kleinen Maryth auf ihrer Schulter zu, »so sind Trottel eben, nehme ich an.«
Henni brach in einen neuen wilden Lachanfall aus und ließ beinah seine eigenen Bündel fallen.
Tamwyn funkelte den Hoolah nur wütend an. Seit sie Träger geworden waren, fragte er sich, warum Henni noch bei ihnen war. Es sah einem Hoolah gar nicht ähnlich, mit einer Gruppe zu reisen – vor allem wenn er dabei eine schwere Last an Vorräten tragen musste. Doch jetzt glaubte Tamwyn die Antwort zu wissen.
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