Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme
griff ins Leere und lag dann still.
Lleu war so überrascht, dass er nur ungläubig auf den reglosen Körper starren konnte. Schließlich schaute er auf. Der Schütze, dessen Pfeil ihn gerettet hatte, trat gerade hinter einem lehmigen Felsklotz hervor. Lleu rang nach Atem, denn der Anblick war fast so überraschend wie das, was gerade geschehen war.
»Morrigon«, sagte er verwundert. »Du …«
»Ich habe dir das Leben gerettet, ich weiß.« Der Alte sah zu Boden, während er näher trat und die schuppige, reptilienähnliche Gestalt der Bestie betrachtete, der er unwissentlich so viele Jahre lang gedient hatte. Er fuhr sich durch das weiße Haar über dem Ohr und sah zugleich zornig, verwirrt und angewidert aus.
Endlich richtete er den Blick seines blutunterlaufenen Auges auf den Priester. »Komm jetzt nicht auf falsche Gedanken«, knurrte er. »Die Ideen, über die er geredet hat, die Regeln, die er uns gelehrt hat – das alles war richtig und wahr.«
Lleu warf einen Blick auf den blutigen Körper des Falken, der die Augen nur wenig geöffnet hatte. »So wahr wie die Gestalt eines Wechselbalgs.«
»Nur kein Spott, Priester! Ich habe ihn erschossen, ja, aber ich war gerade dabei, meinen Pfeil an
dich
zu verschwenden. Dann hat er sich verwandelt – ich habe esselbst gesehen – und, nun … ich habe mein Ziel gewechselt.« Er senkte die Stimme. »Aber täusch dich nicht. Ich halte nicht mehr von dir als zuvor.«
Morrigon wandte sich wieder der Leiche zu und trat nach der Krallenhand des Wechselbalgs. »Wie konntest du das nur tun?«, schimpfte er bitter. »Und wir alle haben dir geglaubt!«
»Morrigon«, sagte Lleu freundlich und senkte sein Schwert. »Ich weiß, das ist schwer für dich. Aber wirst du mir jetzt helfen? Wirst du andere herbringen, damit sie den echten Belamir sehen und wir endlich diesen Krieg beenden können?«
Langsam hob der Alte den Kopf, sein Gesicht war von Gefühlen verzerrt, die er überhaupt nicht beschreiben konnte. »Nein. Belamir war vielleicht falsch. Aber nicht seine Sache.«
Der schlaksige Priester betrachtete ihn ernst. »Bist du sicher?«
Morrigon wich seinem Blick aus. Einen Augenblick schien er zu schwanken. Dann griff er abrupt nach einem weiteren Pfeil, legte ihn auf die Sehne und zielte auf Lleu. »Geh mir aus den Augen! Bevor ich mache, was ich letztes Mal hätte tun sollen.«
Bevor Lleu antworten konnte, stürzte sich ein Gobskenkrieger auf ihn. Lleu schlug mit dem Schwert zu, während er immer noch den Falken festhielt. Wieder kämpfte er um sein Leben.
Morrigon machte keine Anstalten, ihm zu helfen. Er schaute nicht einmal hin. Wieder starrte er auf den gekrümmten Körper des Wechselbalgs zu seinen Füßen.
Nur wenige Schritte entfernt kämpfte jemand anders im Drumanergewand ums Überleben. Llynia sprang zurück und versuchte verzweifelt, dem Feuerochsen zu entkommen, der sie auf eines seiner Hörner spießen wollte. Der Ochse blähte die Nüstern und griff wieder an. Sie drehte sich weg – doch ihr Fuß glitt im Schlamm aus.
Sie taumelte und fiel. Jetzt war sie hilflos! Der Ochse senkte den furchtbaren Kopf, um sie zu töten. Sternenlicht schimmerte auf den Hörnern, die so rot waren wie ihr eigenes Blut.
Gerade da bemerkte sie aus den Augenwinkeln einen Trupp von Gnomen mit erhobenen Speeren, die das brutale Tier angreifen wollten. Doch sie wusste, dass sie zu spät kamen. Selbst wenn ihre Speere den Ochsen niederwarfen, würde er sie bereits getötet haben.
Mit wütendem Gebrüll sprang der Ochse vor. Seine schrecklichen Hörner schossen direkt auf Llynia zu. Sie schloss die Augen, sie war zu verängstigt, um im Sterben ein letztes Gebet zu sprechen.
Doch sie starb nicht. Sie hörte, wie die Speere der Gnome die Haut des Biests durchstachen. Sie hörte seinen Schmerzensschrei und den Sturz seines Körpers auf den Boden. Aber warum hatte sie nicht gespürt, wie sich seine Hörner in ihre Brust bohrten?
Sie öffnete die Augen. Der Anblick, der sich ihr bot, war fast so grässlich wie die Aussicht auf den eigenen Tod. Denn sie erkannte plötzlich, dass sich jemand auf die Ochsenhörner geworfen hatte, um den Stoß auf sich zu nehmen und das eigene Leben gegen das von Llynia einzutauschen.
Fairlyn.
Llynia kroch neben den Baumgeist, dieses sanfte Geschöpf, das vor Jahren den Treueschwur eines Maryths für sie abgelegt – und diesen Schwur gehalten hatte, bis Llynia ihren Pakt brach, indem sie die Gemeinschaft des Ganzen verließ. Als Llynia
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