Der Zauber von Savannah Winds
zurückgekehrt und habe alles unversehrt vorgefunden. Aber Bens Enkel haben sich alle freiwillig zur Armee gemeldet. Die Farm ist fast menschenleer. Nun ist es die Aufgabe von alten Männern, Kindern und Frauen, sie am Laufen zu halten.
Von Sam kamen Briefe, die ich wie einen Schatz hüte. Er hat eine Verletzung erlitten, die zum Glück nicht lebensbedrohlich ist. Sie bedeutete eine Freikarte nach England. Während er der Krankenstation angehört, plant er, London einen Besuch abzustatten und seine Familie zu suchen. Ich wünsche ihm Gottes Segen, denn ich habe gehört, dass London bei den Bombenangriffen beinahe in Schutt und Asche gelegt wurde.
August
Die australischen Truppen haben den Japanern in Milne Bay, Neuguinea, eine empfindliche Niederlage bereitet. Nun müssen sie die Japse aus dem Pazifik vertreiben. Vielleicht können wir hier im Outback aufatmen.
Von Sam habe ich nichts gehört, und obwohl ich weiß, dass die Post hierher Wochen braucht, mache ich mir allmählich Sorgen.
Fleur klappte das Tagebuch zu und merkte erschrocken, dass es fast Morgen war. Sie stand von der Couch auf und reckte sich, denn sie war steif und fror. Nachdem sie sich eine Tasse Tee gemacht und der Katze die Haut der Milch gegeben hatte, zog sie noch einen zusätzlichen Pullover über und schlenderte auf die Veranda hinaus – und erschrak fast zu Tode, als eine tiefe, langgezogene Stimme die Ruhe vor dem Morgengrauen durchbrach.
»Hallo, Fleur«, sagte Blue, schälte sich aus dem Korbstuhl und tippte an seinen Hut. »Willkommen auf Savannah Winds.«
14
G reg hatte in der Nacht nur eine Stunde Schlaf bekommen, war aber überraschend munter und energiegeladen. Inzwischen war ihm klar, warum man ihn gebraucht hatte. Über vierzig Kinder waren zu behandeln gewesen – manche mit gefährlichen Kopf- oder Brustverletzungen, für deren Behandlung zwei erfahrene Chirurgen notwendig waren. Sein Team hatte die Tortur mit Bravour gemeistert, und obwohl einige Kinder noch auf der Intensivstation waren, hatten sie kein einziges verloren.
Er eilte durch den Korridor und fragte sich, ob wohl Flüge nach Cloncurry verfügbar seien und wie lange es wohl dauern würde, um nach Savannah Winds zu kommen. Er durchquerte die Notaufnahme auf dem kürzesten Weg zu seinem Wagen, als jemand seinen Namen rief. Er drehte sich um und hätte die schlanke, aschfahle Frau beinahe nicht erkannt, die auf ihn zu lief. »Beth? Was um alles in der Welt ist passiert?«
»Es geht um Mel«, sagte sie und tupfte sich die Augen ab. »Sie ist mit dem verdammten Motorroller verunglückt. Ich warte darauf, dass sie in den OP gebracht wird.«
»Wer soll operieren?«
»Doktor Watkins.«
»Aber der ist für Geburtshilfe – «
»Mel ist schwanger«, unterbrach sie ihn, »und ihre Verletzungen sind so schwer, dass Doktor Watkins nicht versprechen kann, das Kind zu retten.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und brach in Tränen aus. »Ich habe sie davor gewarnt, mit dem Ding zu fahren«, schluchzte sie. »Ich habe ihr gesagt, es müsse komplett überholt werden und in ihrem Zustand sei es gefährlich.«
Greg schloss die Augen, holte tief Luft und setzte sich neben sie. Heute würde es keinen Flug nach Cloncurry geben. »Was ist denn genau passiert?«, fragte er ruhig und ergriff ihre Hand.
Beth versuchte heroisch, ihre Gefühle zu kontrollieren. »Sie war unterwegs, mich im Café zu besuchen, in dem ich arbeite. Frank hat ihr die kleinere Wohnung oben neben der seiner Mutter zu einer sehr guten Miete angeboten, und sie war neugierig darauf. Ihr Motorroller ist auf einem Kiesstreifen am Straßenrand ins Rutschen geraten, und sie wurde vor einen heranfahrenden Wagen geschleudert.«
Greg überlief ein kalter Schauer. »Wurde sie überfahren?«
»Er hat angehalten, bevor er sie überrollt hat«, sagte sie mit bebender Stimme, »aber sein Vorderrad hat ihre Hüfte erwischt und Becken und Oberschenkel zertrümmert. Gott sei Dank hatte sie den Helm auf, sonst wäre sie tot.«
Sie packte Gregs Arm. »Sprichst du bitte mit dem Arzt? Er sagt mir nicht viel, und ich habe Angst, Mel könnte am Ende verkrüppelt und unfähig sein, jemals Kinder zu kriegen.«
Er tätschelte ihr die Hand und lächelte matt. »Ich werde mich bemühen«, besänftigte er sie, »aber wenn John nicht viel sagt, dann will er keine voreilige Diagnose stellen, sondern sich zunächst ein klares Bild von ihren Verletzungen machen.«
»Bitte, Greg!«
Er schaute in Beths verweinte Augen und
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