Der Zauber von Savannah Winds
Australien nehmen werde. Sie schluchzte, als er sie schließlich losließ und ging.
Sam kämpfte gegen die Tränen an, straffte die Schultern und hielt den Kopf hoch, als die Nachbarinnen aus den Häusern traten und ihm alles Gute wünschten. Doch an der Ecke konnte er nicht widerstehen, noch einen letzten Blick zurück in die Straße zu werfen, die er als Kind so gut gekannt hatte, und auf die Frau, von der er geglaubt hatte, er werde sie nie wiedersehen.
Sie stand auf dem Bürgersteig, das dunkle Haar unter einem Schal verborgen, den Saum ihrer geblümten Schürze an die Lippen gedrückt, und winkte ihm unter Tränen zum Abschied zu.
Fleur schenkte Blue ein zaghaftes Lächeln, als er die Geschichte zu Ende erzählt hatte. »Ich bin so froh, dass er sie gefunden hat«, murmelte sie. »Wie grausam, sie auseinanderzubringen und beide anzulügen! Was für eine ungeheuerliche Täuschung!«
»Frauen und Kinder sind leicht zu belügen«, sagte er leise, »weil sie denen zu sehr vertrauen, die es angeblich besser wissen.«
Fleur runzelte die Stirn, denn sie verstand nicht, was er damit meinte. »Hat er den Krieg überlebt, Blue? Hat er sie nach Savannah Winds gebracht und sich bei Annie niedergelassen?«
Blue brauchte eine Weile, um sich eine neue Zigarette zu drehen. Er ließ sich Zeit, sie anzuzünden und blies dann Rauch aus. »Sam Somerville ist zu Annie zurückgekehrt«, sagte er schroff, »aber seine Mutter hat er nie wiedergesehen. Sie kam ums Leben, als eine V1, eine deutsche Bombe, die Munitionsfabrik traf.«
15
G reg war den ganzen Tag lang bei Bethany geblieben, bis Mel aus der Narkose aufgewacht und Beth überzeugt war, dass ihre Tochter es schaffen würde. Er hatte keine Zeit, sich umzuziehen. Er eilte zur Wohnung zurück, schnappte sich die Reisetasche und schaffte es gerade rechtzeitig zum letzten Flug nach Cloncurry. Als er sich in dem engen Sitz zurücklehnte und auf den Start wartete, schloss er die Augen. Kurz darauf war er eingeschlafen.
Er wurde wach, als die Stewardess ihm eine Tasse Tee anbot und ihm mitteilte, dass sie in einer halben Stunde landen würden. Während er den Tee trank, spürte er, dass die Maschine langsam an Höhe verlor, und als sie die Wolkendecke durchbrochen hatte, erblickte er die Lichter von Cloncurry. Der Ort war nicht groß, und das Umland wirkte menschenleer. Er war definitiv auf dem Weg in einen entlegenen Winkel Australiens.
Das Flugzeug landete. Der Zoll war reine Formsache. Greg trat aus dem Flughafengebäude in die überraschende Kälte einer Nacht im Outback.
Er begegnete dem Blick eines übergewichtigen Taxifahrers, der an seinem Wagen lehnte und ein Brötchen mit Bratwurst aß. »Guten Abend«, sagte er fröhlich. »Können Sie mir eine gute Übernachtungsgelegenheit empfehlen?«
Der Rest des Brötchens verschwand im Mund des Mannes, und er wischte sich die Krümel von Brust und Bauch. »Guten Abend, Kumpel. Ich bin Len – und ja, das Coolabah ist das beste Haus am Platz. Doreen wird sich um Sie kümmern.«
Greg stieg ins Taxi, verstaute sein Gepäck auf dem Rücksitz, und Len plumpste neben ihn auf den Fahrersitz und drehte den Zündschlüssel um. »Es ist kälter, als ich dachte«, sagte Greg.
Lens Doppelkinn wabbelte, als er nickte. »Das sagen die meisten aus der Stadt. Aber nach der Hitze des Tages ist es wohltuend.« Er warf einen Blick zu Greg hinüber, während er sich langsam vom Flughafen entfernte und die Stadt ansteuerte. »Sie sehen nicht so aus, als wären Sie hier, um Vieh zu kaufen.«
Die kaum verhohlene Neugier amüsierte Greg insgeheim. »Nein, ich bin nur auf der Durchreise.«
Len fuhr die Hauptstraße entlang, die an jeder Ecke ein Hotel zu haben schien. »Das nächste Flugzeug startet morgen früh«, sagte er schließlich. »Soll ich Sie abholen?«
»Nein«, sagte Greg vorsichtig. »Aber ich würde gern einen Wagen mieten.«
»Dann brauchen Sie Handshake Henry«, sagte Len bestimmt. »Er hat hier weiter unten ein Autohaus.« Er zeigte ins Dunkle hinter die Lichter einer Kneipe. »Aber lassen Sie sich von ihm nichts Geringeres als einen Allradantrieb andrehen. Und vergewissern Sie sich, dass für alles ein Ersatzteil vorhanden ist.« Mit Missfallen schaute er auf Gregs Anzug und die handgefertigten Schuhe. »Schätze mal, dass Sie außerdem zusätzliches Benzin und Wasser brauchen. Da draußen ist nicht Sydney, verstehen Sie?«
Greg war sich dessen nur allzu bewusst. Doch was Fleur konnte, schaffte er auch. Er griff nach seiner
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