Der Zauber von Savannah Winds
Bethany, aber das ist eine Ewigkeit her. »Bleib noch ein bisschen«, schmeichelte sie. »Ist nicht schlimm, wenn ich zu spät komme. Wir haben so lange nicht mehr miteinander geplaudert.« Sie berührte den dünnen bleichen Arm ihrer Tochter. »Ich brenne darauf zu erfahren, wie dein Ausflug in den Süden gelaufen ist, wie die Studentenwohnheime sind und ob du deine Tutoren kennengelernt hast … «
Melanie entwand sich ungeduldig seufzend dem Griff ihrer Mutter. »Es ist nur eine Uni, Mum. Keine große Sache.«
»Wenn du meinst … « Bethany stand da und wusste nichts mehr zu sagen.
»Allerdings könnte ich einen Vorschuss gebrauchen«, bettelte Melanie mit sanfter Stimme und schaute unter gezackten Wimpern zu ihrer Mutter auf. »Ich hab mein letztes Geld für die Fahrt nach Sydney gebraucht, und die Miete für Sophies Wohnung ist fällig.«
Beth zögerte. Sie wusste, dass Mel gehen würde, sobald sie Geld bekommen hatte. »Ich koch uns zuerst einen Kaffee – und vielleicht möchtest du ja was von meinem Victoria Sponge? Das war doch immer dein Lieblingskuchen.«
Melanie zuckte die Achseln. »Wie du willst«, brummte sie lustlos und folgte ihrer Mutter die Treppe hinunter in die Küche. »Aber eigentlich habe ich gar keinen Hunger«, fügte sie hinzu und lümmelte sich auf einen Stuhl.
»Nur ein winziges Stück.« Bethany schnitt rasch eines von der kleinsten Torte ab, die sie für die Benefizveranstaltung vorgesehen hatte. »Ich sehe dich so selten, seitdem du zu Sophie gezogen bist, und ich möchte dich gern verwöhnen, wenn sich die Gelegenheit bietet.« Sie ließ den Biskuit auf einen Teller gleiten, den sie ihrer Tochter hinschob. »Komm schon, Liebes, hab Nachsicht mit mir!«
Melanie knabberte widerstrebend an einer Ecke und sah ihre Mutter trotzig an. »Ich werde noch fett«, murmelte sie mit vollem Mund. »Der Rock ist schon zu eng.«
»So ein Blödsinn!«, widersprach Beth mit Nachdruck. »Du bist entschieden zu dürr; der Rock säße sogar an einem Stock eng. Das heißt, wenn du das kleine Ding Rock nennen willst«, fügte sie hinzu. »Wirklich, Liebes, du solltest versuchen, dich ein wenig dezenter anzuziehen … «
»Fang gar nicht erst damit an, Mum!« Melanie richtete sich auf und zerzauste sich das Haar, wobei die schweren Silberringe an ihren Fingern funkelten. Ton und Haltung verrieten unmissverständlich, dass sie nicht bereit war, Kritik einzustecken. »Ich bin noch keine fünf Minuten hier, und schon pflaumst du mich an.«
Bethany verdrängte den flüchtigen Gedanken, dass ihre Tochter wie ein Flittchen aussah, kochte schnell Kaffee und setzte sich. Sie brannte darauf, diese wenigen unverhofften Minuten mit Mel zu verbringen – fest entschlossen, sich diese kostbare Überraschung nicht durch Bitterkeit verderben zu lassen.
»Dann sind wir uns eben einig, dass wir geteilter Meinung sind«, schlug sie leise vor. »Ich kriege dich und die anderen kaum noch zu Gesicht. Bald wirst du in Sydney sein und wir werden keine Gelegenheit mehr haben zusammenzusitzen.« Wieder vernahm sie die Wehmut und spürte stechende Tränen, die sie hastig unterdrückte.
Melanie zerkrümelte den Kuchen und leckte sich den Zeigefinger ab. »Ich bleibe ja nicht absichtlich weg«, murmelte sie, »aber die Zeit verfliegt nur so.«
Bethany brachte ein Lächeln zustande. »Ich weiß«, sagte sie. »Ich versuche ja, dich zu verstehen. Aber da dein Vater den ganzen Tag unterwegs ist und an den Wochenenden Golf spielt und ihr anderen alle euer eigenes Leben führt, fühle ich mich etwas außen vorgelassen.«
Melanies Miene wurde weicher. »Tut mir leid, Mum«, murmelte sie. »Das ist nicht gerade fair von uns, oder?«
Die Wärme, die Bethany durchströmte, hatte nichts mit den Wechseljahren zu tun, und sie griff versöhnlich nach der Hand ihrer Tochter. »Dass ihr flügge werdet, ist nur der Lauf der Dinge. Mach dir um mich keine Sorgen! Vergiss nur nie, dass ich immer hier bin!«, sagte sie leise. »Und wenn du mich mal brauchen solltest – warum auch immer … «
Melanie betrachtete ihre Mutter eine Weile aus den dunkelbraunen Augen, bevor sie den Blick abwandte. »Mum«, fing sie an. »Mum, da ist tatsächlich etwas … Aber ich möchte, dass du mir ver…«
Das Schlagen einer Autotür unterbrach sie, und sie zog ihre Hand weg. »Sieht so aus, als würdest du doch zum Lunch gehen«, sagte sie leise und rutschte auf dem Stuhl zurück. »Tante Margot ist gekommen.«
»Sag es mir rasch, Mel! Bevor sie hier
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