Der Zauber von Savannah Winds
wird es eine Art Abmachung geben, die uns nach dem Verkauf eine Pauschale vom Gewinn einbringt.«
»Das wäre schön. Vielleicht kommt Dad dann endlich zur Vernunft und hört auf, sich wie ein Tyrann aufzuführen – obwohl ich bezweifle, dass er sich ändern wird. Männer wie er ändern sich nie«, sagte sie resigniert.
Das einvernehmliche Schweigen zwischen ihnen gab Fleur das Gefühl, dies könne der richtige Augenblick für ihre Frage sein. »Dad hat eine gewisse Annie erwähnt, als er von seinen Eltern sprach«, sagte Fleur leichthin. »Ich vermute, es war seine Schwester.«
»Stimmt.« Beth umklammerte ihre Handtasche; sie wirkte plötzlich angespannt.
Fleur bemerkte das mit Interesse und bohrte sanft nach: »Ich wusste gar nicht, dass er eine Schwester hatte. Warum hat er sie noch nie erwähnt?«
Beth schaute angestrengt aus dem Fenster. »Sie haben sich vor Jahren entzweit. Lange bevor Margot und ich geboren wurden.«
Da Beth nicht mehr sagen wollte, hatte Fleur das Bedürfnis, noch tiefer zu graben. »Du hast sie also nie kennengelernt?«
Bethany war offensichtlich unwohl zumute, und sie zögerte, bevor sie antwortete. »Als ich ungefähr zwölf war, habe ich ein Fotoalbum gefunden. Darin waren lauter sepiabraune Fotos: Familiengruppen, Hochzeitsfotos und Studioporträts, darunter die Namen in gestochen scharfer Handschrift. Ich habe Dad gefragt, wer Annie sei, und er riss mir das Album aus der Hand und schloss es in seinem Schreibtisch ein. Er sagte nur, das sei seine Schwester und ihr Name dürfe nie wieder erwähnt werden.«
Fleurs Gedanken überschlugen sich. Bethany verschwieg ihr etwas – aber was? Ihre gottesfürchtige, grundehrliche Schwester log sie bestimmt nicht an – und wenn doch, warum? »Ihr Zerwürfnis muss einen sehr ernsten Grund gehabt haben. Hat er angedeutet, worum es ging?«
Bethany kräuselte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass sie nicht mehr miteinander gesprochen haben, seit sie John Harvey geheiratet hat. Es würde Dad ähnlich sehen, wenn sie sich über Geld zerstritten hätten. Schließlich ist es das Einzige, was ihm wichtig ist.«
Vor Enttäuschung hätte Fleur beinahe eine rote Ampel überfahren. »Annie hat John Harvey geheiratet – nicht Somerville?«
Bethany rutschte auf dem Sitz hin und her, kramte in ihrer Handtasche nach dem Schlüsselbund und vermied krampfhaft den Augenkontakt mit Fleur. »Wie ich schon sagte«, murmelte sie. »Aber ich kann mich vage daran erinnern, dass es hieß, sie habe wieder geheiratet, und der Name Somerville kommt mir tatsächlich bekannt vor.« Sie warf Fleur einen wachsamen Blick zu. »Woher das plötzliche Interesse an einer uralten Tante, von der seit Jahrzehnten niemand was gehört hat?«
Fleur reduzierte die Geschwindigkeit, als sie die Sackgasse im Vorort erreichten. »Aus reiner Neugier«, wich sie aus. »Schließlich entdecke ich nicht jeden Tag, dass mein Dad eine mysteriöse Schwester hat, über die niemand spricht.«
»Das ist Schnee von gestern«, sagte Beth, »und wahrscheinlich ist sie inzwischen tot. Sie war einige Jahre älter als Dad.« Als sie in die Einfahrt bogen, erblickte Beth einen Motorroller vor der Garage. Sie lächelte; die Anspannung war verflogen. »Sieht so aus, als wäre Mel noch zu Hause. Ich muss gehen. Danke fürs Mitnehmen.«
»Ich ruf dich diese Woche noch an!«, rief Fleur, als Bethany den Weg hinauflief und im Haus verschwand.
Fleur machte sich auf den Weg zur Schnellstraße. Sie war froh, dass Mel ihrer Mutter zuliebe geblieben war, und hoffte nur, dass ihre Nichte, was auch immer sie beschäftigte, Bethany nicht weiteren Kummer bescheren würde.
Aber Fleur hatte eigene Sorgen. Allem Anschein nach war Annie doch kein verschrobenes Hirngespinst, was bedeutete, dass die Erbschaft, wie groß sie auch sein mochte, vielleicht noch mehr Unfrieden in eine bereits zerstrittene Familie bringen würde.
Außerdem war da noch Greg. Sie war nicht so dumm anzunehmen, dass eine Erbschaft seine Meinung über Kinder ändern würde. Dennoch war sie entschlossen, ihre gesamte Energie darauf zu verwenden, ihn davon zu überzeugen, dass ihre Ehe es wert sei, gerettet zu werden, und dass sie durchaus perfekte Eltern abgeben könnten.
Bethany stürmte in die Küche, ließ die Handtasche auf den Tisch fallen und wollte nach Mel rufen, als diese im Türrahmen erschien. Beths Lächeln wurde unsicher, als sie den Gesichtsausdruck ihrer Tochter bemerkte, und sie wappnete sich innerlich
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