Der Zauber von Savannah Winds
du keine andere Wahl hattest.«
»Du wirst das Kind nicht hier zur Welt bringen, Mel«, sagte sie entschieden. »Und von mir wird deine Mutter nichts erfahren.«
»Aber sie und Dad werden mich umbringen«, schluchzte Melanie. »Wie kann ich ihr so etwas sagen, obwohl ich weiß, dass sie die ganze Zeit recht gehabt hat? Es ist demütigend.«
»Viel schlimmer wäre, wenn du eines Tages mit einem Baby auf dem Arm vor ihrer Haustür aufkreuzen würdest. Überlege doch mal, wie niedergeschlagen deine Mutter wäre, wenn ihr klar würde, dass du lieber im Alleingang gehandelt hast, als sie um Hilfe zu bitten, und dass ich einen wesentlichen Anteil daran hatte, sie zu hintergehen.«
»Ich weiß nicht, was das Beste ist. Wirklich nicht.«
»Ich glaube, am besten bleibst du ein paar Tage hier und konzentrierst dich darauf, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Ich werde mit dir nach Brisbane fahren und da sein, falls du mich brauchst. Aber du allein musst dich deiner Mutter stellen – du musst die Sache ins Reine bringen, damit ihr gemeinsam eine Lösung suchen könnt.«
»O Gott«, schluchzte Mel, »ich hab ein totales Chaos angerichtet, nicht wahr?«
Fleur behielt ihre Meinung für sich, schloss ihre Nichte in die Arme und beobachtete, wie das Feuer im Sand verlosch. Der Mond ging unter, und am Horizont zog ein neuer Tag herauf. Die Vögel raschelten in den Bäumen und bereiteten sich auf ihren Morgengesang vor; die Flut kehrte zurück. Für Fleur jedoch war die Idylle gestört.
9
E ine Woche war seit Melanies Ankunft vergangen, und Fleur hatte angefangen, Annies kostbares Leinen und die Antiquitäten zu verpacken, denn sie wollten in zwei Tagen aufbrechen. Sie hatte mit Amy Parsons telefoniert, sie über ihre Abreisepläne informiert und sich mit ihr zu einer Tasse Kaffee getroffen. Amy erwies sich als eine lebhafte Witwe in mittleren Jahren, die Zeit im Überfluss hatte. Fleur wurde rasch klar, dass Amy genau die Richtige wäre, um Birdsong zu leiten, sollte es je wieder ein Luxushotel werden. Fleur gab Amy ihre Privatnummer und versprach anzurufen, sobald sie entschieden hatte, was sie mit Birdsong anfangen würde.
Jetzt, da die Flüge gebucht waren, hatte Melanie ihrer Mutter eine vorsichtig formulierte E-Mail geschickt, um ihr mitzuteilen, dass sie nach Hause kommen werde. Und Fleur hatte eine Nachricht auf Gregs Anrufbeantworter hinterlassen, dass sie ihn nach ihrer Rückkehr gern treffen würde.
Die vergangenen sieben Tage waren nicht leicht für Fleur gewesen. Es hatte Tränen gegeben, Wutausbrüche und lange Sitzungen der Einkehr, die für beide zu nichts führten. Doch Melanie wirkte nun ruhiger und schien sich mit der Situation abgefunden zu haben.
Birdsong war der ideale Ort für Mel, um sich über alles klar zu werden und sich auf die bevorstehende Auseinandersetzung mit ihrer Mutter vorzubereiten. Fleur fragte sich jedoch, wie lange diese neue Reife andauern werde, wenn Melanie erst wieder nach Hause zurückgekehrt war. Sie fürchtete auch die Folgen, sollte Bethany herausfinden, wie sehr Fleur in die Sache einbezogen war, und die Aussicht auf den Zorn ihrer Schwester gefiel ihr gar nicht.
Nachdem sie die Vögel mit Annies letzten Vorräten gefüttert hatte, ging Fleur wieder ins Haus und tappte ins Wohnzimmer. Melanie hatte sich angewöhnt, bis in den Vormittag zu schlafen, dann zu schwimmen und den Rest des Tages am Strand oder – zu Fleurs Enttäuschung – in der Hängematte zu faulenzen.
Fleur hatte strenge Regeln für ihre Nichte aufgestellt. Mel sollte Küche und Bad sauber hinterlassen, aber das Haus war noch immer mit ihrer Kleidung, Make-up, Schuhen und Zeitschriften übersät. Seufzend sammelte Fleur die Sachen ein und stapelte sie auf dem Tisch. Ihre tägliche Routine war so gestört, dass sie beinahe darauf brannte, nach Brisbane zurückzukehren.
Während sie sich wie üblich eine Tasse leichten schwarzen Tee zubereitete, wanderten ihre Gedanken wie so oft zu Greg. Seine E-Mails waren informativ gewesen, und er hatte mit der Zeit einen leichteren Ton angeschlagen. Er hatte Schwierigkeiten mit der Therapie, schien die Dinge jedoch inzwischen klarer zu sehen. Er konnte sogar über seine Kindheit schreiben und hatte begriffen, dass alles nicht seine Schuld gewesen war und er den Wahnsinn seines Vaters wohl nicht geerbt hatte.
Deutlich war, dass er sie noch liebte und sie schrecklich vermisste und auf eine gemeinsame Zukunft hoffte. Dennoch hatte es keinen Hinweis darauf
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